Gerresheimer zieht die Bilanz neu auf – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Nach einer BaFin-Prüfung muss der Verpackungsspezialist seine Zahlen für 2024 korrigieren, verabschiedet sich von einer jahrelang praktizierten Umsatzmethode und fällt zugleich aus dem MDax. Wie tief sitzt der Vertrauensschaden am Kapitalmarkt?

Ende einer Praxis – Beginn der Bereinigung

Kern der aktuellen Korrekturen ist die sogenannte „Bill-and-Hold“-Praxis. Dabei wurden Umsätze verbucht, obwohl die Ware noch nicht ausgeliefert war. Externe Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass diese Vorgehensweise systematisch zu einer verfrühten Umsatzrealisierung geführt hat und nicht mit den IFRS-Standards vereinbar ist.

Das Management hat darauf reagiert und diese Praxis mit sofortiger Wirkung beendet. Künftig werden entsprechende Vereinbarungen nicht mehr als Umsatz erfasst. Kurzfristig belastet das die Ergebnisse, mittelfristig soll die Bilanz dadurch transparenter und berechenbarer werden.

Finanzielle Auswirkungen im Überblick

Die Anpassungen schlagen im Konzernabschluss 2024 spürbar zu Buche. Insgesamt müssen rund 28 Millionen Euro an Umsätzen und Ergebnissen nach unten korrigiert werden.

Wesentliche Effekte:

  • Bilanzkorrektur: rund 28 Mio. Euro Anpassung aus „Bill-and-Hold“-Geschäften
  • Umsatz: Rückgang der bereinigten Erlöse um ca. 18 Mio. Euro (rund 1 %)
  • EBITDA: bereinigtes Ergebnis sinkt um etwa 5 Mio. Euro
  • Gewinn je Aktie: EPS verringert sich um rund 0,10 Euro

An der Börse fiel die erste Reaktion vergleichsweise ruhig aus. Gestern schloss die Aktie bei 27,80 Euro und lag damit in etwa auf dem Niveau, auf dem sie sich nach der Meldung eingependelt hatte. Hintergrund: Viele Marktteilnehmer hatten offenbar mit einem noch höheren Korrekturbedarf gerechnet.

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Trotz der Stabilisierung auf Tagesbasis bleibt die Vorgeschichte schwer: Auf Sicht von zwölf Monaten summiert sich der Kursverlust auf gut 60 %, das Papier notiert mit rund 66 % Abstand deutlich unter dem 52‑Wochen-Hoch von 82,00 Euro. Der RSI von 17,7 signalisiert dabei einen technisch deutlich überverkauften Zustand.

Analysten werden vorsichtiger

Die Serie negativer Nachrichten bleibt nicht ohne Folgen für die Einschätzungen der Banken. Die DZ Bank hat ihr Kursziel für die Gerresheimer Aktie von 25 auf 23 Euro reduziert und die Einstufung „Verkaufen“ bestätigt.

Analyst Sven Kürten verweist dabei auf eine Kombination mehrerer Faktoren: Gewinnwarnungen in den vergangenen Monaten, geplatzte Übernahmegespräche und nun die BaFin-Untersuchung mit nachgelagerter Bilanzkorrektur. Aus Sicht der DZ Bank hat diese Abfolge das Vertrauen vieler Investoren deutlich geschwächt.

Abstieg in den SDax und technische Lage

Parallel zur bilanzellen Bereinigung verändert sich auch der Index-Status. Seit dem 22. Dezember 2025 ist der Titel nicht mehr im MDax, sondern im SDax gelistet. Der Wechsel in die „zweite Börsenliga“ kann unmittelbare Folgen haben: Indexorientierte Fonds müssen ihre Positionen anpassen, was häufig zu zusätzlichen Umschichtungen und geringerer Liquidität führt.

Charttechnisch zeigt sich das Bild zwiespältig:

  • Schlusskurs: 27,80 Euro
  • 7‑Tage-Performance: +3,04 %
  • 30‑Tage-Performance: +14,12 %
  • Abstand zum 52‑Wochen-Tief (23,50 Euro): rund +18 %
  • Abstand zum 200‑Tage-Durchschnitt (42,78 Euro): etwa -35 %

Kurzfristig hat sich der Kurs etwas von seinem Tief nach oben abgesetzt und liegt leicht über dem 50‑Tage-Durchschnitt von 26,00 Euro. Im größeren Bild bleibt der Titel jedoch klar im Abwärtstrend gefangen.

Fazit: Vertrauen wieder aufbauen

Die Beendigung der „Bill-and-Hold“-Praxis und die Korrektur der 2024er Zahlen sind ein klarer Schnitt, der Transparenz schaffen soll, aber zunächst belastet. Gleichzeitig drücken der Abstieg in den SDax und das gesenkte Kursziel der DZ Bank auf die Stimmung. Entscheidend wird nun sein, ob das neue Management die Bilanzbereinigung konsequent abschließt und die Verschuldungs- und Vertrauensfrage adressiert. Gelingt hier eine überzeugende operative und finanzielle Stabilisierung, könnte der aktuelle Tiefpunkt mittelfristig den Ausgangspunkt für eine ruhigere Entwicklung der Aktie markieren.

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