Thyssenkrupp zieht bei seiner Stahlsparte die Notbremse: Produktionsstopps, Kapazitätskürzungen und hohe Rückstellungen prägen das Bild. Gleichzeitig zeigen die jüngsten Jahreszahlen operative Fortschritte und einen klar positiven Cashflow. Wie passt dieser Spagat aus Restrukturierungsdruck und finanzieller Stabilisierung zusammen?

Stahlgeschäft unter Importdruck

Die Tochter Thyssenkrupp Electrical Steel (tkES) legt ihre Elektrostahl-Produktion an zwei Standorten vorübergehend still. Betroffen sind die Werke in Gelsenkirchen und im französischen Isbergues. Beide Standorte werden von Mitte Dezember bis zum Jahresende komplett heruntergefahren.

Für Isbergues ist der Einschnitt noch gravierender: Ab Januar 2026 soll dort zunächst nur mit rund 50 Prozent der bisherigen Kapazität produziert werden. Hintergrund ist eine deutliche Verschärfung des Wettbewerbs im Markt für kornorientierten Elektrostahl (Grain Oriented Electrical Steel).

Die wesentlichen Belastungsfaktoren:

  • Importwelle: Der Zufluss von billigem Elektrostahl nach Europa hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht.
  • Umgeleitete Handelsströme: Hohe US-Zölle lenken vor allem chinesische Importe verstärkt auf den europäischen Markt.
  • Arbeitsplätze in Gefahr: Rund 1.200 Stellen an den beiden Standorten hängen an der Zukunft wirksamer Marktschutzinstrumente.

Die Produktionsstopps sind damit weniger kurzfristige Kosmetik als vielmehr ein Signal, wie ernst die Lage im Elektrostahl-Geschäft geworden ist.

Zahlenwerk: Operative Verbesserung, teurer Umbau

Trotz der Belastungen im Stahlbereich konnte der Konzern im Geschäftsjahr 2024/2025 einige Kennzahlen verbessern. Beim bereinigten EBIT legte Thyssenkrupp auf 640 Millionen Euro zu, nach 567 Millionen Euro im Vorjahr, obwohl der Umsatz um 6 Prozent auf 32,8 Milliarden Euro zurückging. Das operative Ergebnis je Euro Umsatz hat sich damit leicht verbessert.

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Besonders wichtig für die Bewertung der finanziellen Widerstandskraft ist der Free Cashflow vor M&A:

  • Free Cashflow vor M&A: 363 Millionen Euro (Vorjahr: 110 Millionen Euro)
  • Schlusskurs Freitag: 8,96 Euro
  • Seit Jahresanfang: +124 %

Der deutliche Anstieg des freien Mittelzuflusses zeigt, dass der Konzern trotz rückläufiger Erlöse wieder stabiler Liquidität generiert.

Gleichzeitig dämpft der Ausblick die Stimmung deutlich. Für das neue Geschäftsjahr rechnet der Vorstand mit einem Jahresfehlbetrag zwischen 400 und 800 Millionen Euro. Haupttreiber sind umfangreiche Rückstellungen für die Restrukturierung der Stahlsparte, zu der auch die Maßnahmen bei Electrical Steel zählen. Operative Fortschritte werden damit zunächst durch Umbaukosten überlagert.

Marktreaktion und Analystensicht

An der Börse bleibt das Papier schwankungsanfällig. Auf Wochensicht hat die Aktie zuletzt nachgegeben, liegt mit einem Jahresplus von deutlich über 100 Prozent aber immer noch klar im positiven Terrain. Der aktuelle Kurs befindet sich mit 8,96 Euro spürbar unter dem 52‑Wochen-Hoch von 13,24 Euro und leicht unter wichtigen Durchschnittslinien wie dem 50‑Tage-Durchschnitt, was die jüngste Abkühlung im Kursverlauf widerspiegelt.

Analysten bewerten die Lage entsprechend gemischt:

  • DZ Bank: Rating „Halten“, fairer Wert 10 Euro; die Experten verweisen auf vorhandene Substanz, sehen aber anhaltende Risiken im Stahlsegment.
  • JPMorgan: Einstufung „Neutral“ mit Kursziel 7,60 Euro und damit unter dem aktuellen Kursniveau.
  • Jefferies: Bewertung „Hold“, Kursziel 11 Euro und damit etwas optimistischer.

In Summe wird der laufende Umbau honoriert, aber die Unsicherheit über Tempo und Kosten der Stahl-Restrukturierung begrenzt den Enthusiasmus.

Fazit: Teure, aber konsequente Wende im Stahl

Thyssenkrupp verschärft mit den Produktionsstopps bei Electrical Steel den Restrukturierungskurs in seiner Stahlsparte deutlich. Die Maßnahmen sind eine direkte Reaktion auf massiven Importdruck und sollen die Basis für ein profitableres Stahlgeschäft legen – auch wenn sie kurzfristig schmerzhaft ausfallen und erhebliche Rückstellungen nach sich ziehen.

Auf Konzernebene steht dem ein verbessertes operatives Ergebnis und ein klar positiver Free Cashflow gegenüber. Damit verfügt Thyssenkrupp über finanziellen Spielraum, um den Umbau zu stemmen. Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, wie schnell sich die Stahlmaßnahmen in nachhaltig besseren Ergebnissen niederschlagen und ob handelspolitische Schutzmechanismen den Druck durch Billigimporte zumindest teilweise abfedern können.

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