In der hochspezialisierten Welt der Pharmaverpackungen stehen zwei deutsche Schwergewichte im Ring: die etablierte Gerresheimer AG und die erst 2023 an die Börse gegangene Schott Pharma AG & Co. KGaA. Während beide kritische Komponenten für die globale Pharmaindustrie liefern, könnten ihre aktuellen Marktbewertungen und strategischen Herausforderungen kaum unterschiedlicher sein. Handelt es sich bei Gerresheimer um eine unterbewertete Turnaround-Chance oder baut Schott Pharma seinen Vorsprung uneinholbar aus?

Marktkapitalisierung: Der Dreifach-Vorsprung

Ein Blick auf die Börsenwerte offenbart eine deutliche Dominanz. Schott Pharma bringt es auf eine Marktkapitalisierung von rund 3,0 Milliarden Euro. Gerresheimer hingegen kommt auf gerade einmal 920 Millionen Euro – weniger als ein Drittel des Konkurrenten.

Diese Diskrepanz ist umso bemerkenswerter, als Gerresheimer der langjährig etablierte und breit diversifizierte Anbieter ist. Schott Pharma, eine Abspaltung des Technologiekonzerns Schott AG, hat sich seit dem Börsengang rasant zum größeren und höher bewerteten Akteur entwickelt. Die aktuelle Konstellation: Ein Marktführer auf der Erfolgswelle gegen einen Herausforderer, der nach mehreren Gewinnwarnungen und einem Führungswechsel das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen muss.

Profitabilität: Hier zeigt sich die wahre Kluft

Der entscheidende Unterschied manifestiert sich in der Rentabilität. Während Schott Pharma im dritten Quartal 2025 eine beeindruckende EBITDA-Marge von 32,4 % erreichte, fiel diese bei Gerresheimer in den ersten neun Monaten 2025 organisch auf 18,8 %. Diese Margenschere von über 13 Prozentpunkten ist ein klares Indiz für die operative Stärke von Schott Pharma und die strukturellen Probleme bei Gerresheimer.

Schott Pharma profitiert von seiner Fokussierung auf sogenannte High-Value Solutions (HVS) – spezielle Spritzen, Vials und Karpulen aus hochwertigem Borosilikatglas und Polymeren für anspruchsvolle Biotech-Medikamente und Impfstoffe. Diese strategische Ausrichtung zahlt sich aus: Im dritten Quartal 2025 machten HVS bereits 60 % des Umsatzes aus.

Gerresheimer kämpft hingegen mit einer schwächeren Nachfrage in den Segmenten Kosmetik und orale Flüssigkeiten. Das Unternehmen musste seine Prognose für 2025 nach unten korrigieren und rechnet nun mit einem organischen Umsatzrückgang von 2 % bis 4 % bei einer bereinigten EBITDA-Marge zwischen 18,5 % und 19 %.

Wachstum: Expansion gegen Schrumpfung

Auch beim Wachstum liegen Welten zwischen beiden Unternehmen. Schott Pharma steigerte den Umsatz im dritten Quartal währungsbereinigt um 3 % auf 256 Millionen Euro und bestätigte die Prognose von rund 6 % organischem Wachstum für das Gesamtjahr. Besonders das Segment Drug Delivery Systems (DDS) mit vorfüllbaren Glasspritzen zeigt starke Dynamik.

Gerresheimer verzeichnete in den ersten neun Monaten 2025 einen organischen Umsatzrückgang von 1,8 %. Das bereinigte EBITDA brach sogar um 7,5 % ein. Die breite Aufstellung mit den Sparten "Plastics & Devices" und "Primary Packaging Glass", einst eine Stärke, erweist sich im aktuellen Marktumfeld als Belastung durch schwächelnde Teilmärkte.

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Bewertung: Billig oder teuer – eine Frage der Perspektive

Gerresheimer handelt mit einem KGV von rund 7,6 deutlich unter historischen Durchschnittswerten und Branchenniveau. Für Turnaround-Investoren könnte dies eine Chance darstellen – vorausgesetzt, dem neuen Management gelingt die Wende.

Schott Pharma rechtfertigt seine höhere Bewertung durch überlegene Margen, stabiles Wachstum und die strategische Positionierung in wachstumsstarken Nischen wie Biotech und mRNA-Technologie. Analysten bewerten die Aktie mehrheitlich mit "Kaufen" und sehen weiteres Kurspotenzial.

Der Wendepunkt: Was müsste passieren?

Für Gerresheimer wäre eine Stabilisierung der Nachfrage und eine erfolgreiche Umsetzung des Transformationsprogramms zur Leistungssteigerung und Kostensenkung entscheidend. Der im Oktober 2025 vollzogene Führungswechsel könnte der Katalysator sein. Investoren werden genau beobachten, ob das neue Management in den kommenden Quartalen erste Erfolge vorweisen kann.

Schott Pharma muss beweisen, dass die hohe Bewertung gerechtfertigt ist. Die Herausforderung: Wachstumsdynamik und Margen auf aktuellem Niveau halten, während der Marktanteil im hochattraktiven HVS-Segment weiter ausgebaut wird.

Drei mögliche Szenarien

Szenario 1: Der Abstand wächst (hohe Wahrscheinlichkeit)
Schott Pharma nutzt seine technologische Führung und den Fokus auf wachstumsstarke Nischen, um den Vorsprung weiter auszubauen. Hohe Margen und starker Cashflow ermöglichen Investitionen in Kapazitätserweiterungen und Innovation. Gerresheimers Turnaround verläuft schleppend, da strukturelle Probleme in Teilmärkten anhalten.

Szenario 2: Die Aufholjagd beginnt (mittlere Wahrscheinlichkeit)
Dem neuen Gerresheimer-Management gelingt eine schnelle Neuausrichtung. Kostensenkungen und Fokussierung auf profitablere Segmente verbessern die Marge schrittweise. Gleichzeitig normalisiert sich das Wachstum bei Schott Pharma, was die extreme Bewertungsdifferenz reduziert. Eine Erholung in den Märkten für Kosmetik und Standardverpackungen beschleunigt diesen Prozess.

Szenario 3: Externe Schocks mischen Karten neu (niedrige Wahrscheinlichkeit)
Regulatorische Änderungen, technologische Durchbrüche bei Verpackungsmaterialien oder eine globale Rezession könnten das Spielfeld verändern. In einem solchen Umfeld könnte Gerresheimers breitere Diversifizierung einen Vorteil gegenüber Schott Pharmas starker Spezialisierung darstellen – oder umgekehrt, je nach Art des Schocks.

Fazit: Qualität gegen Spekulation

Schott Pharma ist aktuell der klar überlegene Akteur mit starken Fundamentaldaten, beeindruckenden Margen und strategischer Positionierung in Zukunftsmärkten. Die Investmentthese ist solide und wird vom Markt entsprechend honoriert.

Gerresheimer bietet eine spekulativere Wette auf einen erfolgreichen Turnaround und eine deutliche Neubewertung der Aktie. Die niedrige Bewertung könnte bei Erfolg überproportionale Gewinne ermöglichen – das Risiko eines weiteren Abrutschens ist jedoch erheblich. Konservative Anleger dürften bei Schott Pharma besser aufgehoben sein, während risikofreudige Investoren mit Gerresheimer auf eine dramatische Wende setzen können.

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