Thyssenkrupp stellt seine Stahlsparte radikal neu auf – und nimmt dafür hohe Verluste in Kauf. Die Jahreszahlen fallen operativ zwar solide aus, doch der Ausblick auf 2025/26 ist deutlich belastet. Entscheidend wird nun, ob der Konzern mit Stellenabbau, möglichen Verkäufen und dem TKMS-Börsengang den strategischen Umbau durchziehen kann.

Schwacher Ausblick trotz besserem EBIT

Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024/25 meldet der Industriekonzern ein bereinigtes EBIT von 640 Millionen Euro, ein Plus von 13 Prozent. Gleichzeitig ging der Umsatz um 6 Prozent auf 32,8 Milliarden Euro zurück. Das operative Ergebnis verbessert sich also, während die Erlöse sinken – ein Hinweis auf erste Effekte der laufenden Effizienzprogramme.

Deutlich kritischer fällt jedoch der Blick nach vorn aus. Für das Geschäftsjahr 2025/26 kalkuliert das Management mit spürbaren Belastungen aus der Stahl-Restrukturierung:

  • Erwarteter Nettoverlust: 400 bis 800 Millionen Euro
  • Bereinigtes EBIT: 500 bis 900 Millionen Euro
  • Free Cash Flow vor M&A: minus 300 bis 600 Millionen Euro
  • Restrukturierungskosten: rund 350 Millionen Euro

Der Markt reagierte auf diese Prognose mit einem deutlichen Rücksetzer. Gestern schloss die Aktie bei 8,90 Euro und liegt damit spürbar unter dem 50‑Tage-Durchschnitt von 9,66 Euro. Auf Jahressicht steht trotz des aktuellen Drucks jedoch ein starkes Plus von über 120 Prozent – die Schwankungen bleiben hoch, was auch die annualisierte 30‑Tage-Volatilität von gut 52 Prozent zeigt.

Stahlgeschäft: Tiefer Einschnitt, hohe Lasten

Kern der aktuellen Probleme ist weiterhin Steel Europe. Die Sparte belastete das abgelaufene Jahr mit Wertminderungen von 600 Millionen Euro. Ursachen sind laut Konzern:

  • scharfer Wettbewerb aus Asien
  • US-Zölle auf Stahlimporte
  • eine schwache Konjunktur in Europa

Anfang Dezember vereinbarten Stahlvorstand und IG Metall im Tarifvertrag „Stahl-Neuausrichtung“ harte Einschnitte. Vorgesehen ist der Abbau von 11.000 Stellen, rund 40 Prozent der Belegschaft. Parallel soll die jährliche Versandkapazität von 11,5 Millionen Tonnen auf 8,7 bis 9 Millionen Tonnen reduziert werden. Die Sparte wird damit deutlich verkleinert und auf eine niedrigere Grundauslastung ausgerichtet.

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Eine zusätzliche Hürde sind die Pensionsverpflichtungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bei einem Buchwert der Sparte von 2,4 Milliarden Euro. Diese Altlasten erschweren jede Transaktion erheblich und drücken auf die Bewertung des Stahlgeschäfts.

Jindal-Gespräche und gescheitertes Křetínský-Modell

Im Hintergrund laufen parallel Verhandlungen über einen möglichen Ausstieg aus dem Stahlgeschäft. Der indische Konzern Jindal Steel International prüft derzeit den Einstieg bei Steel Europe. Vorstandschef Miguel López beschreibt die Gespräche als „intensiv“ und sieht in Jindal einen „perfekten Partner“. Konkrete Ergebnisse liegen bislang nicht vor, der Prozess dauert an.

Zuvor war der Versuch eines Joint Ventures mit dem tschechischen Investor Daniel Křetínský gescheitert. Er hatte seine 20‑prozentige Beteiligung an der Stahlsparte Ende September zurückgegeben, das geplante 50/50-Modell wurde aufgegeben. Damit muss Thyssenkrupp den Stahlumbau nun mit einem neuen Partner oder gegebenenfalls allein weiterführen.

TKMS-Börsengang als Gegenpol

Einen deutlich freundlicheren Kontrapunkt setzt die Marinesparte TKMS. Der Rüstungsspezialist wurde am 20. Oktober erfolgreich an die Börse gebracht und wird ab dem 22. Dezember in den MDAX aufgenommen. Der Auftragsbestand liegt mit 18,2 Milliarden Euro auf Rekordniveau und sichert die Auslastung auf Jahre.

Thyssenkrupp hält weiterhin 51 Prozent an TKMS. Aktionäre erhielten für je 20 Thyssenkrupp-Papiere eine TKMS-Aktie. Am ersten Handelstag ergab sich daraus ein Wertzuwachs von mehr als 14 Prozent. TKMS dient damit nicht nur als Wachstumstreiber, sondern auch als wertvoller Anker im Portfolio, während andere Bereiche restrukturiert werden.

Analysten und Strategie: Zwischen Skepsis und Umbau

Auf Analystenseite überwiegt der vorsichtige Ton. Die Deutsche Bank bestätigt ihr „Hold“-Votum mit einem Kursziel von 10 Euro. Analyst Bastian Synagowitz hebt das leicht besser als erwartete bereinigte EBIT im vierten Quartal hervor, kritisiert aber das Zielband für das EBIT 2025/26 als schwach. Operative Fortschritte werden also registriert, die mittelfristige Ertragskraft bleibt jedoch fragil.

Parallel treibt das Management die Transformation hin zu einer Finanzholding voran. Die einzelnen Geschäftsbereiche sollen stärker eigenständig agieren. Ein Baustein ist der beschlossene Verkauf der Automation Engineering an Agile Robots im November. Die Dividende soll trotz der erwarteten Verluste stabil bei 0,15 Euro je Aktie bleiben; die Entscheidung darüber fällt formal auf der Hauptversammlung am 30. Januar 2026.

Fazit: Hohe Risiken, klarer Schnitt

Thyssenkrupp geht mit der Stahl-Restrukturierung und der Neuausrichtung hin zu einer Holding-Struktur einen konsequenten, aber kostspieligen Weg. Hohe Rückstellungen, drohende Nettoverluste und ein negativer Free Cash Flow belasten kurzfristig Ergebnis und Kurs, während die Stahlsparte durch Stellenabbau, Kapazitätskürzungen und mögliche Verkäufe grundlegend umgebaut wird. Gegenläufig wirken der erfolgreiche TKMS-Börsengang und der starke Auftragsbestand der Marinesparte, die dem Konzern ein stabileres Standbein liefern. Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, ob es gelingt, die Verhandlungen mit einem Partner wie Jindal Steel zu einem tragfähigen Abschluss zu bringen und die Restrukturierung im angepeilten finanziellen Rahmen umzusetzen.

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