Ein US-Gerichtsurteil sorgt für Entlastung bei Ørsted, während der Konzern parallel vor einer wichtigen Weichenstellung in Europa steht. In den USA gewinnt der Offshore-Wind-Pionier rechtlich an Spielraum, in Europa nähert sich der Verkauf des Onshore-Windgeschäfts der entscheidenden Phase. Wie ordnen sich diese Entwicklungen in den laufenden Umbau des Unternehmens ein?

Gerichtserfolg in den USA

Zu Wochenbeginn hat Ørsted in den USA einen wichtigen juristischen Erfolg erzielt. Eine Bundesrichterin erklärte ein Dekret von Präsident Donald Trump, das neue Windprojekte untersagte, für „willkürlich, launenhaft und rechtswidrig“. Damit erhält die zuvor stark belastete Offshore-Windbranche zumindest kurzfristig Luft.

Die Aktie reagierte zunächst mit Kursgewinnen von bis zu 4,4 % und erreichte ein Viermonatshoch in Kopenhagen. Gestern gab der Kurs einen Teil dieser Bewegung wieder ab und schloss bei 136,25 DKK, ein Minus von 1,09 % zum Vortag. Trotz der jüngsten Erholung notiert das Papier deutlich unter dem 52-Wochen-Hoch von 356,90 DKK – ein Hinweis auf die anhaltenden strukturellen Herausforderungen im Segment.

Das Urteil folgte einer Klage einer Gruppe von 18 Generalstaatsanwälten, die die seit Januar geltende Genehmigungsblockade für Windprojekte angegriffen hatten. Für Ørsted bedeutet die Entscheidung vor allem mehr Planungssicherheit bei laufenden und geplanten US-Projekten, ohne dass damit jedoch alle regulatorischen Hürden aus dem Weg geräumt wären.

Verkauf des europäischen Onshore-Portfolios

Parallel treibt Ørsted den Ausstieg aus dem europäischen Onshore-Windgeschäft voran. Nach Informationen von Bloomberg stehen mit Engie und Copenhagen Infrastructure Partners zwei Bieter in der Endrunde. Verbindliche Angebote werden diese Woche erwartet, der Abschluss könnte noch vor Jahresende erfolgen.

Bewertung und Umfang

Insiderkreisen zufolge könnte der Verkaufserlös bei rund 1 Mrd. Euro liegen. Damit würde die Bewertung unter früheren Markterwartungen vom Sommer bleiben. Citi, das die Aktie mit „Sell“ einstuft, bezifferte den fairen Wert des Portfolios in einer aktuellen Analyse auf 1,16 Mrd. Euro.

Das Paket umfasst rund 800 MW Onshore-Kapazität in Großbritannien, Deutschland und Spanien. Mit dem Verkauf schärft Ørsted das Profil als reiner Offshore-Windakteur in Europa und setzt einen zentralen Baustein der angekündigten Neuausrichtung um.

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Strategischer Umbau im Überblick

Der geplante Verkauf reiht sich in ein umfassendes Restrukturierungsprogramm ein, das Ørsted Anfang November mit den Zahlen zum dritten Quartal 2025 vorgestellt hat. Zentrale Maßnahmen sind:

  • Kapitalerhöhung: Bruttoerlös von 60 Mrd. DKK zur Stärkung der Bilanz
  • Hornsea-3-Teilverkauf: Veräußerung von 50 % am 2,9-GW-Offshore-Projekt in Großbritannien an von Apollo verwaltete Fonds für rund 39 Mrd. DKK
  • Personalabbau: Geplanter Abbau von etwa 2.000 Stellen bis Ende 2027
  • Prognose: Beibehaltung der EBITDA-Jahresprognose von 24–27 Mrd. DKK (ohne neue Partnerschaften und Stornogebühren)

Zahlen zum Neunmonatszeitraum

Für die ersten neun Monate 2025 meldete Ørsted:

  • EBITDA: 18,6 Mrd. DKK (nach 23,6 Mrd. DKK im Vorjahreszeitraum)
  • Bereinigtes EBITDA: 17,0 Mrd. DKK, damit auf Vorjahresniveau
  • Offshore-Site-Ergebnis: 16,1 Mrd. DKK, ein Plus von 5 % gegenüber dem Vorjahr
  • Nettozinsverschuldung: 83,2 Mrd. DKK

Diese Zahlen unterstreichen, dass das Kerngeschäft Offshore zwar wächst, das Gesamtbild aber weiterhin von hohen Investitionen und Belastungen geprägt ist.

Schwieriges regulatorisches Umfeld

Trotz des positiven Gerichtsentscheids bleiben Analysten mit Blick auf das US-Regime vorsichtig. ClearView Energy Partners spricht zwar von einem klaren Plus für Befürworter der Offshore-Windenergie, sieht darin aber keinen vollständigen Ersatz für andere Maßnahmen der Trump-Regierung, die den Sektor bremsen.

Auch Bernstein-Analystin Deepa Venkateswaran betont, dass das Investitionsumfeld insgesamt schwach bleibt. Selbst bei Bestand des Urteils sei nicht mit einem großen Impuls für die gesamte Offshore-Windbranche zu rechnen.

Die US-Regierung hat in den vergangenen Monaten mehrfach gegen den Windsektor vorgegangen, unter anderem durch Widerruf bereits erteilter Genehmigungen, Baustopps und Gesetzesinitiativen zum schrittweisen Abbau wichtiger Steuervergünstigungen für erneuerbare Energien.

Ausblick und nächste Termine

Kurzfristige Katalysatoren

  • Verkauf Onshore Europa: Letzte Gebote in dieser Woche; ein Vollzug bis Jahresende ist möglich
  • US-Projekt Revolution Wind: Der Offshore-Windpark vor Rhode Island befindet sich weiter im Bau, nachdem ein Gericht im September grünes Licht für die Arbeiten gegeben hatte
  • Irland-Zuschlag: Das Gemeinschaftsunternehmen von Ørsted und ESB erhielt jüngst einen 900-MW-Offshore-Auftrag (Tonn Nua) mit einem Strike-Preis von 98,72 Euro/MWh

Finanztermine und Bewertungen

  • Q4-2025-Zahlen: Veröffentlichung für den 5. Februar 2026 erwartet
  • Pre-Close-Calls: Geplant für den 7. und 8. Januar 2026

Beim Konsens der Analysten liegt das durchschnittliche Kursziel bei 136,82 DKK, die Spanne reicht von 110 bis 184 DKK. Morningstar sieht den fairen Wert bei 170 DKK und stuft die Aktie damit als moderat unterbewertet ein (vier Sterne).

Einordnung

Ørsted befindet sich mitten in einer tiefgreifenden Transformation. Der laufende Verkauf des europäischen Onshore-Portfolios, die Kapitalerhöhung und der Einstieg eines Partners bei Hornsea 3 sind zentrale Schritte, um die Bilanz zu stabilisieren und den Fokus klar auf Offshore-Wind zu legen. Das jüngste US-Urteil nimmt kurzfristig Druck von den Projekten, ändert aber nichts daran, dass politische Eingriffe und ein schwaches Investitionsklima die Geschäftsentwicklung in den USA weiter begrenzen können. Die nächsten entscheidenden Signale kommen aus dem Bieterverfahren für das Onshore-Paket und mit den Jahreszahlen Anfang Februar.

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