Oracle Aktie: TikTok-Schub
Oracle bekommt in den USA eine Schlüsselrolle bei TikTok – und damit Rückenwind in einer Phase, in der viele Investoren vor allem auf die hohen KI-Investitionen starren. Der Einstieg in das neue TikTok-Geflecht adressiert ausgerechnet das Thema Datensicherheit, das politisch hochsensibel ist und technologisch hohe Anforderungen stellt. Für den Konzern ist das mehr als ein PR-Erfolg: Es geht um wiederkehrende Cloud-Umsätze, Reputation und das Signal, dass Oracle beim Thema Infrastruktur ganz vorne mitspielt.
TikTok-Deal im Detail
ByteDance, der chinesische Mutterkonzern von TikTok, hat verbindliche Verträge unterzeichnet, um die US-Aktivitäten der Kurzvideo-App in eine neue Gesellschaft zu überführen: die TikTok USDS Joint Venture LLC. Diese Gesellschaft soll von einem Investorenkonsortium mit überwiegend US-Hintergrund kontrolliert werden.
Die Eckpunkte der Struktur:
- Oracle, Silver Lake und der in Abu Dhabi ansässige Investor MGX halten jeweils 15 %
- Zusammen kommen diese drei „managing investors“ damit auf 45 %
- Weitere 30,1 % liegen bei bestehenden ByteDance-Investoren
- ByteDance selbst behält 19,9 % als Minderheitsbeteiligung
- 5 % entfallen auf zusätzliche neue Investoren
Laut einem internen Memo von TikTok-Chef Shou Zi Chew soll der Abschluss der Transaktion am 22. Januar 2026 erfolgen. Oracle übernimmt in diesem Konstrukt die Rolle des „Trusted Security Partner“. Das umfasst drei Kernaufgaben:
- Prüfung und Bestätigung der Einhaltung von Auflagen zur nationalen Sicherheit
- Schutz sensibler Nutzerdaten aus den USA
- Betrieb einer abgesicherten Cloud-Umgebung in den Vereinigten Staaten für diese Daten
Gleichzeitig wird klar abgegrenzt, was NICHT in den Verantwortungsbereich des neuen Joint Ventures fällt: Kommerzielle Aktivitäten wie E-Commerce, Werbung und Marketing bleiben bei ByteDance-kontrollierten TikTok-Einheiten. Das Konsortium um Oracle konzentriert sich damit auf Sicherheit, Daten und technische Infrastruktur – nicht auf die direkten Erlösströme.
Die US-Aktivitäten von TikTok werden von Regierungsvertretern mit rund 14 Milliarden US-Dollar bewertet. Die Governance soll ein siebenköpfiges, mehrheitlich amerikanisches Board übernehmen.
Deutliche Kursreaktion nach schwacher Phase
Nach Wochen mit spürbarem Druck auf der Aktie sorgte die Nachricht vom TikTok-Einstieg am Freitag für ein klares Lebenszeichen: Der Kurs legte rund 7 % zu und schloss bei 164,40 Euro. Trotz dieser Erholung liegt die Aktie aber immer noch mehr als 40 % unter ihrem 52‑Wochen-Hoch von 280,70 Euro – ein Hinweis darauf, wie stark die vorangegangene Korrektur ausgefallen ist.
Die US-Papiere verzeichneten einen außergewöhnlich hohen Handelsumsatz: Rund 76 Millionen Aktien wechselten den Besitzer, ein Plus von 335 % gegenüber dem Durchschnitt. Für Evercore ISI ist der TikTok-Deal ein „schöner Erfolg“ für Oracle; die Analysten betonen zugleich, sie sähen in der vorangegangenen Kurskorrektur einen interessanten Einstiegszeitraum für Anleger mit einem Horizont von sechs bis zwölf Monaten.
Warum die TikTok-Partnerschaft so wichtig ist
Für Oracle ist das Joint Venture weit mehr als ein Einzelauftrag. Es zahlt an mehreren Fronten auf die strategische Positionierung ein.
1. Langfristige Cloud-Umsätze
Mit rund 170 Millionen TikTok-Nutzern in den USA fallen enorme Datenmengen an, die gespeichert, verarbeitet und geschützt werden müssen. Das spricht für einen mehrjährigen, wiederkehrenden Umsatzstrom im Cloud-Geschäft, statt eines einmaligen Projektumsatzes.
2. Stärkeres Vertrauenssignal
Als Sicherheits- und Cloud-Partner in einem politisch hochsensiblen Umfeld ausgewählt zu werden, unterstreicht Oracles Anspruch, als verlässlicher Infrastrukturanbieter für kritische Daten zu gelten. Das stärkt die Marke gegenüber Behörden, Großkunden und anderen regulierten Branchen.
3. Rückenwind für das Infrastruktur-Narrativ
Der Deal bestätigt, dass die massiven Investitionen in Rechenzentren und KI-Infrastruktur nicht nur Kostenblöcke sind, sondern auch Türöffner für prominente Referenzkunden und komplexe Projekte.
Belastungsfaktoren: Gewinne, Schulden, Capex
Der Zeitpunkt des Deals ist kein Zufall: Die vergangenen Wochen waren für Oracle-Aktionäre holprig. Seit dem Allzeithoch im September 2025 hatten Sorgen über die Finanzierung des massiven KI-Infrastruktur-Ausbaus den Kurs deutlich nach unten gedrückt.
Gemischte Aufnahme der Q2-Zahlen
Am 10. Dezember 2025 legte Oracle die Zahlen für das zweite Quartal des Geschäftsjahres 2026 vor. Das Bild war zweigeteilt:
- Umsatz: 16,06 Mrd. US‑Dollar (leicht unter den erwarteten 16,19 Mrd. US‑Dollar)
- Bereinigter Gewinn je Aktie: 2,26 US‑Dollar (klar über dem Konsens von 1,64 US‑Dollar)
- Cloud-Umsatz: 8,0 Mrd. US‑Dollar, plus 34 % zum Vorjahr
- Cloud-Infrastruktur (IaaS): 4,1 Mrd. US‑Dollar, plus 68 % zum Vorjahr
- Verbleibende Leistungsverpflichtungen (Backlog): 523 Mrd. US‑Dollar, plus 438 % im Jahresvergleich
Operativ zeigt sich also ein stark wachsendes Cloud-Geschäft mit einem außergewöhnlich hohen Auftragsbestand. Gleichzeitig verfehlte der Umsatz knapp die Erwartungen – ein Punkt, der an der Börse gerade bei hoch bewerteten Wachstumswerten oft stärker wiegt als ein Gewinnüberraschung nach oben.
Finanzierung der Datenzentren im Fokus
Zusätzlichen Druck brachte ein Bericht der Financial Times vom 17. Dezember. Demnach sei Blue Owl Capital nicht bereit, die Finanzierung eines 10‑Milliarden‑Dollar-Rechenzentrumsprojekts in Michigan zu übernehmen. Der Kurs gab daraufhin um etwa 5 % nach.
Oracle widersprach dem Bericht und betonte, das Projekt liege im Plan und werde mit Partner Related Digital umgesetzt. Die Meldung traf aber einen wunden Punkt: den enormen Kapitalbedarf für den KI-Ausbau.
Die Prognose für die Investitionsausgaben (Capex) für das Geschäftsjahr 2026 ist von ursprünglich 35 Milliarden auf 50 Milliarden US‑Dollar nach oben geschnellt. Allein im zweiten Quartal fiel ein negativer Free Cashflow von rund 10 Milliarden US‑Dollar an. Parallel ist die Gesamtverschuldung auf über 100 Milliarden US‑Dollar gestiegen. Diese Kombination aus hohem Investitionstempo, negativem freien Cashflow und wachsender Schuldenlast erklärt, warum der Markt trotz starkem Auftragseingang skeptisch bleibt.
Analystenblick: Hoher Backlog, hohes Risiko
Trotz der Kurskorrektur und der Diskussion um die Finanzierung bleibt die Stimmung der Analysten überwiegend positiv. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 293 US‑Dollar und damit deutlich über dem aktuellen Niveau. Das entspräche aus heutiger Sicht einem substanziellen Aufwärtspotenzial.
Die Einschätzungen im Detail:
- Goldman Sachs hält an einem neutralen Votum fest, hat das Kursziel jedoch von 320 auf 220 US‑Dollar reduziert. Begründung: steigende Risiken im Zusammenhang mit der Umsetzung der Wachstumsstrategie und dem Investitionstempo.
- Guggenheim bleibt bei „Buy“ und sieht das Ziel weiter bei 400 US‑Dollar, was auf einen starken Glauben an Oracles Fähigkeit schließen lässt, den riesigen Auftragsbestand in profitable Umsätze zu verwandeln.
Der riesige Backlog von 523 Milliarden US‑Dollar, gespeist von Kunden wie Meta, NVIDIA und OpenAI, bietet außergewöhnliche Visibilität auf künftige Einnahmen. Gleichzeitig ist klar: Die Umsetzung dieser Verpflichtungen erfordert eine massive Ausweitung der Infrastruktur – und damit weiteres Kapital.
Ausblick: Wichtige Termine und zentrale Stellschraube
Kurzfristig stehen mehrere konkrete Daten im Kalender, die für Anleger relevant sind:
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- Januar 2026: Stichtag für die Dividende von 0,50 US‑Dollar je Aktie
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- Januar 2026: Geplanter Abschluss der TikTok‑US‑Transaktion
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- Januar 2026: Auszahlung der Dividende
Entscheidend für den weiteren Kursverlauf bleibt jedoch weniger die Dividende, sondern die Balance aus Wachstum und Finanzkraft. Auf der einen Seite steht ein historisch hoher Auftragsbestand, der bei erfolgreicher Umsetzung über Jahre für zweistelliges Wachstum im Cloud-Bereich sorgen könnte. Auf der anderen Seite lasten hohe Capex, negativer Free Cashflow und eine Verschuldung von über 100 Milliarden US‑Dollar auf der Bilanz.
Der TikTok-Deal wirkt in diesem Spannungsfeld wie ein klarer Stimmungsaufheller: Er stärkt die Wahrnehmung von Oracle als vertrauenswürdigen Cloud-Partner, bringt potenziell zusätzliche, wiederkehrende Umsätze und zeigt, dass die Infrastrukturinvestitionen konkrete Großaufträge anziehen. Ob die Aktie ihren deutlichen Abstand zum 52‑Wochen-Hoch nachhaltig verringern kann, wird maßgeblich davon abhängen, wie konsequent Oracle seinen enormen Auftragsbestand in realen Umsatz und Cashflow umsetzt und dabei die Verschuldung im Griff behält.
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