Oracle Aktie: Schulden im Fokus
Oracle setzt im KI-Boom auf maximale Beschleunigung – und stößt damit an die Grenzen des Kapitalmarkts. Nach den Zahlen zum zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2026 gerät das Papier deutlich unter Druck, weil Umsatz, Investitionen und Verschuldung in eine Richtung laufen, die viele Investoren nervös macht. Im Zentrum steht die Frage, ob das massiv kreditfinanzierte Ausbautempo der Cloud- und KI-Infrastruktur langfristig tragfähig ist.
Ergebnisse: Wachstum mit hohem Preis
Operativ liefert Oracle zunächst, was die KI-Story verspricht:
- Der Konzernumsatz lag im zweiten Quartal bei 16,1 Milliarden US‑Dollar, ein Plus von 14 % gegenüber dem Vorjahr, aber rund 150 Millionen US‑Dollar unter den Erwartungen.
- Das Cloud-Geschäft wuchs deutlich schneller: 8,0 Milliarden US‑Dollar Cloud-Umsatz (+34 %), davon 4,1 Milliarden US‑Dollar im Infrastruktursegment (+68 %).
- Die sogenannten Remaining Performance Obligations – also vertraglich zugesicherte, aber noch nicht realisierte Umsätze – schossen auf 523 Milliarden US‑Dollar in die Höhe, ein Zuwachs von 438 % innerhalb eines Jahres.
Damit signalisiert Oracle zwar eine prall gefüllte Auftragspipeline, doch die Kehrseite ist der Kapitalbedarf. Die Investitionsausgaben (Capex) explodierten im Quartal auf 12 Milliarden US‑Dollar, deutlich über den prognostizierten 8,25 Milliarden US‑Dollar. Gleichzeitig wurde die Capex-Prognose für das Geschäftsjahr 2026 auf 50 Milliarden US‑Dollar erhöht – 15 Milliarden mehr als noch im September veranschlagt.
Die Folge: Der freie Cashflow drehte tief ins Minus, im Quartal standen rund 10 Milliarden US‑Dollar negativer Free Cashflow zu Buche. Die Gesamtverschuldung summiert sich inzwischen auf etwa 100 Milliarden US‑Dollar.
Anleihemarkt schlägt Alarm
Während der Aktienkurs deutlich nachgegeben hat – in den vergangenen sieben Tagen um 13,6 % und seit dem 52‑Wochen-Hoch im September um mehr als 40 % –, fällt die Reaktion im Kreditmarkt noch schärfer aus. Die Kosten, sich gegen einen Ausfall von Oracle-Anleihen abzusichern, sind auf das höchste Niveau seit April 2009 gestiegen.
Fünfjährige Credit Default Swaps (CDS) auf Oracle weiteten sich um knapp 12 Basispunkte auf 139 Basispunkte aus. Besonders auffällig: Einige Anleihen, die formal noch im Investment-Grade-Bereich liegen, handeln mittlerweile mit Renditeaufschlägen, wie man sie eher bei Hochzinsanleihen sieht. So stieg der Spread einer 6‑%‑Anleihe mit Fälligkeit 2055 um 19 Basispunkte auf 196 Basispunkte.
Kreditanalysten großer Banken wie Barclays und Morgan Stanley empfehlen ihren Kunden inzwischen explizit, fünfjährige Oracle-CDS als Absicherung zu nutzen. Das unterstreicht, wie stark der Markt die Risiken in der Kapitalstruktur inzwischen gewichtet.
AI-Großprojekte unter Zeitdruck
Zusätzliche Unruhe brachte ein Bericht zu möglichen Verzögerungen bei mehreren US‑Rechenzentren, die Oracle für OpenAI errichtet. Demnach sollen Fertigstellungstermine von 2027 auf 2028 verschoben worden sein, begründet mit Engpässen bei Arbeitskräften und Material. Oracle weist diese Darstellung zurück und betont, alle Meilensteine lägen im Plan.
Brisant sind solche Meldungen, weil die Kooperation mit OpenAI – einem Deal mit einem Volumen von rund 300 Milliarden US‑Dollar – der zentrale Baustein der KI-Strategie ist. Das gigantische „Project Jupiter“ in New Mexico, ein Mega-Campus mit einem geplanten Investitionsvolumen von über 160 Milliarden US‑Dollar, zeigt die Dimension:
- Großtransformatoren benötigen vier bis fünf Jahre Vorlaufzeit.
- Industrielle Gasturbinen lassen sich teils erst nach sechs bis sieben Jahren liefern.
Damit wird deutlich: Die physische Infrastruktur für KI ist nicht beliebig skalierbar – und jeder Zeitverzug schlägt direkt auf Umsatzzeitpunkte, Kapitalbindung und Refinanzierungsbedarf durch.
Analysten gespalten
Die Reaktion der Analystenlandschaft fiel breit, aber keineswegs einheitlich aus. Mindestens 13 Häuser senkten ihre Kursziele nach dem Quartalsbericht, ohne sich jedoch geschlossen von der Aktie abzuwenden:
- Citi reduzierte das Kursziel leicht von 375 auf 370 US‑Dollar, hält aber an einer Kaufempfehlung fest.
- UBS kappte das Ziel deutlicher von 380 auf 325 US‑Dollar, ebenfalls mit „Buy“-Rating.
- HSBC bleibt mit einem Kursziel von 382 US‑Dollar beim positiven Votum.
- Auf der anderen Seite stehen negative Einschätzungen mit Kurszielen bis hinunter zu 175 US‑Dollar.
RBC-Analyst Rishi Jaluria bringt den Kern der Skepsis auf den Punkt: Entscheidend sei nicht allein die hohe Auftragsreserve, sondern die Frage, wie Oracle die nötigen Mittel beschaffen und die Projekte in tatsächliche Umsätze und Cashflows verwandeln will.
Verschuldung im Branchenvergleich
Im Vergleich zu anderen großen Cloud- und KI-Anbietern fällt Oracles Bilanz deutlich angespannter aus.
- Die Nettoverbindlichkeiten liegen bei rund 100 Milliarden US‑Dollar.
- Das Kreditrating steht bei BBB – nur zwei Stufen über dem spekulativen Bereich.
Konkurrenten wie Google, Meta, Amazon und Microsoft verfügen dagegen über deutlich stärkere Cash-Positionen, positive freie Cashflows und Ratings im A- bis AA-Bereich.
Citi rechnet damit, dass Oracle in den kommenden drei Jahren jährlich 20 bis 30 Milliarden US‑Dollar an neuen Schulden aufnehmen muss, um die aktuelle Ausbaugeschwindigkeit zu finanzieren. Die bereits im September platzierte Anleihe-Emission über 18 Milliarden US‑Dollar war eine der größten der Tech-Geschichte. Fitch prognostiziert für das laufende und das nächste Geschäftsjahr jeweils einen negativen Free Cashflow vor Dividenden von mehr als 11 Milliarden US‑Dollar.
Damit verschärft sich das zentrale Spannungsfeld: Das Unternehmen versucht, sich mit enormem Kapitaleinsatz im KI-Infrastrukturmarkt zu verankern, riskiert aber gleichzeitig eine weitere Eintrübung seines Kreditprofils.
Klumpenrisiko bei KI-Kunden
Hinzu kommt eine starke Konzentration auf wenige große Cloud-Kunden im KI-Bereich. Während Meta und Nvidia profitabel arbeiten, verbrennen andere Schlüsselkunden erhebliche Summen:
- OpenAI und xAI gelten als wichtige Partner von Oracle.
- OpenAI rechnet laut internen Projektionen mit einem kumulierten Mittelabfluss von rund 115 Milliarden US‑Dollar bis 2029.
- Externe Schätzungen sehen potenzielle operative Verluste von bis zu 500 Milliarden US‑Dollar bis 2030.
Sollten sich die Geschäftsmodelle dieser Kunden langsamer rechnen als erhofft oder Finanzierungsquellen versiegen, könnte das direkte Folgen für Auslastung, Zahlungsströme und Vertragsvolumen bei Oracle haben.
Bewertungsseitig ist die Messlatte weiterhin hoch: Die Aktie wird auf Basis der erwarteten Gewinne mit einem Forward-KGV von 29,56 gehandelt – rund 56 % über dem Durchschnitt vergleichbarer Cloud-Werte, obwohl der Kurs seit September bereits deutlich nachgegeben hat.
Fazit: Hohe Wetten auf die KI-Zukunft
Oracle steht vor einem klaren Trade-off: Um sich im Wettlauf um KI-Rechenzentren und Cloud-Infrastruktur zu behaupten, fährt das Management einen extrem kapitalintensiven Kurs mit massiven Vorleistungen und wachsender Verschuldung. Die jüngsten Zahlen, der Rutsch im Free Cashflow, die steigenden Refinanzierungskosten und die Nervosität im Anleihemarkt zeigen, wie eng der finanzielle Spielraum inzwischen geworden ist.
In den kommenden Quartalen wird entscheidend sein, ob das Unternehmen die gewaltige Auftragsreserve zügig in zahlungswirksame Umsätze überführen, den freien Cashflow Richtung positiv drehen und dabei sein Kreditrating verteidigen kann. Andernfalls drohen höhere Finanzierungskosten und ein noch kritischerer Blick auf eine Bewertung, die selbst nach der Korrektur deutlich über vielen Wettbewerbern liegt.
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