Die EU zieht beim Verbrenner-Aus überraschend die Handbremse – und verschafft Mercedes-Benz damit zusätzlichen Spielraum für seine Übergangsstrategie. Der Konzern hatte seine Elektroziele bereits deutlich entschärft und setzt stärker auf einen Mix aus Verbrennern, Hybriden und E-Autos. Nun kommt politische Unterstützung hinzu, begleitet von einem laufenden Aktienrückkauf und einer großen Produktoffensive ab 2026.

EU lockert Verbrenner-Regeln

Die Europäische Kommission will das faktische Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 deutlich abschwächen. Statt einer CO₂-Reduktion von 100 Prozent sollen künftig 90 Prozent ausreichen. Das hat weitreichende Folgen für die Branche und besonders für Hersteller mit starkem Verbrenner- und Hybridgeschäft.

Die wichtigsten Punkte der geplanten Anpassung:

  • Plug-in-Hybride und Range-Extender bleiben auch nach 2035 zulässig
  • Ein Pooling-System soll Herstellern gemeinsamen Zielerreichungen ermöglichen
  • Grüner Stahl und alternative Kraftstoffe können auf CO₂-Ziele angerechnet werden

Politisch markiert der Schritt eine klare Kehrtwende. Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei, nannte das ursprüngliche Verbrenner-Verbot einen „schweren industriepolitischen Fehler“. Beobachter werten die Lockerung als größten Rückzug von EU-Klimapolitik der vergangenen fünf Jahre – ausgelöst durch den zunehmenden wirtschaftlichen Druck auf die europäische Autoindustrie.

Mercedes-Benz: Strategie bestätigt

Für Mercedes-Benz passt die Entscheidung zur bereits eingeschlagenen Linie. Der Konzern hatte Abstand von der früher kommunizierten Voll-Elektrifizierungsstrategie genommen. Statt eines 100-prozentigen Elektroanteils bis 2030 strebt das Unternehmen nun „mindestens 50 Prozent“ elektrifizierte Fahrzeuge an – inklusive Hybride. Klassische Verbrenner sollen „weit in die 2030er Jahre“ hinein gebaut werden.

Ein Blick auf die Absatzstruktur zeigt, warum die neue EU-Linie dem Unternehmen entgegenkommt: In den ersten neun Monaten 2025 lag der Anteil rein batterieelektrischer Fahrzeuge bei nur 8,8 Prozent der Verkäufe. Damit bleibt Mercedes deutlich hinter dem EU-Durchschnitt von 16 Prozent zurück. Die geplante 90-Prozent-Regel verschafft Zeit, um E-Modelle und Infrastruktur schrittweise auszubauen, ohne das margenstarke Verbrennergeschäft abrupt zurückfahren zu müssen.

Auch charttechnisch wirkt das Umfeld unterstützend: Die Aktie schloss gestern bei 60,60 Euro und notiert damit rund 14 Prozent über dem Niveau zu Jahresbeginn. Der Kurs liegt klar über dem 200-Tage-Durchschnitt von 53,81 Euro, der langfristige Aufwärtstrend bleibt damit intakt.

Aktienrückkauf und Branchenlobby

Parallel zur politischen Entwicklung läuft das Aktienrückkaufprogramm weiter. Zwischen dem 8. und 12. Dezember 2025 erwarb Mercedes-Benz 688.925 eigene Aktien zurück. Seit dem Start des Programms am 3. November summiert sich das Volumen auf über 4,3 Millionen Papiere. Das reduziert den freien Streubesitz und kann den Gewinn je Aktie stützen – ein Signal der Kapitaldisziplin in einer Phase hoher Investitionen.

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Der Kursverlauf spiegelt ein gemischtes Bild: Auf Wochensicht liegt die Aktie leicht im Minus, über 30 Tage ergibt sich dagegen ein Plus von 4,5 Prozent. Gegenüber dem 52-Wochen-Hoch von 62,17 Euro beträgt der Abstand nur gut 2 Prozent, was auf eine stabile Nachfrage hindeutet. Der RSI von 36,3 signalisiert zudem, dass das Papier trotz der Rally seit Jahresbeginn aktuell nicht überkauft wirkt.

Die EU-Entscheidung ist gleichzeitig Ergebnis intensiver Lobbyarbeit der Branche. Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz drängten gemeinsam mit dem europäischen Herstellerverband ACEA auf flexiblere Ziele. Im Mittelpunkt standen:

  • eine schwächere Nachfrage nach Elektroautos in Europa
  • der starke Wettbewerbsdruck durch chinesische Hersteller
  • drohende US-Zölle auf europäische Autoimporte
  • hohe Energiekosten, insbesondere in Deutschland

Stellantis-Chairman John Elkann warnte zuletzt sogar vor einem „irreversiblen Niedergang“ der europäischen Autoindustrie ohne politische Unterstützung. Die jetzt geplante Lockerung lässt sich als Reaktion auf diese Warnsignale lesen.

Kritik von E-Auto-Befürwortern

Die Kehrtwende der EU stößt allerdings auf Widerstand. Polestar-CEO Michael Lohscheller hält die Bremse für unnötig: Aus seiner Sicht sind Technologie, Ladeinfrastruktur und Konsumenten längst bereit für den Wechsel zur Elektromobilität. Die Umweltorganisation Transport & Environment argumentiert, dass jeder Euro, der in Plug-in-Hybride fließt, bei reinen Elektrofahrzeugen fehle – während China seinen Vorsprung bei E-Autos konsequent ausbaue.

Damit prallen zwei Sichtweisen aufeinander: die industriepolitische Sorge um Wettbewerbsfähigkeit in Europa und das Ziel, den Hochlauf der Elektromobilität möglichst schnell voranzutreiben. Für Mercedes-Benz bedeutet die Entscheidung vorerst mehr Flexibilität, ohne die E-Strategie aufzugeben.

Produktoffensive zum Jubiläum

Operativ bereitet der Konzern ab 2026 eine große Modelloffensive vor. Zum 140-jährigen Jubiläum der Patentanmeldung des Automobils durch Carl Benz plant Mercedes, in den folgenden drei Jahren mehr als 40 neue Modelle auf den Markt zu bringen. Die nun größere Freiheit bei den Antriebsarten erlaubt es, diese Offensive breiter aufzustellen – von Verbrennern über Hybride bis hin zu vollelektrischen Fahrzeugen.

Besonders profitabel sind für Mercedes traditionell hochpreisige Verbrennermodelle wie die AMG-Reihe. Dass diese länger im Programm bleiben können als ursprünglich vorgesehen, stützt kurzfristig die Marge und erleichtert die Finanzierung des Übergangs in Richtung Elektromobilität. Entscheidend wird sein, wie gut es dem Konzern gelingt, aus dieser gestärkten Ausgangsposition seine E-Quote in den kommenden Jahren deutlich nach oben zu bringen und die Versprechen der Modelloffensive im Markt zu realisieren.

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