Bilanzkorrekturen mitten in den Feiertagen – für Gerresheimer kommt der Eingriff der Aufsicht zur Unzeit. Nach der BaFin-Prüfung muss der Verpackungsspezialist Umsätze und Ergebnisse für 2024 nach unten anpassen, Analysten senken Kursziele, und der Index-Abstieg verstärkt den Druck zusätzlich. Kann das Vertrauen in die Zahlenbasis wiederhergestellt werden?

BaFin greift in Bilanzierung ein

Auslöser der aktuellen Unsicherheit ist die Behandlung sogenannter „Bill-and-Hold“-Geschäfte. Hier wurden Umsätze verbucht, obwohl die Ware physisch noch bei Gerresheimer lag und wirtschaftlich noch nicht vollständig auf den Kunden übergegangen war. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung und die BaFin haben diese Praxis beanstandet.

Das Unternehmen reagiert mit einem klaren Schnitt und stellt die bisherige Bilanzierung ein. Die Folgen für das Geschäftsjahr 2024 sind konkret:

  • Umsätze 2024 werden nach unten korrigiert – Marktberichte sprechen von einem zweistelligen Millionenbetrag, etwa 1 % des Jahresumsatzes.
  • Ergebniskennzahlen wie bereinigtes EBITDA und EPS fallen niedriger aus als ursprünglich ausgewiesen.
  • Umsätze werden künftig erst bei Auslieferung oder strenger IFRS-Erfüllung erfasst.

Das Management betont, dass aus der Korrektur keine zusätzlichen Liquiditätsbelastungen entstehen. An der Börse steht jedoch weniger der Cashflow als die Glaubwürdigkeit der Rechnungslegung im Vordergrund – und hier ist der Schaden klar sichtbar.

Analysten senken Kursziele deutlich

Die Reaktion der Analysten fiel spürbar negativ aus. Die Kombination aus Bilanzkorrektur, vorherigen Gewinnwarnungen und gestiegener Unsicherheit führt zu einer Neubewertung des Chance-Risiko-Profils.

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  • DZ Bank: bleibt bei „Verkaufen“ und senkt den fairen Wert auf 23 Euro. Begründung: Das Vertrauen sei durch die Serie von Gewinnwarnungen und nun die Bilanzkorrektur deutlich angeschlagen.
  • Jefferies: hält zwar an „Buy“ fest, reduziert das Kursziel aber kräftig auf 34,10 Euro.

Damit verschiebt sich der Markt-Konsens klar nach unten. Unsaubere oder zumindest umstrittene Bilanzierungspraktiken werden von Investoren traditionell empfindlich abgestraft, weil sie Zweifel an der Verlässlichkeit der gesamten Unternehmenskommunikation auslösen.

Index-Abstieg verschärft Verkaufsdruck

Zu den bilanziellen Themen kommt ein technischer Faktor: Gerresheimer ist nach schwacher Kursentwicklung aus dem MDAX in den SDAX abgestiegen. Für indexnahe Fonds und ETFs, die den MDAX nachbilden, bedeutet das Zwangsverkäufe – zusätzlicher Angebotsdruck, der fundamental nicht begründet sein muss, aber den Kurs trotzdem belastet.

Charttechnisch präsentiert sich das Bild angeschlagen:

  • Der gestern bei 27,04 Euro geschlossene Kurs liegt weiterhin klar unter dem 200-Tage-Durchschnitt von 42,54 Euro.
  • Auf Sicht von 30 Tagen ergibt sich zwar ein Plus von 8,25 %, seit Jahresanfang summiert sich das Minus jedoch auf 61,48 %.
  • Vom 52-Wochen-Hoch bei 82 Euro ist die Aktie rund 67 % entfernt, der Abstand zum Tief bei 23,50 Euro beträgt dagegen nur gut 15 %.
  • Mit einem 14-Tage-RSI von 17,7 befindet sich der Titel im stark überverkauften Bereich, begleitet von einer erhöhten 30-Tage-Volatilität von 35,28 %.

Der Markt preist damit nicht nur die konkreten Korrekturen ein, sondern auch das Risiko weiterer Anpassungen oder einer ausgeweiteten Prüfung.

Die zentralen Punkte im Überblick

  • Auslöser: BaFin-Intervention wegen „Bill-and-Hold“-Bilanzierung.
  • Finanzielle Effekte: Umsatz- und EBITDA-Kürzung für 2024 im Bereich von rund 1–2 %.
  • Vertrauen: Analysten sehen die Glaubwürdigkeit der Zahlen und Prognosen beschädigt.
  • Bewertung: Kursziele werden teils deutlich gesenkt (Spanne u.a. 23–34,10 Euro).
  • Marktstatus: Starker Rückgang seit Jahresanfang, Abstieg in den SDAX, Kurs weit unter langfristigen Durchschnitten.

Fazit: Vertrauen als Schlüsselfaktor

Die Situation bei Gerresheimer ist ernst, auch wenn die unmittelbaren finanziellen Effekte der Korrektur überschaubar erscheinen. Entscheidend ist der Vertrauensverlust in eine Phase, in der der Kurs bereits stark unter Druck steht und der Index-Abstieg zusätzlichen Verkaufszwang erzeugt.

Für eine echte Stabilisierung muss das Management nun zweierlei liefern: vollständige Transparenz über die betroffenen Geschäftsvorgänge und belastbare operative Ziele für 2025, die auch unter strengeren Bilanzierungsregeln erreichbar wirken. Gelingt dies, könnte der aktuell überverkaufte Zustand mit einem RSI deutlich unter 30 mittelfristig Raum für Erholung bieten – andernfalls bleiben Rückschläge wahrscheinlich, solange Zweifel an der Verlässlichkeit der Zahlen bestehen.

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