Die US-Regierung läutet eine der größten Veränderungen in der Cannabis-Politik seit Jahrzehnten ein – und Tilray reagiert mit einer klaren Expansionsansage. Trotzdem geriet die Aktie zuletzt deutlich unter Druck, nachdem frühe Kursgewinne wieder abverkauft wurden. Was steckt hinter dieser Diskrepanz zwischen politischem Rückenwind und schwächerem Kursverlauf?

US-Neuregelung: Meilenstein, aber kein Sofort-Effekt

Am 18. Dezember unterzeichnete Präsident Trump eine Executive Order, die die Neu-Einstufung von Cannabis auf Bundesebene anstößt. Die Drogenbehörde DEA und das Justizministerium sollen Marihuana von Schedule I (strengste Kategorie, u.a. wie Heroin) in Schedule III hochstufen, wo etwa Steroide und Testosteron eingeordnet sind.

Diese Umstufung kann nach vollständiger Umsetzung:

  • den Zugang zu Bankdienstleistungen erleichtern,
  • die Steuerlast über die Abschwächung von IRS-Paragraf 280E reduzieren,
  • den Einstieg institutioneller Investoren in Cannabiswerte begünstigen.

Zunächst sorgte die Nachricht für kräftige Kursgewinne im Cannabis-Sektor. Tilray war bereits am 12. Dezember angesprungen, als erste Berichte über die bevorstehende Executive Order kursierten.

Am Folgetag nach der Unterzeichnung setzte jedoch Ernüchterung ein. Die Tilray-Aktie verlor am Freitag rund 9,6 %, zeitweise bis auf 11,00 US-Dollar, und schloss bei 11,16 US-Dollar. Das Handelsvolumen schnellte auf 22,34 Millionen Stück nach oben und lag damit etwa 263 % über dem 65-Tage-Durchschnitt von 11,26 Millionen Aktien.

Der Rücksetzer spiegelt die Einschätzung wider, dass der Erlass zwar einen Prozess anstößt, aber keine sofortigen wirtschaftlichen Effekte bringt. Regulatorische Detailarbeit durch DEA und DOJ, mögliche Vorgaben der FDA sowie eventuelle gesetzgeberische Schritte im Kongress dürften sich über Monate bis Jahre hinziehen, bevor sich spürbare Entlastungen in den Bilanzen der Unternehmen zeigen.

Tilray Medical USA: Vorbereitung auf den US-Markt

Neue US-Tochter für medizinisches Cannabis

Direkt am Tag der Executive Order kündigte Tilray die Gründung von Tilray Medical USA, Inc. an. Mit der neuen Gesellschaft signalisiert das Unternehmen, sich frühzeitig für ein breiteres medizinisches Cannabisgeschäft in den USA zu positionieren, falls sich die regulatorischen Hürden tatsächlich lockern.

CEO Irwin D. Simon begrüßte die Entscheidung der Regierung und bezeichnete die Neu-Einstufung als „konstruktive und notwendige Weiterentwicklung“ der US-Bundespolitik. Aus seiner Sicht bringt sie die Regulierung näher an die vorhandenen wissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit von medizinischem Cannabis heran.

Globale Erfahrung als Basis

Tilray verweist in diesem Zusammenhang auf seine internationale Erfahrung im Medizinalcannabis-Geschäft. Das Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben über:

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  • mehr als 200 registrierte medizinische Cannabisprodukte in verschiedenen Märkten,
  • über 500.000 registrierte Patienten weltweit,
  • mehr als 15 klinische Studien in Kooperation mit führenden Krankenhäusern,
  • operative Präsenz in über 20 Ländern, darunter Kanada, mehrere europäische Staaten, Australien und Länder in Lateinamerika.

Die klinische Forschung deckt ein breites Spektrum an Indikationen ab, darunter kindliche Epilepsie, durch Krebsbehandlung ausgelöste Übelkeit, PTSD, chronische Schmerzen, Angststörungen und Alkoholgebrauchsstörungen.

Analystenreaktionen und Bewertung

Unterschiedliche Einschätzungen an der Wall Street

Die Expertenlandschaft zeigt ein gemischtes Bild zur kurzfristigen Perspektive der Aktie. In den Tagen rund um die Executive Order und die Tilray-Ankündigungen kam es zu mehreren Anpassungen:

  • Bernstein erhöhte das Kursziel deutlich von 1 auf 10 US-Dollar und bestätigte eine Hold-Einstufung.
  • Jefferies stufte die Aktie auf Buy hoch und hob das Kursziel von 15 auf 20 US-Dollar an.
  • ATB Capital Markets verbesserte das Rating bereits am 10. Dezember von Strong Sell auf Hold.
  • Weiss Ratings blieb hingegen bei einer Sell-Einschätzung.

Der Konsens liegt damit bei „Halten“ mit einem durchschnittlichen Kursziel von 20 US-Dollar. Tilray bringt es aktuell auf eine Marktkapitalisierung von rund 1,25 Milliarden US-Dollar. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist negativ, was die anhaltenden Profitabilitätsprobleme widerspiegelt.

Institutionelle Investoren erhöhen Engagement

Im dritten Quartal haben mehrere institutionelle Investoren ihre Positionen ausgebaut:

  • Das Arizona State Retirement System erhöhte seinen Bestand um 4,3 % auf 307.193 Aktien.
  • Integrated Wealth Concepts LLC stockte um 33,8 % auf.
  • Brighton Jones LLC weitete seinen Anteil um 28,3 % aus.

Insgesamt halten institutionelle Investoren und Hedgefonds etwa 9,35 % der ausstehenden Aktien von Tilray.

Einordnung und Ausblick

Die jüngsten Kursbewegungen zeigen, wie stark Tilray zwischen politischem Rückenwind und operativer Realität schwankt. Einerseits schafft die geplante Neu-Einstufung von Cannabis auf Bundesebene strukturelle Perspektiven, insbesondere bei Steuern, Finanzierung und institutioneller Nachfrage. Andererseits handelt es sich um einen mehrstufigen, langwierigen Prozess, während Tilray weiterhin vor der Herausforderung steht, den Sprung in eine nachhaltige Profitabilität zu schaffen.

Kurzfristig dürften daher Nachrichten zum Fortschritt der US-Regulierung und zu konkreten Geschäftsinitiativen von Tilray Medical USA den Takt für die Aktie vorgeben. Langfristig wird entscheidend sein, in welchem Tempo regulatorische Entlastungen tatsächlich wirksam werden und wie konsequent das Unternehmen seine internationale medizinische Plattform in profitables Wachstum ummünzt.

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