Intel versucht, sich mit Macht im KI-Chipgeschäft zu positionieren – und gerät gleichzeitig juristisch unter Druck. Eine mögliche Milliardenübernahme, Governance-Fragen rund um den CEO und eine Sammelklage mit politischer Sprengkraft sorgen für ein komplexes Bild. Wie belastbar ist die aktuelle Erfolgsstory des Chipkonzerns?

KI-Zukauf mit Konfliktpotenzial

Im Zentrum steht Intels Vorstoß ins Geschäft mit spezialisierten KI-Chips. Der Konzern hat eine unverbindliche Absichtserklärung zur Übernahme von SambaNova Systems unterzeichnet, einem auf Hochleistungs-KI-Chips für Inferenz spezialisierten Startup. SambaNova wurde zuletzt mit rund 5 Milliarden US-Dollar bewertet und hat etwa 1,14 Milliarden US-Dollar von Investoren wie SoftBank und Google Ventures eingesammelt.

Strategisch zielt der Deal klar auf die Stärkung des Datacenter- und KI-Geschäfts – und damit auf eine direkte Antwort auf die Dominanz von NVIDIA. Intel versucht, seinen Rückstand bei spezialisierten KI-Beschleunigern durch externe Technologie zu verkürzen, statt alles intern zu entwickeln.

Brisant ist allerdings die Governance-Seite: Intel-CEO Lip-Bu Tan ist zugleich Chairman von SambaNova. Dieser Doppelhut wirft Fragen nach möglichen Interessenkonflikten auf, die nach Angaben des Artikels bereits von Reuters genauer unter die Lupe genommen werden. Da es sich bisher nur um ein unverbindliches Term Sheet handelt, ist der Abschluss des Deals offen – der Due-Diligence-Prozess und die Bewertung der Interessenkonflikte werden entscheidend sein.

Sammelklage wegen Rüstungseinsatz – Reputationsrisiko steigt

Parallel dazu muss Intel sich mit einer schwerwiegenden rechtlichen Front auseinandersetzen. Am 10. Dezember wurde in Texas eine Sammelklage im Namen ukrainischer Zivilisten gegen Intel, AMD und Texas Instruments eingereicht.

Der Vorwurf: Die Unternehmen hätten es versäumt, zu verhindern, dass ihre sogenannten Dual-Use-Chips – also Bauteile mit ziviler und militärischer Nutzung – in russischer Rüstungstechnik landen. Genannt werden insbesondere iranische Drohnen sowie russische KH‑101- und Iskander-Raketen, die zwischen 2023 und 2025 bei Angriffen eingesetzt worden sein sollen. Die Klage unterstellt den Konzernen „willentliche Ignoranz“ gegenüber Risiken in der Vertriebskette und bei Dritt-Händlern.

Intel verweist dem Bericht zufolge auf strikte Einhaltung der Sanktionen. Dennoch droht dem Unternehmen ein erheblicher Reputationsschaden, sollten Gerichte oder Öffentlichkeit den Eindruck gewinnen, dass Kontrollen in der Lieferkette nicht ausgereicht haben. Für einen Konzern, der stark von Regierungsaufträgen und politischer Unterstützung abhängt, ist das mehr als nur ein PR-Problem.

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Positiver fiel dagegen eine Nachricht aus Europa aus: Das EU-Gericht bestätigte zwar eine frühere Kartellentscheidung, senkte aber die zugehörige Geldbuße um rund 140 Millionen Euro auf etwa 237 Millionen Euro. Damit bleibt die Strafe spürbar, fällt aber deutlich geringer aus als ursprünglich.

Bewertung, Wettbewerb und strategischer Kontext

Der Kurs von Intel hat sich in den vergangenen Monaten sehr stark erholt. In Euro gerechnet liegt die Aktie aktuell bei 34,19 Euro, was einem Plus von knapp 74 % seit Jahresanfang entspricht – sie notiert damit klar über ihren 50- und 200-Tage-Durchschnitten und spiegelt eine ausgeprägte Neubewertung wider.

Getrieben wurde diese Rally laut Vorlage vor allem durch einen 5-Milliarden-Dollar-Investmentdeal mit NVIDIA im September 2025 sowie umfangreiche Förderungen der US-Regierung. Politische Unterstützung und Partnerschaften mit Branchengrößen haben das Vertrauen in die langfristige Rolle von Intel in der globalen Chipindustrie gestärkt.

Allerdings bringt der Kursanstieg auch eine anspruchsvolle Bewertung mit sich. Laut Text liegt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis bei rund 57 – ein Niveau, das für einen etablierten Halbleiterkonzern nur schwer zu rechtfertigen ist, wenn die Umsetzung der KI- und Foundry-Strategie nicht nahezu reibungslos gelingt.

Hinzu kommt: Das geplante SambaNova-Engagement steht im Schatten eines verpassten Deals. Berichten zufolge hatte Meta Platforms Intel beim Bieterwettstreit um das KI-Startup Rivos mit einem Angebot von 4 Milliarden US-Dollar ausgestochen. Für den Markt zeigt sich damit ein Muster: Intel will mit Übernahmen aufholen, steht aber sowohl bei den Zielunternehmen als auch unter regulatorischer und Governance-Beobachtung.

Parallel baut der Konzern seine internationale Fertigungsbasis aus. Jüngst wurde die Kooperation mit Tata Electronics in Indien vertieft, um dort die Halbleiterproduktion auszubauen. Das passt zur übergeordneten Strategie, Standorte außerhalb Chinas zu stärken und von staatlichen Förderprogrammen zu profitieren.

Ausblick: Viele Chancen, enge Spielräume

In den kommenden Wochen wird vor allem der Fortgang der SambaNova-Transaktion im Mittelpunkt stehen. Entscheidend sind dabei drei Punkte: das Ergebnis der Due Diligence, die Bewertung der Interessenkonflikte rund um CEO Lip-Bu Tan und die Frage, ob die Technologie von SambaNova kurzfristig in Intels Rechenzentrumsstrategie integrierbar ist. Parallel dürfte die Sammelklage in Texas genauer analysiert werden, da sie potenzielle finanzielle und politische Folgen für Intel und die gesamte Branche haben kann.

Auf Bewertungsebene bedeutet die Kombination aus hoher Kurssteigerung, ambitioniertem KGV und gleichzeitig wachsenden rechtlichen und Governance-Risiken, dass der Spielraum für Enttäuschungen begrenzt ist. Um die aktuelle Bewertung zu rechtfertigen, wird Intel in den kommenden Quartalen konkrete Fortschritte bei Umsatz und Ertrag aus dem KI- und Foundry-Geschäft liefern müssen – insbesondere über neue Deals wie SambaNova hinaus.

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