Healwell AI Aktie: Balanceakt geglückt?

Healwell AI hat im dritten Quartal 2025 ein regelrechtes Feuerwerk abgebrannt – und wurde von Analysten trotzdem gnadenlos abgestraft. Rekorderlöse, starkes Wachstum, profitable Geschäftsbereiche: Die Zahlen könnten kaum besser sein. Doch statt Jubel gab es einen Kurssturz von 12 Prozent binnen weniger Tage. Neun Analysten zückten gleichzeitig den Rotstift und strichen ihre Prognosen massiv zusammen. Was ist da los bei der kanadischen KI-Healthcare-Firma?

Explosivstes Wachstum – und trotzdem skeptisch

Healwell AI legte am 6. November Zahlen vor, die aufhorchen lassen: Der Umsatz aus dem fortgeführten Geschäft explodierte im Jahresvergleich um 354 Prozent auf 30,4 Millionen kanadische Dollar. Verantwortlich dafür war vor allem die Integration der kürzlich übernommenen Orion Health. Die Healthcare-Software-Sparte wuchs um sagenhafte 408 Prozent, während das KI- und Datengeschäft um solide 79 Prozent zulegte.

Auch bei der Profitabilität gibt es Fortschritte: Das bereinigte EBITDA drehte zum zweiten Mal in Folge ins Plus – mit 0,7 Millionen Dollar, nach einem Verlust von 2,8 Millionen im Vorjahresquartal. Der Bruttogewinn kletterte um 330 Prozent auf 16,5 Millionen Dollar. So weit, so gut.

Radikaler Umbau macht aus Healwell eine reine KI-Company

Parallel zu den starken Zahlen vollzog Healwell AI einen fundamentalen Umbau. Am 1. November veräußerte das Unternehmen seine Kliniken an WELL Health und verkaufte zudem seine Mehrheitsbeteiligung an Mutuo Health Solutions für 8,2 Millionen Dollar. Insgesamt flossen rund 9,4 Millionen Dollar Cash in die Kasse. Außerdem ging Healwell ein 50/50-Joint-Venture mit WELL Health ein.

Das Ergebnis: Healwell ist jetzt ein reiner KI- und SaaS-Anbieter für das Gesundheitswesen – mit einem prognostizierten Jahresumsatz von etwa 120 Millionen Dollar und operativer Profitabilität auf EBITDA-Basis. Auf dem Papier ein klarer strategischer Fortschritt, der das Unternehmen auf große Enterprise-Kunden weltweit fokussiert.

Analysten streichen die Segel – Umsatzprognosen fallen brutal

Und hier kommt das große „Aber": Trotz dieser vermeintlich positiven Transformation reagierte die Analystengemeinde mit scharfer Zurückhaltung. Neun Analysten senkten ihre Umsatzprognose für 2026 von zuvor 183,8 Millionen auf nur noch 143,1 Millionen kanadische Dollar – ein Minus von 22 Prozent.

Die Botschaft ist eindeutig: Die Analysten trauen Healwell nicht zu, das explosive Wachstum der letzten Monate auch nur ansatzweise zu wiederholen. Der Grund liegt auf der Hand: Gesundheitstechnologie braucht Zeit. Verkaufszyklen im Healthcare-Bereich sind notorisch lang – regulatorische Hürden, Compliance-Anforderungen und langwierige Verhandlungen ziehen sich oft über Monate. Selbst mit klinisch erprobten Lösungen wie der DARWEN™-Plattform zur Früherkennung von Krankheiten ist der Weg zum Umsatz steinig.

Kursziel bleibt – aber die Skepsis sitzt tief

Interessanterweise hielten die Analysten ihr durchschnittliches Kursziel trotz der reduzierten Prognosen bei 3,41 kanadischen Dollar – das wären von aktuell rund 0,80 Dollar mehr als 300 Prozent Aufwärtspotenzial. Die Spanne reicht von 2,50 bis 5,00 Dollar. Das deutet darauf hin, dass die Analysten die Schwäche als vorübergehend betrachten – aber kurzfristig eben kein Vertrauen in die Dynamik haben.

Selbst mit den gestutzten Erwartungen liegt das prognostizierte Wachstum bei 49 Prozent jährlich bis 2026 – weit über dem Branchendurchschnitt von 11 Prozent. Doch am Markt zählt aktuell nur eines: Die Unsicherheit darüber, ob Healwell seine ambitionierten Ziele tatsächlich erreichen kann. Und genau diese Zweifel drücken die Aktie massiv.