Vier Gewinnwarnungen in zwölf Monaten, ein CEO-Wechsel im Hauruck-Verfahren und eine BaFin-Untersuchung wegen dubioser Umsatzverbuchungen – die Gerresheimer AG bietet aktuell ein Bild des Schreckens. Der MDAX-Konzern, einst Hoffnungsträger im Pharmaverpackungs-Segment, stürzt in eine Krise, die selbst erfahrene Börsianer ratlos macht. Kann ausgerechnet die Rückkehr eines Alt-CEOs die Wende bringen? Oder ist das nur der verzweifelte Versuch, den freien Fall zu stoppen?

Notbremse: Alter Kapitän übernimmt sinkendes Schiff

Ende Oktober folgte der Paukenschlag: Dietmar Siemssen muss gehen. Nach sieben Jahren an der Spitze scheidet der CEO "im gegenseitigen Einvernehmen" aus – eine Formulierung, die jeder Börsianer als Rauswurf zu lesen versteht. Sein Nachfolger: Uwe Röhrhoff, der bereits von 2010 bis 2017 das Ruder führte und nun als Interims-CEO zurückkehrt.

Die Fakten zum Management-Wechsel:

  • Röhrhoff bringt 26 Jahre Gerresheimer-Erfahrung mit
  • Er kennt die internen Strukturen und Herausforderungen aus seiner früheren Amtszeit
  • Der Aufsichtsrat erhofft sich schnelle Stabilisierung durch einen Branchenkenner
  • Eine dauerhafte Nachfolgelösung steht noch nicht fest

Analysten schlagen Alarm: Kursziele im freien Fall

Parallel zum Führungschaos kam die Bankenseite mit der Abrissbirne. Barclays kappte Mitte Oktober das Kursziel von 64 auf 23 Euro – ein Absturz um 64 Prozent! Die Einstufung rutschte von "Overweight" auf "Equalweight". UBS zog nach und senkte das Kursziel von 75 auf 29 Euro, gleichzeitig fiel die Empfehlung von "Buy" auf "Neutral".

Der Grund für die drastischen Schnitte: strukturelle Probleme im Geschäftsmodell. Etwa 30 Prozent des Umsatzes stammen aus Formglas-Flaschen für Wein, Spirituosen und Parfüm – Märkte mit mickrigen 2-3 Prozent Volumenwachstum. Die bereinigte EBITDA-Marge sank auf 18,5 bis 19 Prozent, nachdem man noch mit rund 20 Prozent gerechnet hatte. Beim organischen Umsatzwachstum erwartet Gerresheimer nun minus 2 bis minus 4 Prozent statt der erhofften leichten Zuwächse.

BaFin ermittelt: Umsatz-Trickserei?

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Als wäre das Desaster nicht schon komplett genug, ermittelt auch noch die BaFin. Im Fokus: die Verbuchung von Umsätzen im Geschäftsjahr 2024. Eine externe Anwaltskanzlei kam bei einem 3-Millionen-Euro-Vertrag zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Umsatzrealisierung nicht erfüllt waren. Weitere "Bill-and-Hold"-Vereinbarungen werden derzeit durchleuchtet – Verträge also, bei denen Waren verkauft, aber nicht ausgeliefert werden.

Das nährt Zweifel an der Solidität der Zahlenwerke. Für einen Konzern, der ohnehin mit massiven Prognoseverfehlungen kämpft, ist das Gift.

Leerverkäufer riechen Blut

Die Situation lockt Spekulanten an: Mit 8,4 Prozent Short-Interest gehört Gerresheimer zu den am stärksten leerverkauften Titeln in Europa. Hedgefonds wetten also massiv auf weiter fallende Kurse. Die Aktie hat seit Jahresbeginn rund zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt und dümpelt am MDAX-Ende vor sich hin. Der RSI von 17,7 signalisiert zwar eine technische Überverkauftheit – doch in einem derartigen Abwärtstrend ist das kein verlässliches Kaufsignal.

Hoffnungsschimmer oder Strohfeuer?

Immerhin: Mit der Übernahme von Bormioli Pharma für 371 Millionen Euro Ende 2024 stärkt Gerresheimer seine Position als Vollsortimenter für Pharma-Primärverpackungen. UBS sieht Potenzial in einem möglichen Verkauf des schwächelnden Formglas-Bereichs zur Entschuldung. Doch wann und zu welchem Preis das gelingen könnte, steht in den Sternen.

Am 26. Februar wird Interims-CEO Röhrhoff die neue Guidance vorlegen müssen. Dann zeigt sich, ob der erfahrene Manager mehr als ein Platzhalter ist – oder ob Gerresheimer auf eine längere Durststrecke zusteuert. Anleger sollten sich warm anziehen.

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