Mit dem Closing der Übernahme durch ADNOC geht für Covestro die Zeit als eigenständiger DAX-Konzern zu Ende. Der Kaufpreis steht, die regulatorischen Hürden sind genommen – aber nicht ohne klare Auflagen aus Brüssel. Wie stark begrenzen diese Bedingungen den Spielraum des neuen Eigentümers?

Übernahme vollzogen, Kurs stabilisiert

Die ADNOC-Tochter XRG hat die Übernahme von Covestro abgeschlossen. Auslöser der offiziellen Meldung war die Eintragung einer Kapitalerhöhung um 1,17 Milliarden Euro, die dem Unternehmen zusätzliche Mittel für seine „Sustainable Future“-Strategie sichert.

Für die Aktionäre, die das Angebot angenommen haben, bedeutet das: Die vereinbarten 62 Euro je Aktie werden in Kürze ausgezahlt. Im Handel gestern lag der Kurs mit 59,58 Euro nur leicht darunter. Damit bewegt sich die Notierung in der Nähe des 52‑Wochen-Hochs von 60,74 Euro und liegt seit Jahresanfang rund 6,7 % im Plus – im Wesentlichen eingependelt auf dem Niveau des Übernahmeangebots.

Auffällig ist dabei der technische Hintergrund: Der RSI auf 14‑Tage-Basis liegt mit 30,3 bereits im unteren Bereich, während der Kurs fast exakt auf den gleitenden Durchschnitten der vergangenen 50, 100 und 200 Tage notiert. Die Aktie hat sich also in eine enge Seitwärtszone rund um das Angebot von ADNOC eingeschwenkt.

Wichtige Fakten im Überblick:

  • Kaufpreis: 62 Euro je Aktie, rund 54 % Prämie auf den unbeeinflussten Kurs vor den ersten Übernahmegerüchten
  • Transaktionsvolumen: 11,7 Milliarden Euro
  • Frische Mittel: 1,17 Milliarden Euro Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Strategie „Sustainable Future“
  • ADNOC-Beteiligung: über 90 % der Anteile über die Tochter XRG

EU-Auflagen: Genehmigung mit Bedingungen

Besonderes Augenmerk liegt auf der kartell- und beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission. Die Freigabe der Transaktion im Rahmen der Foreign Subsidies Regulation (FSR) am 14. November 2025 erfolgte nicht vorbehaltlos, sondern unter klar definierten Auflagen („Remedies“).

Konkret musste ADNOC zwei wesentliche Bedingungen akzeptieren:

Sollten Anleger sofort verkaufen? Oder lohnt sich doch der Einstieg bei Covestro?

  1. Anpassung der Satzung
    Die Governance-Strukturen werden so angepasst, dass der Einfluss von Subventionen aus Drittstaaten auf das operative Geschäft im EU-Binnenmarkt begrenzt wird. Ziel ist es, Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich gestützte Konzerne zu vermeiden.

  2. Patent-Zugang für Wettbewerber
    ADNOC verpflichtet sich, bestimmten Wettbewerbern Zugang zu ausgewählten Patenten zu gewähren. Damit soll eine Monopolisierung in Nischenbereichen der Spezialchemie verhindert werden, in denen Covestro technologisch stark positioniert ist.

Diese „Conditional Approval“ macht deutlich, wie konsequent Brüssel staatlich gestützte Übernahmen inzwischen kontrolliert. Die Integration von Covestro in die neu formierte XRG-Einheit von ADNOC soll das Geschäft mit nachhaltigen Performance-Materialien ausbauen, wird aber anders überwacht als klassische M&A-Transaktionen rein privatwirtschaftlicher Käufer.

Historischer Einschnitt und nächste Schritte

Mit dem Vollzug verschwindet ein prominenter Vertreter der deutschen Chemieindustrie faktisch aus dem DAX-Universum. Für die Anleger endet damit eine lange, von Zyklen und Übernahmefantasie geprägte Phase seit dem Spin-off von Bayer. Die Mehrheit der Analysten wertet den Übernahmepreis angesichts der strukturellen Schwäche des europäischen Chemiesektors als sachgerechten Exit.

Auf operativer Ebene soll Covestro unter dem Dach von ADNOC und XRG zu einem führenden Anbieter nachhaltiger Hochleistungsmaterialien ausgebaut werden. Die EU-Auflagen zeigen allerdings, dass dieser Weg unter enger regulatorischer Beobachtung steht und der Spielraum bei Technologie- und Kapitalnutzung klar umrissen ist.

Für den Kapitalmarkt rücken nun die formalen Folgeschritte in den Vordergrund:

  • Delisting
    Ein Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung wird zeitnah erwartet. Damit würde der Handel im regulierten Markt beendet.

  • Squeeze-Out
    Bei einer Beteiligung von über 90 % ist ein aktienrechtlicher Squeeze-Out der verbliebenen Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung das wahrscheinlichste Szenario für 2026.

Fazit: Covestro vor dem Börsenabgang

Die Übernahme durch ADNOC ist vollzogen, der Kurs weitgehend an den Angebotspreis angekoppelt und die EU-Auflagen setzen klare Rahmenbedingungen für die künftige Steuerung des Unternehmens. Für klassische Anleger spielt die Aktie damit nur noch eine Nebenrolle: Der Free Float ist stark ausgedünnt, die Notierung eng an die erwartete Abfindung gekoppelt. Mit einem Delisting-Antrag und einem möglichen Squeeze-Out im Jahr 2026 steht der endgültige Abschied vom regulierten Markt bereits erkennbar auf der Agenda.

Covestro-Aktie: Kaufen oder verkaufen?! Neue Covestro-Analyse vom 18. Dezember liefert die Antwort:

Die neusten Covestro-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Covestro-Aktionäre. Lohnt sich ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen? In der aktuellen Gratis-Analyse vom 18. Dezember erfahren Sie was jetzt zu tun ist.

Covestro: Kaufen oder verkaufen? Hier weiterlesen...