Liebe Leserinnen und Leser,

wer heute den Puls der „Deutschland AG" fühlen will, braucht starke Nerven – oder einen guten Kardiologen. Wir erleben an diesem Mittwoch keine einheitliche Konjunktur mehr, sondern eine ökonomische Spaltung, die brutaler kaum sein könnte.

Während im Münchner Nordwesten die Sektkorken knallen, herrscht auf der Ostalb Katerstimmung – und das ganz ohne Party am Vorabend. Hier der globale Rausch, dort der nationale Rotstift. Bevor wir uns dem großen geldpolitischen Ereignis des Abends widmen, müssen wir diese industrielle Schizophrenie verstehen. Denn sie sagt mehr über den Zustand unseres Standorts aus als jeder Ifo-Index.

Die zwei Gesichter der Industrie

Der Kontrast der Woche lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Wer global skaliert, gewinnt. Wer im deutschen Standort-Korsett steckt, verliert.

Auf der Sonnenseite steht Siemens Energy. Die Aktie ist der unangefochtene Star im DAX, notiert aktuell bei rund 118 Euro und blickt auf ein Jahresplus von etwa 130 Prozent. Das Faszinierende daran: Der jüngste Impuls kommt gar nicht aus der Zentrale in München, sondern aus den USA. Der Rivale GE Vernova hat auf seinem Investorentag die Dividende verdoppelt und massive Aktienrückkäufe angekündigt.

Die Logik der Anleger ist so simpel wie bestechlich: Wenn der amerikanische Wettbewerber im Sektor der Energiewende so viel Geld verdient, dass er es ausschütten kann, dann ist der gesamte Markt gesund. Analysten von Goldman Sachs bis Bank of America sehen die US-Entwicklung als Blaupause für Siemens Energy. Es ist die Geschichte einer geglückten Wende, getrieben von globaler Nachfrage.

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Genau zu diesem Thema der globalen Tech-Gewinner hat Chefanalyst Carsten Müller eine bemerkenswerte Strategie entwickelt, die er erstmals öffentlich macht. In seinem kostenlosen Webinar „Projekt Future Money" zeigt er 20 handverlesene Zukunftsaktien, die das Potenzial haben, zu den nächsten Microsofts, Apples oder NVIDIAs zu werden – jede mit der Chance auf rund 517 Prozent Gewinn bis 2026. Seine bisherigen Empfehlungen sprechen für sich: Palantir mit +1.186%, Rocket Lab mit +1.019%, AST SpaceMobile mit +1.604%. Sie erfahren konkret, wie Müller nach seiner dreistufigen Formel aus Technologie, Traction und Trigger die Gewinner von morgen identifiziert, bevor sie durchstarten. Das NextGen-20-Depot steht bereits bei über 400% Gesamtperformance – aus 20.000 Euro wären 100.000 Euro geworden. Zugang zum kostenlosen Webinar und allen 20 Zukunftsaktien

Doch nur wenige Kilometer weiter auf der Landkarte der deutschen Industriegeschichte sieht die Welt düster aus. Der Traditionskonzern Voith aus Heidenheim hat gestern einen massiven Einschnitt angekündigt. Bis zu 2.500 Jobs stehen auf der Kippe – jeder zehnte Arbeitsplatz weltweit.

Die Begründung von Voith-Chef Dirk Hoke im SWR-Interview sollte in Berlin für Schnappatmung sorgen. Es mangelt nicht an Aufträgen. Es mangelt an Wettbewerbsfähigkeit. Hoke nennt das Kind beim Namen: Zu viel Bürokratie, zu hohe Kosten, ein ungünstiges Verhältnis von direkten zu indirekten Mitarbeitern. Wenn ein im Kern gesundes Familienunternehmen (Ziel: 10 Milliarden Umsatz bis 2030) feststellt, dass sich Produktion hierzulande kaum noch rechnet, ist das ein Alarmsignal erster Güte. Während Siemens Energy die Wellen des Weltmarktes reitet, droht der klassische Mittelstand an den Klippen des Standorts Deutschland zu zerschellen.

Das große Warten auf 20:00 Uhr

Während die Industrie ihre Wunden leckt oder Rekorde feiert, hält der Finanzmarkt den Atem an. Der DAX notiert heute Mittag bei rund 24.100 Punkten leicht im Plus, doch die Umsätze sind dünn. Alles wartet auf Washington.

Heute Abend um 20:00 Uhr MEZ wird Jerome Powell die Karten auf den Tisch legen. Die Märkte haben eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 3,50 bis 3,75 Prozent fest eingepreist – die Wahrscheinlichkeit liegt bei satten 87 Prozent. Es wäre der dritte Schritt nach unten in diesem Jahr.

Warum dann die Nervosität? Weil der Zinsschritt selbst Schnee von gestern ist. Das eigentliche Drama spielt sich im sogenannten „Dot Plot" ab – der Punktprognose der Notenbanker für die Zukunft. Die Inflation klebt hartnäckig bei 2,8 Prozent, während der Arbeitsmarkt erste Risse zeigt. Die Gretchenfrage, die Powell heute beantworten muss, lautet: Wie aggressiv wird 2026 gesenkt? Sollte die Fed aus Angst vor einer inflationären Politik der kommenden Trump-Administration auf die Bremse treten, könnte der jüngsten DAX-Rallye schnell die Luft ausgehen.

Krypto: Ist der Zyklus tot?

Auch die digitalen Assets verharren in Lauerstellung. Der Bitcoin pendelt heute Mittag um die 93.000 US-Dollar. Doch im Hintergrund verschiebt sich gerade das Narrativ gewaltig.

Changpeng Zhao („CZ"), der Gründer von Binance, hat eine steile These in den Raum gestellt: Der traditionelle 4-Jahres-Zyklus des Bitcoin sei „tot". Wir befänden uns stattdessen in einem „Supercycle". Die Logik: Der Markt wird nicht mehr von Retail-Anlegern und dem „Halving" getrieben, sondern von institutioneller Adoption und Makrofaktoren.

Die Indizien sprechen für ihn: Strive, ein an der Nasdaq gelisteter Assetmanager, hat ein 500-Millionen-Dollar-Programm aufgelegt, um Bitcoin zu kaufen. Michael Saylor tourt derweil durch den Nahen Osten, um Staatsfonds von seiner Bitcoin-Strategie zu überzeugen. Wenn Staatsfonds und börsennotierte Konzerne kaufen, gelten die alten Gesetze der Kleinanleger womöglich tatsächlich nicht mehr. Cathie Wood von ARK Invest ruft langfristig gar 1,5 Millionen Dollar als Ziel aus. Kurzfristig gilt jedoch: Was die Fed heute Abend macht, bewegt auch den Bitcoin.

Kurznachrichten aus dem Handelsraum

  • Brüsseler Rabatt für Intel: Ein seltener Sieg für den US-Chipriesen, der aktuell jeden Cent gut gebrauchen kann. Das Gericht der EU hat die Kartellstrafe gegen Intel deutlich reduziert – von 376 auf rund 237 Millionen Euro. Zwar geht es um Vorwürfe aus den Jahren 2002 bis 2006, doch das Urteil ist ein Warnschuss an die EU-Kommission: Ihre Strafen sind nicht unantastbar.
  • Bayer lebt noch: Totgesagte leben bekanntlich länger. Die Bayer-Aktie kletterte auf ein neues Zwölf-Monats-Hoch über 36 Euro. JPMorgan hat das Kursziel kurzerhand verdoppelt. Der Treibstoff für diese Fantasie: Die Hoffnung, dass Signale der US-Regierung die Rechtsrisiken beim Dauerthema Glyphosat verringern könnten. Ein riskantes Spiel, aber derzeit eines der lukrativsten im DAX.
  • Bulli ohne Fahrer: VW mag in der Krise stecken, aber die Ingenieure träumen weiter. Die Tochter Moia bringt den selbstfahrenden ID. Buzz nach Oslo. Ab 2026 soll er dort rollen. Ein technologischer Lichtblick in ansonsten trüben Wolfsburger Tagen.

Das Fazit

Dieser Mittwoch führt uns die Fragilität des aktuellen Aufschwungs vor Augen. Wir haben Aktien auf Rekordhoch, getrieben von globaler Fantasie (Siemens Energy), und wir haben die harte Realität des Standorts (Voith). Die Brücke zwischen diesen Welten ist das billige Geld, auf das alle hoffen.

Heute Abend wissen wir, ob Jerome Powell diese Brücke stärkt oder ob er Risse im Fundament sieht. Bis dahin heißt es: Füße stillhalten.

Ich wünsche Ihnen einen erkenntnisreichen Nachmittag und ein glückliches Händchen.

Herzlichst,

Ihr

Eduard Altmann