Ein großer Rahmenvertrag mit Rheinmetall und Fortschritte im wichtigen PEGASUS-Programm unterstreichen die strategische Rolle von Hensoldt im europäischen Verteidigungssektor. Gleichzeitig hat das Management mit einer verhaltenen Mittelfrist-Guidance für 2026 Erwartungen gekappt – mit spürbaren Folgen für den Kurs. Wie passt das zusammen: starke Auftragslage, aber skeptischer Blick auf die nächsten Jahre?

Strategischer Rheinmetall-Deal als Rückenwind

Vergangene Woche hat Hensoldt einen langfristigen Rahmenvertrag mit Rheinmetall Air Defence AG geschlossen. Im Zentrum stehen Radarsysteme aus der SPEXER-2000-Familie, die künftig Kernkomponenten in bodengestützten Luftverteidigungssystemen von Rheinmetall werden.

Die Eckpunkte des Vertrags:

  • Laufzeit: gültig bis in die 2030er Jahre
  • Volumen: potenziell hoher dreistelliger Millionenbereich
  • Einsatz: u.a. im Skyranger-30-Luftverteidigungssystem und im HoWiSM-Drohnenabwehrsystem
  • Besteller: mehrere Gesellschaften der Rheinmetall-Gruppe sind bestellberechtigt

Der Abschluss fällt in eine Phase, in der die Bedrohung durch Drohnen die Verteidigungsprioritäten vieler Staaten verschiebt. Überflüge über Flughäfen und kritische Infrastruktur in Europa erhöhen den Druck, Luftverteidigung und Drohnenabwehr zügig auszubauen. Das laserbasierte HoWiSM-System von Rheinmetall und MBDA, in das Hensoldt-Technik einfließt, soll ab 2029 voll einsatzfähig sein.

Parallel meldet Hensoldt Fortschritte im PEGASUS-Programm (Persistent German Airborne Surveillance System): Anfang Dezember ist das erste Flugzeug aus Wichita (Kansas) in Deutschland gelandet. Bei Lufthansa Technik in Hamburg startet nun die nächste Phase, in der die Maschine für ihre künftige Überwachungsrolle ausgerüstet wird.

Kurs deutlich vom Hoch entfernt

Trotz dieser positiven Nachrichten hat die Aktie in den vergangenen Wochen nachgegeben. Nach einem Allzeithoch im Oktober ist der Titel deutlich zurückgekommen; zuletzt schloss die Aktie bei 71,20 Euro. Damit liegt sie rund 38 % unter dem 52‑Wochen-Hoch von 115,10 Euro, aber immer noch klar über dem Tief von 33,12 Euro aus dem Dezember 2024.

Der Rückgang spiegelt eine Neubewertung der Erwartungen wider. Über zwölf Monate liegt der Kurs zwar noch mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr (Change 12 Monate: +106,14 %, YTD: +110,90 %), kurzfristig überwiegt aber der Druck: Auf Sicht von 30 Tagen beträgt das Minus rund 13,6 %. Charttechnisch notiert die Aktie spürbar unter wichtigen Durchschnitten – etwa knapp 13 % unter dem 50‑Tage-Durchschnitt und fast 17 % unter dem 200‑Tage-Durchschnitt. Der RSI von 68,2 signalisiert dabei ein hohes, aber noch nicht extrem überhitztes Niveau.

Capital Markets Day dämpft 2026-Erwartungen

Auslöser der Korrektur war der Capital Markets Day Anfang November. Dort präsentierte das Management eine Mittelfrist-Guidance für 2026, die klar unter den bisherigen Markterwartungen lag.

Morgan Stanley hob mehrere Punkte kritisch hervor:

  • Umsatzwachstum 2026: rund 10 % statt der vom Markt erwarteten 16 %
  • Cash Conversion: etwa 40 % gegenüber einem Konsens von 50 %
  • Investitionsquote: höhere Capex von 6,2 % des Umsatzes

Damit signalisierte Hensoldt für 2026 ein weiterhin wachsendes Geschäft, aber mit spürbarem Belastungsfaktor durch Investitionen und geringerer Cash-Generierung. Die langfristigen Ziele bis 2030 wurden zwar bestätigt – 6 Milliarden Euro Umsatz und mindestens 20 % bereinigte EBITDA-Marge –, doch der Pfad dorthin wird als „backend loaded“ beschrieben: Das kräftigere Wachstum soll erst ab 2027 einsetzen.

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Für den Markt bedeutet das: Die langfristige Story bleibt intakt, die nächsten ein bis zwei Jahre könnten aber weniger dynamisch verlaufen, als zuvor erhofft.

Operative Dynamik bleibt hoch

Die Neun-Monats-Zahlen 2025 zeichnen ein robustes Bild des laufenden Geschäfts. Hensoldt wächst weiter deutlich und baut den Auftragspolster aus:

  • Auftragseingang: 2.017 Mio. Euro (+8,7 % zum Vorjahr)
  • Auftragsbestand: 7.096 Mio. Euro (Rekordniveau)
  • Umsatz: 1.536 Mio. Euro (+11,5 %)
  • Bereinigtes EBITDA: 211 Mio. Euro (+12,8 %)
  • Bereinigte EBITDA-Marge: 13,7 %

Besonders wichtig: Die Book-to-Bill-Ratio wurde auf 1,6x bis 1,9x angehoben. Das heißt, der Auftragseingang liegt deutlich über dem Umsatz – ein klares Signal für anhaltend hohe Nachfrage, vor allem im europäischen Verteidigungsumfeld. Der Rheinmetall-Rahmenvertrag und Programme wie PEGASUS passen genau in dieses Bild eines gut gefüllten Projektportfolios.

Kapazitätsausbau frisst kurzfristig Marge

Um diese Nachfrage bedienen zu können, stellt Hensoldt die Weichen für einen deutlichen Kapazitätsausbau. Unter dem Programm „Operations 2.0“ sollen die Produktionsmöglichkeiten bis 2030 erheblich erweitert werden.

Geplant sind:

  • neue Standorte, unter anderem in Oberkochen und Wetzlar
  • Ausbau der Radarfertigung für Systeme wie TRML‑4D und SPEXER
  • Investitionsspitze im Jahr 2026, mit anschließender Normalisierung ab 2028

Diese Strategie erklärt die höhere Investitionsquote und die gedämpfte Cash Conversion in der Mittelfrist-Guidance. Kurzfristig belastet der Ausbau die Margen und den freien Cashflow, mittelfristig sollen die größeren Kapazitäten jedoch die Basis für das anvisierte Umsatz- und Ergebnisniveau 2030 legen.

Die Aktionärsstruktur bleibt dabei stabil: Die Bundesrepublik Deutschland hält rund 25,1 %, Leonardo S.p.A. etwa 22,8 %, der Streubesitz liegt bei 52,1 %. Damit bleibt Hensoldt fest im sicherheitspolitischen Umfeld verankert und gleichzeitig breit im Markt platziert.

Fazit: Starke Pipeline, anspruchsvoller Übergang

Unterm Strich treffen bei Hensoldt zwei Entwicklungen aufeinander: operative Stärke mit wachsendem Auftragsbestand, großen Rahmenverträgen und Fortschritten in Schlüsselprogrammen – und eine bewusst vorsichtige Mittelfristplanung, die höhere Investitionen und eine zeitlich nach hinten verlagerte Wachstumsbeschleunigung beinhaltet.

Für die nächsten Quartale wird entscheidend sein, ob das Unternehmen den Kapazitätsausbau im Rahmen von „Operations 2.0“ wie geplant umsetzt und gleichzeitig die Book-to-Bill-Ratio im oberen Zielkorridor hält. Gelingt das, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die ambitionierten 2030-Ziele trotz der aktuell verhaltenen 2026-Guidance erreichbar bleiben.

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