Liebe Leserinnen und Leser,

gestern Abend warteten wir auf eine Zinsentscheidung, die Klarheit bringen sollte. Bekommen haben wir ein Dokument der Zerrissenheit. Wenn Notenbanker sich uneinig sind, werden Märkte nervös – und wenn dann noch der Wachstumsmotor der globalen Tech-Fantasie ins Stottern gerät, entsteht jene toxische Mischung, die wir an diesem Donnerstag erleben.

Der blinde Glaube an den automatischen KI-Boom hat durch die Zahlen von Oracle einen ersten, substanziellen Riss erhalten. Parallel dazu lieferte die US-Notenbank zwar das erwartete "Zins-Geschenk", doch der Beipackzettel enthält Warnhinweise, die an der Wall Street und in Frankfurt für Katerstimmung sorgen.

Mitten in diesem globalen Gemengelage zeigt sich die deutsche Industrie von ihrer extremsten Seite: Während in Duisburg die Öfen kalt werden, feiern in Jena die Aktionäre eine paradoxe Party.

Tauchen wir ein in einen Tag, an dem die einfachen Antworten ausgedient haben.

Der Riss in der KI-Matrix

Lange Zeit galt an der Wall Street das ungeschriebene Gesetz: Investitionen in Künstliche Intelligenz sind sakrosankt, die Gewinne folgen automatisch. Dieses Narrativ wurde in der Nacht brüsk infrage gestellt. Der Auslöser war Oracle. Der Software-Gigant enttäuschte nicht nur mit seinen Prognosen, sondern bestätigte, was Kritiker hinter vorgehaltener Hand schon länger flüstern: Die Monetarisierung der gigantischen Infrastruktur-Investitionen dauert länger als erhofft.

Die Quittung folgte prompt: Die Aktie stürzte nachbörslich um 11 Prozent ab. Die Schockwellen erreichten sofort den wohl sensibelsten Seismographen für Risikoappetit: Bitcoin. Die Kryptowährung rutschte im Handelsverlauf unter die psychologisch wichtige Marke von 90.000 US-Dollar. Über eine halbe Milliarde Dollar an Krypto-Positionen wurden binnen 24 Stunden glattgestellt. Es ist ein klassischer Ansteckungseffekt: Wenn die Tech-Euphorie (Oracle) hustet, bekommt der Krypto-Sektor Grippe.

Der Markt blickt nun angespannt auf heute Abend: Nach Börsenschluss legt Broadcom Zahlen vor. Sollte auch hier der Ausblick wackeln, könnte aus dem Riss im Tech-Sektor ein Graben werden.

Die Fed: Ein Sitzungssaal als Kampfzone

Während die Tech-Welt zittert, versuchte die US-Notenbank gestern Abend, Ruhe auszustrahlen – und erreichte das Gegenteil. Zwar senkte die Fed unter Jerome Powell den Leitzins wie erwartet um 25 Basispunkte auf nun 3,50 bis 3,75 Prozent. Doch der Blick hinter die Kulissen offenbart einen Dissens, der historisch selten ist.

Die Abstimmung endete 9 zu 3. Ein solches Maß an Uneinigkeit gab es lange nicht. Während Stephen Miran einen großen Schritt von 50 Basispunkten forderte, wollten zwei andere Mitglieder (Goolsbee und Schmid) gar keine Senkung. Das Signal ist fatal: Die Währungshüter wissen selbst nicht genau, ob sie die Inflation schon besiegt haben oder ob die Konjunktur kurz vor dem Absturz steht.

Besonders ernüchternd ist der Blick auf den "Dot Plot" für die Zukunft. Für 2026 signalisieren die Währungshüter nur noch eine einzige Zinssenkung. Die Hoffnung auf billiges Geld, die den DAX zuletzt trieb, weicht der Realität: Die Zinsen bleiben "higher for longer". Der deutsche Leitindex reagierte heute entsprechend verschnupft und kämpft um die Marke von 24.160 Punkten.

Deutschland: Abgesang an der Ruhr, Squeeze in Jena

Nirgendwo wird die Schizophrenie der aktuellen Wirtschaftslage deutlicher als beim Blick auf die heimischen Kurszettel. Wir sehen heute zwei völlig unterschiedliche Realitäten.

Die industrielle Realität:
Bei Thyssenkrupp wird der Strukturwandel brutal konkret. Die Tochter "Electrical Steel" kündigte an, Werke in Gelsenkirchen und im französischen Isbergues bis Jahresende stillzulegen. Der Grund ist der "massive Importdruck" aus Asien. Rund 1.200 Arbeitsplätze wackeln. Es ist das bittere Erwachen für eine Branche, die im globalen Preiskampf gegen staatlich subventionierte Konkurrenz zunehmend auf verlorenem Posten steht.

Die Börsen-Realität:
Ein gänzlich anderes Bild bei Carl Zeiss Meditec. Die Aktie schoss heute im MDax zeitweise über 6 Prozent nach oben. Und das, obwohl das Unternehmen die Dividende von 0,60 auf 0,55 Euro kürzte und beim Gewinn Federn lassen musste. Warum der Jubel? Analysten sprechen von einem klassischen "Short Squeeze" – Leerverkäufer wurden auf dem falschen Fuß erwischt, weil die Zahlen schlichtweg "weniger schlecht" waren als befürchtet und der Umsatz mit 2,23 Milliarden Euro leicht über den Erwartungen lag.

Auch Siemens Energy bleibt das Stehaufmännchen des Jahres. Die Aktie hält sich stabil bei rund 123 Euro, getrieben von positiven Nachrichten des US-Konkurrenten GE Vernova. Der Markt selektiert gnadenlos: Zukunftstechnologie wird gekauft, alter Stahl wird abgewickelt.

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Was sonst noch wichtig ist

  • Ölschwemme voraus: Die Internationale Energieagentur (IEA) warnt vor einem massiven Überangebot an Rohöl im Jahr 2026. Der Überschuss könnte gigantische 3,8 Millionen Barrel pro Tag betragen. Für Verbraucher eine gute Nachricht an der Zapfsäule, für die Bilanzen der Ölmultis ein ernstes Warnsignal.
  • Realpolitik kehrt zurück: In Berlin traf CDU-Chef Friedrich Merz heute NATO-Generalsekretär Rutte. Neben der Bekräftigung zur Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen ließ eine Andeutung aufhorchen: Merz signalisierte, dass ein ukrainischer Friedensplan auch "territoriale Zugeständnisse" thematisieren könnte. Der Ton in der Sicherheitspolitik wird pragmatischer – und härter.

Das Fazit

Der heutige Donnerstag lehrt uns Demut vor der Planbarkeit der Märkte. Die Fed fährt auf Sicht und ist sich uneins, die KI-Branche muss nun liefern statt nur zu versprechen, und die deutsche Industrie spaltet sich in Gewinner und Verlierer der Globalisierung.

Für Sie als Anleger bedeutet das: Die Zeiten, in denen eine Flut alle Boote hob, scheinen mit dem gestrigen, zerstrittenen Zinsentscheid vorerst vorbei zu sein. Selektion wird wichtiger als die reine Wette auf den Gesamtmarkt. Achten Sie heute Abend auf Broadcom – die Zahlen könnten den Ton für den Rest der Woche angeben.

Ich wünsche Ihnen einen erkenntnisreichen Donnerstag.

Herzlichst,

Ihr

Eduard Altmann