Wenn Zentralbanken zögern und Hongkong brennt: Die Woche der aufgeschobenen Entscheidungen
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während in Tokio die Zinsdebatte neu entflammt, herrscht in Europas Fabriken Stillstand. Die Bank of Japan signalisiert eine mögliche Zinserhöhung im Dezember – ein bemerkenswerter Kontrast zur Europäischen Zentralbank, die am 18. Dezember ihre Entscheidung verkünden wird, während die Wirtschaftsdaten wenig Anlass zu Optimismus bieten. Und in Hongkong suchen Ermittler noch immer in verkohlten Wohnblocks nach Vermissten, nachdem ein Brand 151 Menschen das Leben kostete und eine politische Krise auslöste.
Drei Geschichten, die auf den ersten Blick wenig verbinden – und doch ein gemeinsames Muster offenbaren: überall werden Entscheidungen getroffen oder aufgeschoben, die weit über den Moment hinaus wirken werden.
Die Yen-Wette: Wenn Tokio hawkish wird
Kazuo Ueda, Gouverneur der Bank of Japan, hat am Montag so deutlich wie selten zuvor eine baldige Zinserhöhung in Aussicht gestellt. Bei der nächsten geldpolitischen Sitzung in zwei Wochen werde man "Vor- und Nachteile" einer Anhebung abwägen, sagte er – und löste damit eine sofortige Reaktion am Devisenmarkt aus. Der Yen gewann 0,5 Prozent gegenüber dem Dollar und notierte bei 155,41.
Die Aussage ist bemerkenswert, weil sie den Kontrast zur US-Notenbank verschärft. Während die Federal Reserve für den 9. und 10. Dezember eine Zinssenkung um 25 Basispunkte einpreist – die Wahrscheinlichkeit liegt laut CME FedWatch bei 88 Prozent –, bewegt sich Japan in die entgegengesetzte Richtung. Die Folge: Der Spread zwischen zehnjährigen US- und japanischen Staatsanleihen ist auf 219 Basispunkte geschrumpft, den niedrigsten Stand seit April 2022.
Doch die Erholung des Yen dürfte nur vorübergehend sein. Selbst mit einer Zinserhöhung bleibt die Zinsdifferenz zwischen den USA und Japan erheblich. Im April 2022, als der Spread ähnlich eng war, stand der Yen bei 123 zum Dollar – heute sind es über 155. Die strukturelle Schwäche der japanischen Währung ist damit nicht behoben, nur kurzzeitig kaschiert.
Für europäische Anleger ist die Entwicklung dennoch relevant: Eine straffere Geldpolitik in Japan könnte Kapitalströme umlenken und die ohnehin fragile Erholung der Eurozone weiter belasten.
Europas Fabrikhallen: Acht Monate Schrumpfung
Apropos Eurozone: Die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe signalisieren wenig Hoffnung. Im November fiel der HCOB Eurozone Manufacturing PMI auf 49,6 Punkte – unter der Wachstumsschwelle von 50 und deutlich schwächer als im Oktober (50,0). Neue Aufträge gingen zurück, Exportaufträge schrumpften den fünften Monat in Folge.
Deutschland und Frankreich, die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone, rutschten tiefer in die Rezession. Der deutsche PMI fiel auf 48,2, der französische auf 47,8 – beides Neunmonatstiefs. Sechs kleinere Länder meldeten zwar Wachstum, doch ihre wirtschaftliche Masse reicht nicht aus, um das Gesamtbild zu kippen.
Die Konsequenzen sind spürbar: Unternehmen bauen Stellen ab, und zwar im schnellsten Tempo seit April. Die Lagerbestände an Fertigwaren sinken so stark wie seit Juli 2021 nicht mehr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, bringt es auf den Punkt: "Die Stimmung in Deutschland hat sich etwas verbessert, und in Frankreich gab es sogar einen Wechsel von Pessimismus zu Optimismus. Wenn man dem Spruch glaubt, dass die Hälfte der Wirtschaft Psychologie ist, dann ist dieses gestiegene Vertrauen ein Hinweis darauf, dass es im kommenden Jahr besser werden könnte."
Doch Psychologie allein füllt keine Auftragsbücher. Die EZB steht vor einem Dilemma: Die Inflation liegt stabil um die Zwei-Prozent-Marke, doch die Wirtschaft schwächelt. Eine Reuters-Umfrage vom November prognostizierte, dass die Zinsen für längere Zeit stabil bleiben werden – eine Politik, die weder Wachstum noch Investitionen ankurbelt.
Hongkong: Wenn Trauer zu Staatsfeindschaft wird
In Hongkong sind die Aufräumarbeiten nach dem verheerenden Brand am Wang Fuk Court-Wohnkomplex noch immer in vollem Gange. 151 Menschen starben, mehr als 40 werden noch vermisst. Die Polizei hat vier der sieben betroffenen Türme durchsucht und dabei Leichen in Treppenhäusern und auf Dächern gefunden – Menschen, die versuchten zu fliehen, aber von den Flammen eingeholt wurden.
Die Ursache des Brandes wird noch untersucht, doch erste Erkenntnisse deuten auf minderwertige Baumaterialien hin. Tests zeigten, dass das grüne Netz, das die Bambusgerüste während der Renovierungsarbeiten umhüllte, nicht den Brandschutzstandards entsprach. Auftragnehmer hatten diese Materialien in schwer zugänglichen Bereichen verwendet – außerhalb der Sicht der Inspektoren. Auch die Schaumisolierung trug zur raschen Ausbreitung der Flammen bei, und die Feuermelder funktionierten nicht ordnungsgemäß.
Dreizehn Personen wurden wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung festgenommen. Doch die politische Dimension des Unglücks ist mindestens ebenso brisant. Peking warnte vor "anti-chinesischen" Protesten und drohte mit harter Bestrafung. Miles Kwan, ein 24-jähriger Aktivist, der eine Petition für eine unabhängige Untersuchung und eine Überprüfung der Bauaufsicht initiiert hatte, wurde festgenommen. Zwei weitere Personen wurden wegen des Verdachts auf Volksverhetzung verhaftet.
Das nationale Sicherheitsbüro Chinas in Hongkong warnte: "Wir warnen die anti-chinesischen Störenfriede, die versuchen, Hongkong durch die Katastrophe zu destabilisieren. Egal, welche Methoden Sie verwenden, Sie werden zur Rechenschaft gezogen und streng bestraft."
Die Tragödie offenbart die Fragilität Hongkongs – nicht nur in Bezug auf Baustandards, sondern auch auf politische Freiheiten. Tausende Menschen standen Schlange, um den Opfern zu gedenken, die Warteschlangen erstreckten sich über einen Kilometer entlang eines Kanals neben dem Wohnkomplex. Doch selbst Trauer wird in Hongkong zur Staatsangelegenheit.
Wenn Roboter ernten und KI heilt
Abseits der großen geoökonomischen Spannungen entwickeln sich Märkte, die weniger Schlagzeilen machen, aber nicht weniger bedeutsam sind. Der globale Markt für Agrarroboter soll laut Mordor Intelligence von 25 Milliarden Dollar im Jahr 2025 auf 75 Milliarden Dollar bis 2030 wachsen – eine jährliche Wachstumsrate von 24,6 Prozent. Der Grund: Arbeitskräftemangel und steigende Produktionskosten zwingen Landwirte zur Automatisierung.
In Großbritannien und Australien fördern Regierungen den Einsatz autonomer Systeme mit Subventionen. In China investiert der Staat massiv in die heimische Robotikproduktion. Und in Indien entwickeln Start-ups kostengünstige Lösungen wie solarbetriebene Unkrautroboter für kleinere Betriebe.
Parallel dazu kündigt Generate:Biomedicines Phase-3-Studien für GB-0895 an, einen mit KI entwickelten Antikörper gegen schweres Asthma. Die SOLAIRIA-1- und SOLAIRIA-2-Studien werden rund 1.600 Patienten in mehr als 40 Ländern umfassen. Das Besondere: GB-0895 ist ein lang wirkender Antikörper, der nur alle sechs Monate verabreicht werden muss – eine deutliche Verbesserung gegenüber bisherigen Therapien.
Mike Nally, CEO von Generate:Biomedicines, kommentiert: "Der Übergang von GB-0895 in Phase 3 zeigt das Potenzial programmierbarer Biologie, optimale molekulare Lösungen für Patienten mit beispielloser Geschwindigkeit und Zielgerichtetheit zu entwickeln – in diesem Fall ein Antikörper, der innerhalb von nur vier Jahren von der KI-gestützten Entwicklung bis zu Phase-3-Studien voranschritt."
Beide Entwicklungen – Agrarroboter und KI-gestützte Medizin – zeigen, wie Technologie strukturelle Probleme lösen kann, die weder durch Geldpolitik noch durch fiskalische Maßnahmen zu beheben sind.
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Die Woche der Entscheidungen
Am 18. Dezember wird die EZB ihre geldpolitische Entscheidung verkünden. Zwei Tage zuvor, am 16. Dezember, trifft sich die Bank of Japan. Und dazwischen, am 9. und 10. Dezember, entscheidet die Fed über die nächste Zinssenkung. Drei Notenbanken, drei unterschiedliche Wege – und alle drei mit erheblichen Auswirkungen auf Europa.
Die Frage ist nicht, ob die Zinsen sinken oder steigen. Die Frage ist, ob die Geldpolitik überhaupt noch in der Lage ist, die strukturellen Probleme zu lösen, die sich in Europas Fabriken, Hongkongs Wohnblocks und den globalen Lieferketten manifestieren.
Bis morgen – mit einem Blick auf die Märkte, die nicht warten.
Beste Grüße
Eduard Altmann








