Oracle stellt den Markt vor eine ungewöhnlich große Bewährungsprobe. Rekord-Auftragsbestand und Gewinn über Erwartung treffen auf eine gigantische Verpflichtung für künftige Infrastruktur-Ausgaben. Im Zentrum steht die Frage, wie stark diese Last den freien Cashflow der kommenden Jahre einengt – trotz prall gefüllter Pipeline.

248 Milliarden Dollar Verpflichtungen

Auslöser der aktuellen Nervosität ist eine Zahl aus dem jüngsten 10-Q-Bericht: Oracle hat Leasingverpflichtungen von insgesamt 248 Milliarden US‑Dollar offengelegt. Diese Zahl markiert einen sprunghaften Anstieg der zukünftigen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Vorquartal.

Der Großteil dieser Summe entfällt auf Vereinbarungen für Rechenzentren und Cloud-Kapazitäten, die den aggressiven Ausbau der KI-Infrastruktur absichern sollen. „Substantially all“ der Verpflichtungen sollen bis zum Geschäftsjahr 2028 fällig werden – ein sehr enger Zeitrahmen für ein derart hohes Volumen.

Damit sendet Oracle ein doppeltes Signal: Zum einen ist das Management offenbar überzeugt, dass die Nachfrage nach KI- und Cloud-Diensten langfristig hoch genug ist, um diese Kapazitäten auszulasten. Zum anderen macht die Größenordnung klar, dass der Weg dorthin mit erheblichen Kosten verbunden ist und die Kapitalintensität des Geschäfts deutlich steigt.

Analysten diskutieren seit der Veröffentlichung, wie stark diese Leasingstruktur das Profil des freien Cashflows verändert. Die Zahl verdeutlicht das Wachstumspotenzial, legt aber gleichzeitig offen, wie viel finanzielle Flexibilität Oracle bereit ist aufzugeben, um im Wettbewerb mit großen Hyperscalern mitzuhalten.

Zahlenbild: Umsatz verfehlt, Gewinn überzeugt

Abseits der Leasing-Details fällt der Blick auf ein gemischtes Quartal für das zweite Geschäftsquartal 2026.

  • Umsatz: 16,1 Milliarden US‑Dollar, ein Plus von 14 % gegenüber dem Vorjahr, aber leicht unter den im Vorfeld hochgesteckten Analystenerwartungen.
  • Ergebnis: Das bereinigte Ergebnis je Aktie (Non‑GAAP EPS) lag mit 2,26 US‑Dollar über den Konsensschätzungen.
  • Auftragsbestand (RPO): Die Remaining Performance Obligations stiegen auf ein Rekordniveau von 523 Milliarden US‑Dollar.

Besonders der Auftragsbestand sticht positiv heraus. Er dokumentiert eine sehr robuste Nachfrage nach Oracles Cloud-Angeboten, insbesondere aus neuen Großverträgen mit Kunden wie Meta und OpenAI. Diese RPO-Zahl stützt die langfristige Wachstumsstory und zeigt, dass die Kapazitäten aus der Leasingoffenlegung keineswegs „auf Vorrat“ ohne Nachfrage geplant sind.

Dem gegenüber steht jedoch der leicht verfehlte Umsatz: Nach der KI-Euphorie rund um die Aktie hatten viele Marktteilnehmer noch stärkere kurzfristige Erlöse erwartet. Der Kontrast zwischen Rekord-Backlog und verfehlten Konsensschätzungen erklärt, warum die Reaktion am Markt verhalten bis kritisch ausfiel.

Reaktion am Markt und Analysten

Die Aktie zeigte in den letzten Tagen eine ausgeprägte Schwankungsbreite. Auf den ersten Kursrutsch nach den Zahlen folgte ein volatiler Handel, geprägt von Unsicherheit über die Tragweite der Leasingoffenlegung und der verfehlten Umsatzerwartung.

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Ein wichtiges Signal für institutionelle Investoren war die Reaktion von Goldman Sachs. Die Bank senkte ihr Kursziel deutlich von 320 auf 220 US‑Dollar. Begründung: Die stark gestiegene Kapitalintensität und höhere Ausführungsrisiken durch die massive KI-Investitionsagenda. Solche Kurszielkürzungen sind oft ein Hinweis darauf, dass Analysten zwar das strukturelle Wachstum anerkennen, kurzfristig aber mehr Gegenwind für Margen und Cashflows erwarten.

Gleichzeitig sind „Buy-the-dip“-Ströme zu beobachten: Ein Teil der Anleger setzt klar auf die langfristige KI-Geschichte und sieht die aktuelle Schwächephase als Einstiegschance. Das erklärt, warum die Aktie trotz der Belastungsfaktoren nicht völlig abdriftet, sondern wiederholt versucht, Verluste einzugrenzen.

Gestern schloss die Aktie bei 160,68 Euro; auf Sicht von sieben Tagen ergibt sich damit ein Rückgang von gut 16 %, während das Minus im laufenden Monat bei rund 15 % liegt – ein deutlicher Druck, aber kein panikartiger Ausverkauf.

OpenAI-Gerüchte und klare Absage

Für zusätzliche Unruhe sorgten jüngste Berichte, wonach sich Oracles Rechenzentrumsprojekte für OpenAI bis 2028 verzögern könnten. Da OpenAI eine der prominentesten Partnerschaften im KI-Bereich für Oracle ist, schlugen diese Gerüchte sofort auf die Stimmung durch.

Das Management reagierte schnell und eindeutig: Es gebe keine Verzögerungen bei Standorten, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen mit OpenAI notwendig seien, alle Meilensteine seien im Plan. Diese Klarstellung nahm einen Teil des Drucks von der Aktie, da sie Befürchtungen über operative Probleme in einem Schlüsselprojekt entkräftete.

In Kombination mit dem rekordhohen RPO unterstreicht die Zurückweisung der Verzögerungsgerüchte, dass Oracle seine größten KI- und Cloud-Projekte nach eigener Darstellung sowohl vertraglich abgesichert als auch operativ im Griff hat.

Operative Expansion läuft weiter

Parallel zur Debatte über Bilanzrisiken und Cashflows treibt Oracle seine Wachstumsstrategie weiter voran. Jüngst hat das Unternehmen seinen Dienst „Oracle Database@Google Cloud“ in Indien gestartet. Damit vertieft Oracle die Integration mit großen Hyperscalern, um im globalen Cloud-Datenbankmarkt zusätzliche Marktanteile zu gewinnen.

Auch im klassischen Enterprise-Geschäft zeigen neue Mandate, etwa die Zusammenarbeit mit der Ajman Bank, weiterhin Zugkraft. Diese Abschlüsse belegen, dass das Wachstum nicht allein von KI-Projekten abhängt, sondern auf einem breiteren Software- und Cloud-Fundament ruht.

Bewertung der Lage

Unterm Strich prallen bei Oracle derzeit zwei Welten aufeinander: ein Rekord-Auftragsbestand von 523 Milliarden US‑Dollar als klares Signal starker Nachfrage – und Leasingverpflichtungen von 248 Milliarden US‑Dollar, die den Preis dieser Wachstumsambition offenlegen. Die jüngste Zielsenkung durch Goldman Sachs illustriert, dass sich der Fokus der Investoren vorerst von reiner KI-Euphorie hin zu Fragen der Kapitaldisziplin und Ausführungsqualität verschoben hat.

Für die nächsten Quartale wird entscheidend sein, wie schnell Oracle den hohen Auftragsbestand in tatsächlich realisierten Umsatz und Cashflows umwandeln kann und ob die prognostizierten KI- und Cloud-Projekte ohne größere Verzögerungen skaliert werden. Gelingt dies, relativiert sich die Last der Leasingverpflichtungen spürbar; bei operativen Rückschlägen würden dagegen die derzeit diskutierten Risiken klarer im Kurs sichtbar werden.

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