Das Jahrhundertprojekt ist Realität geworden: Northern Lights hat erfolgreich das erste gefangene Kohlendioxid tief unter dem Meeresboden der Nordsee eingelagert. Was jahrelang nur Theorie war, funktioniert jetzt in der Praxis – und könnte Europas Klimastrategie revolutionieren.

Das Gemeinschaftsprojekt von Equinor, Shell und TotalEnergies ging vergangene Woche offiziell in den kommerziellen Betrieb. Als weltweit erste grenzüberschreitende CO₂-Transport- und Speicheranlage mit offenem Zugang setzt Northern Lights neue Maßstäbe für die industrielle Dekarbonisierung Europas.

Vom Zementwerk direkt unter den Meeresgrund

Der Prozess ist so faszinierend wie komplex: Das erste gespeicherte CO₂ stammt aus dem Heidelberg Materials-Zementwerk im norwegischen Brevik. Dort wird das Treibhausgas direkt an der Quelle eingefangen, verflüssigt und mit speziell gebauten Schiffen zum Terminal in Øygarden an Norwegens Westküste transportiert.

Von dort führt eine 100 Kilometer lange Pipeline das flüssige CO₂ zu seinem finalen Bestimmungsort: dem "Aurora"-Reservoir, einem salzwasserhaltigen Grundwasserleiter 2.600 Meter unter dem Meeresgrund. "Wir haben einen aufregenden Meilenstein erreicht: Das allererste CO₂ wurde sicher im Reservoir injiziert und gespeichert", erklärt Tim Heijn, Geschäftsführer von Northern Lights.

Diese geologische Formation wurde gezielt ausgewählt – sie kann das CO₂ über Jahrtausende sicher verwahren und damit dauerhaft aus der Atmosphäre entfernen.

Europas neue Klimaallianz

Was Northern Lights besonders macht: das "Open-Access"-Modell. Schwer zu dekarbonisierende Industrien aus ganz Europa können den Service nutzen. Die Nachfrage ist bereits jetzt enorm – die erste Phase mit einer jährlichen Speicherkapazität von 1,7 Millionen Tonnen CO₂ ist komplett ausgebucht.

Ab 2026 erweitert sich der Kundenkreis drastisch: Ein Yara-Ammoniakwerk aus den Niederlanden, zwei Ørsted-Biokraftstoffanlagen aus Dänemark und Stockholm Exergi aus Schweden haben bereits Verträge unterzeichnet. Die zweite Ausbaustufe ist genehmigt und soll die Gesamtkapazität bis Ende des Jahrzehnts auf über 5 Millionen Tonnen jährlich steigern.

EU setzt auf Carbon-Capture-Revolution

Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Die EU-Industriestrategie für Kohlenstoffmanagement und das Net-Zero Industry Act haben Carbon Capture and Storage (CCS) zur strategischen Schlüsseltechnologie erklärt. Bis 2030 soll die EU mindestens 50 Millionen Tonnen CO₂ jährlich speichern können – Northern Lights liefert den entscheidenden Baustein.

Kritiker bemängeln die hohen Kosten und den Energieaufwand der Technologie. Doch für Branchen wie Zement, Stahl oder Chemie, wo Emissionen prozessbedingt unvermeidbar sind, gibt es kaum Alternativen. Experten sehen CCS als unverzichtbar für die Klimaneutralität bis 2050.

Nordsee wird zum CO₂-Friedhof

Northern Lights ist nur der Anfang. Großbritannien plant weitere Offshore-Speicherstätten mit geschätzten 78 Gigatonnen Kapazität. Gleichzeitig entwickelt sich die Technologie weiter: Islands Carbfix-Projekt erhielt kürzlich die erste EU-Genehmigung für landbasierte CO₂-Speicherung durch Mineralisierung in Vulkangestein.

Die erfolgreiche Inbetriebnahme von Northern Lights sendet ein klares Signal: Europa macht Ernst mit der industriellen Dekarbonisierung. Was als kühne Vision begann, wird zur technologischen Realität – tief unter dem Meeresgrund der Nordsee.

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