Liebe Leserinnen und Leser,

während die Börsen in die Weihnachtspause gleiten, verschiebt sich die Tektonik der globalen Tech- und Mobilitätsmärkte. Drei Meldungen aus drei Kontinenten zeichnen ein Bild davon, wie unterschiedlich Unternehmen auf denselben Megatrend reagieren: die Digitalisierung der physischen Welt. Tesla setzt auf humanoide Roboter und Robotaxis, während der chinesische Rivale BYD trotz Absatzschwäche an seiner Technologieoffensive festhält. Und im Hintergrund stemmt SoftBank eine der größten Finanzierungsoperationen der jüngeren Geschichte, um sich bei OpenAI einzukaufen – koste es, was es wolle. Was diese drei Geschichten verbindet: Es geht nicht mehr um kurzfristige Quartalszahlen, sondern um strategische Positionierung für die nächsten zehn Jahre.

Tesla: Roboter statt Rekorde

Elon Musk inszeniert die Zukunft lieber, als dass er sie abwartet. Während Tesla mit sinkenden Auslieferungszahlen kämpft, präsentierte der Konzern seinen humanoiden Roboter Optimus auf dem Berliner Weihnachtsmarkt im Einkaufscenter LP12 – Popcorn ausschenkend, unter den Augen einer langen Schlange neugieriger Besucher. Die Demonstration war medial wirksam, technisch jedoch unklar: Wie autonom agierte die Maschine wirklich, oder wurde sie teilweise ferngesteuert? Tesla äußerte sich dazu nicht.

Musk selbst verspricht für die kommende Version 3 des Optimus, dass sich der Roboter „wie ein Mensch in einem Roboter-Kostüm" bewegen werde. Mehr noch: Er prognostiziert eine „Welt ohne Armut", in der Roboter als Chirurgen arbeiten und jeder Zugang zu bester medizinischer Versorgung hat. Die Produktion soll bis Ende 2026 anlaufen. Parallel dazu bleibt Tesla auf Kurs bei Robotaxis und autonomem Fahren – Bereiche, in denen Konkurrent Waymo mit über 2.500 fahrerlosen Fahrzeugen bereits deutlich weiter ist.

An der Börse zahlt sich die Zukunftsvision aus: Die Tesla-Aktie legte im vorbörslichen NASDAQ-Handel um 1,39 Prozent auf 487,87 US-Dollar zu. Zusätzlichen Rückenwind gab ein juristischer Erfolg: Das Oberste Gericht im US-Bundesstaat Delaware hob die Entscheidung einer Richterin auf, die Musks 146-Milliarden-Dollar-Aktienpaket aus dem Jahr 2018 gekippt hatte. Die Richter urteilten, die vollständige Aufhebung sei „zu hart" gewesen. Damit sichert sich Musk nicht nur seine historische Vergütung, sondern auch die Aussicht auf ein neues Riesen-Paket im Wert von bis zu einer Billion Dollar – gekoppelt an ehrgeizige Ziele wie eine Million Robotaxis im Einsatz und acht Billionen Dollar Börsenwert bis 2035.

BYD: Technologieversprechen gegen Absatzrealität

Während Tesla auf Showeffekte setzt, kämpft BYD mit handfesten Problemen auf dem Heimatmarkt. Der chinesische Elektromobilhersteller meldete für November 2025 zwar den höchsten Monatsabsatz des Jahres mit rund 480.000 NEV-Fahrzeugen, zugleich jedoch den dritten Monat in Folge mit rückläufigen Verkaufszahlen gegenüber dem Vorjahr. BYD-Chef Wang Chuanfu räumte ein, dass der technologische Vorsprung des Unternehmens derzeit „nicht mehr so dominant wirke wie in früheren Jahren" – eine bemerkenswerte Selbstkritik angesichts des intensiven Wettbewerbs und homogener Produktentwicklungen in der Branche.

Die Antwort: eine Technologieoffensive für die kommenden Jahre, die den Wettbewerbsdruck wieder zugunsten von BYD verschieben soll. Konkrete Details nannte Wang nicht, doch die Stoßrichtung ist klar. Während der heimische Absatz schwächelt, wachsen BYD-Verkäufe im Ausland kräftig, unter anderem durch deutlich gestiegene Exporte. Die Expansion nach Europa und der Aufbau von Produktions- und Vertriebsstrukturen stehen für 2026 im Fokus.

An der Börse in Hongkong schloss BYD den Montagshandel marginale 0,05 Prozent höher bei 93,75 Hongkong-Dollar. Seit Jahresstart steht ein Plus von 5,50 Prozent zu Buche – solide, aber weit entfernt von den dreistelligen Zuwächsen, die Tesla in der Vergangenheit verbuchen konnte. Die globale Automobilbranche befindet sich in einer Umbruchsphase, geprägt von veränderter Nachfrage, geopolitischen Spannungen und Preiskämpfen. Traditionelle Hersteller in Europa und Nordamerika sehen sich mit dem starken Wettbewerb chinesischer Anbieter konfrontiert – und BYD muss beweisen, dass es nicht nur Volumen, sondern auch Innovation liefern kann.

SoftBank: All-in für OpenAI

Die vielleicht spektakulärste Wette auf die Zukunft der KI läuft derzeit hinter den Kulissen ab. SoftBank-CEO Masayoshi Son versucht mit aller Macht, eine Finanzierungszusage von 22,5 Milliarden US-Dollar an OpenAI bis Jahresende zu erfüllen. Um das Geld aufzutreiben, verkaufte Son bereits seine gesamte 5,8-Milliarden-Dollar-Beteiligung an Nvidia, stieß 4,8 Milliarden Dollar seiner T-Mobile-Aktien ab und strich Personal. Zudem erweiterte SoftBank seine Margin-Loan-Kapazität gegen die Beteiligung an Arm Holdings um 6,5 Milliarden Dollar auf insgesamt 11,5 Milliarden Dollar ungenutzter Kreditlinien.

Die Dringlichkeit ist real: OpenAI hat die verbleibenden 22,5 Milliarden Dollar noch nicht erhalten, erwartet das Geld aber vertragsgemäß bis Ende 2025. Für SoftBank ist der Einsatz hoch – und der potenzielle Gewinn ebenfalls. SoftBank sicherte sich im April eine Beteiligung an OpenAI zu einer Bewertung von 300 Milliarden Dollar. Seitdem ist die Bewertung des KI-Unternehmens dramatisch gestiegen: OpenAI befindet sich in Gesprächen über eine neue Finanzierungsrunde, die die Bewertung auf knapp 900 Milliarden Dollar verdreifachen würde. Sollte die Transaktion abgeschlossen werden, säße SoftBank auf einem erheblichen Buchgewinn.

Parallel dazu verlangsamt Son die meisten anderen Dealmaking-Aktivitäten des Vision Fund auf ein Minimum. Jede Transaktion über 50 Millionen Dollar erfordert nun seine persönliche Genehmigung. Zusätzlich arbeitet SoftBank an einem Börsengang seiner Zahlungs-App PayPay, der ursprünglich für Dezember geplant war, aber wegen der 43-tägigen US-Regierungsschließung verschoben wurde. Der IPO soll nun im ersten Quartal 2026 stattfinden und mehr als 20 Milliarden Dollar einbringen.

Die Strategie ist riskant, aber konsequent: Son setzt alles auf die Überzeugung, dass KI die nächste Billionen-Dollar-Industrie wird – und dass OpenAI an deren Spitze steht. OpenAI-CEO Sam Altman erklärte kürzlich, das Unternehmen wolle 30 Gigawatt Rechenkapazität für 1,4 Billionen Dollar aufbauen. Langfristig soll jede Woche ein Gigawatt hinzukommen – ein enormes Ziel, das Kapitalkosten von über 40 Milliarden Dollar pro Gigawatt bedeutet. Ohne Partner wie SoftBank wäre das undenkbar.

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Rüstung und Geopolitik: Rheinmetall, RENK, HENSOLDT unter Druck

Während Tech- und Mobilitätswerte ihre Zukunft gestalten, reagieren Rüstungsaktien auf kurzfristige geopolitische Signale. Die Aktien von Rheinmetall, HENSOLDT, RENK und TKMS gaben im vorbörslichen Tradegate-Handel nach, nachdem US-Sondergesandte Steve Witkoff und der ukrainische Sicherheitsrat-Sekretär Rustem Umjerow ihre Gespräche in Florida als „produktiv und konstruktiv" bezeichneten. Auch Russland signalisierte Gesprächsbereitschaft.

Rheinmetall verlor vorbörslich 1,19 Prozent auf 1.537,50 Euro, HENSOLDT 0,21 Prozent auf 72,90 Euro, RENK 0,25 Prozent auf 52,85 Euro und TKMS 0,3 Prozent auf 66,30 Euro. Die Reaktion zeigt, wie sensibel der Sektor auf Friedenshoffnungen reagiert – auch wenn die Gefechte in der Ukraine parallel weitergehen und die Verhandlungen noch keine konkreten Ergebnisse gebracht haben.

Langfristig bleibt die Nachfrage nach Verteidigungstechnologie hoch. Deutschland plant umfangreiche Ausgabenprogramme, und Europa strebt nach strategischer Autonomie. Doch kurzfristig zeigt sich: Anleger preisen jede Entspannungssignal sofort ein.

Pharma und Energie: Bayer und Novo Nordisk auf unterschiedlichen Pfaden

Abseits der großen Zukunftswetten liefern etablierte Branchen solide Nachrichten. Bayer erhielt in Japan die Zulassung für seinen Wirkstoff Finerenon (Kerendia) zur Behandlung chronischer Herzinsuffizienz – ein wichtiger Schritt für ein Medikament, das bereits in vielen Ländern gegen chronische Nierenerkrankungen zugelassen ist. Das Geschäft mit Kerendia wächst schnell: In den ersten neun Monaten 2025 stiegen die Erlöse um fast drei Viertel auf 565 Millionen Euro. Langfristig kalkuliert Bayer mit einem jährlichen Spitzenumsatz von drei Milliarden Euro.

Die Bayer-Aktie notierte vorbörslich auf Tradegate zeitweise mit einem Plus von 0,43 Prozent bei 35,99 Euro. Seit Jahresanfang hat das Papier massiv zugelegt – nicht zuletzt wegen positiver Signale im Glyphosat-Rechtsstreit und einer starken Pharma-Pipeline.

Novo Nordisk hingegen kämpft mit gedämpften Erwartungen. Der dänische Pharmakonzern reichte bei der FDA einen Zulassungsantrag für sein kombiniertes Adipositas-Medikament CagriSema ein, das zwei Wirkstoffe vereint und eine längere Wirkdauer verspricht. Die FDA-Prüfung soll 2026 abgeschlossen werden. Doch die Aktie hat seit Jahresbeginn über 50 Prozent verloren, nachdem Studiendaten zur Wirksamkeit von CagriSema enttäuschten. Analysten und Investoren reagieren skeptisch auf die Pipeline, auch wenn Novo Nordisk weiterhin ein bedeutender Akteur im globalen Gesundheitsmarkt bleibt.

Was diese Woche noch kommt

Die nächsten Tage dürften ruhig verlaufen – viele Märkte schließen bereits am 24. Dezember früher oder bleiben am 25. und 26. Dezember ganz geschlossen. Dennoch lohnt ein Blick auf drei Termine: Am 23. Dezember treten die vorläufigen Anti-Subventionszölle Chinas auf EU-Milchprodukte in Kraft – ein weiteres Kapitel im Handelskrieg zwischen Brüssel und Peking. Am selben Tag werden die neuen Index-Zusammensetzungen von MDAX und SDAX wirksam: AUMOVIO und TKMS steigen in den MDAX auf, Gerresheimer und HelloFresh ab. Und schließlich bleibt abzuwarten, ob SoftBank seine 22,5-Milliarden-Dollar-Zusage an OpenAI tatsächlich bis Jahresende erfüllt – oder ob die größte KI-Wette der Geschichte ins neue Jahr rutscht.

Ich wünsche Ihnen ruhige Festtage und einen klaren Blick auf die Märkte, die nie schlafen.

Herzliche Grüße
Andreas Sommer