Florida-Gipfel, das Gold-Paradoxon & der neue Merkantilismus
Liebe Leserinnen und Leser,
während Sie diesen Newsletter lesen, richtet sich der Blick der Weltpolitik auf Florida. In Mar-a-Lago treffen heute der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der designierte US-Präsident Donald Trump zusammen. Auf dem Tisch liegt ein 20-Punkte-Plan, der den Anspruch erhebt, den Krieg in Europa zu beenden. Es ist ein diplomatisches Hochamt zwischen den Jahren, dessen Ausgang die Märkte am Montag entweder beflügeln oder ernüchtern wird.
Doch während die Geopolitik noch nach einer neuen Ordnung sucht, haben die Finanzmärkte ihr Urteil über die Weltlage bereits gefällt: Wir erleben eine Flucht in Sachwerte bei gleichzeitigem Konjunkturoptimismus. Ein Widerspruch? Willkommen im Jahr 2025.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Rest des Wochenendes und eine anregende Lektüre.
Ihr
Andreas Sommer
Das 4.500-Dollar-Paradoxon
Hätten Sie mir vor einem Jahr prognostiziert, dass die US-Wirtschaft im dritten Quartal 2025 mit einer Jahresrate von 4,3 Prozent wächst – weit über den erwarteten 3 Prozent –, wäre meine Antwort klar gewesen: Der Goldpreis muss fallen. Ein solch robuster Boom, gepaart mit hohen Zinsen, ist traditionell Gift für das zinslose Edelmetall.
Doch wir stehen vor einem historischen Paradoxon. Gold hat über die Weihnachtstage die psychologisch massive Marke von 4.500 US-Dollar je Feinunze durchbrochen. Silber attackiert die 80-Dollar-Schwelle.
Wie passt das zusammen? Die Lösung des Rätsels verbirgt sich im Kleingedruckten der US-Daten. Trotz des Wachstums verharrt die Kerninflation (PCE) bei hartnäckigen 2,9 Prozent, während die Arbeitslosenquote auf 4,6 Prozent geklettert ist. Dass die Fed 2025 dennoch dreimal die Zinsen senkte, deutet die Märkte unmissverständlich: Das Wachstum ist auf Pump finanziert, die Liquidität wird politisch garantiert. Gold mutiert damit vom klassischen Krisenmetall zur Versicherung gegen Währungserosion mitten im Boom. Wenn Häuser wie Goldman Sachs für 2026 nun Kursziele von 4.900 Dollar ausrufen, wird die „Angst im Aufschwung" zum neuen Normalzustand.
Nvidia, China und der Preis der Macht
Auch im Technologiesektor verschieben sich die Koordinaten – weg von reiner Marktwirtschaft, hin zu harter Machtpolitik. Nvidia, der Dominator der KI-Ära, darf seine leistungsstarken H200-Chips nun doch nach China liefern. Doch die US-Regierung stellt eine Bedingung, die an den Merkantilismus des 18. Jahrhunderts erinnert: Eine Abgabe von 25 Prozent bei jedem Verkauf fließt direkt nach Washington. Handel ja, aber nur, wenn der Staat mitverdient.
Jensen Huang reagiert auf dieses veränderte Spielfeld mit einer Flucht nach vorn. Der kürzlich bekannt gewordene 20-Milliarden-Dollar-Deal zur Lizenzierung der Groq-Technologie ergibt in diesem Licht noch mehr Sinn. Es geht Nvidia nicht nur um Marktanteile, sondern um die technologische Hoheit bei der „Inferenz" – also der Anwendung von KI, nicht mehr nur deren Training. Der Markt wandelt sich von der Erstellung der Modelle hin zu deren Nutzung. Nvidia sichert sich hier massiv ab, bevor Konkurrenten wie Google oder Huawei – trotz aller Sanktionen und Zölle – in diesem entscheidenden Nadelöhr Boden gutmachen können.
Barren statt Bytes: Der Krypto-Winter
Während physisches Gold von Rekord zu Rekord eilt, herrscht an den Krypto-Märkten Katerstimmung. Bitcoin notiert weiterhin unter der 90.000-Dollar-Marke, Ethereum kämpft mit der 3.000-Dollar-Linie. Die Erzählung von Bitcoin als „digitalem Gold" bekommt in diesen Tagen Risse.
Die Diskrepanz ist eklatant: In einer Phase geopolitischer Hochspannung und Inflationssorgen legt das physische Gold im Jahresverlauf um 70 Prozent zu, während Bitcoin zum Jahresende schwächelt. Investoren müssen ihre These vom „Store of Value" kritisch hinterfragen. Analysten warnen bereits vor einem zyklischen Bärenmarkt 2026 – dem berüchtigten „Jahr 4" nach dem Halving. Es scheint, als fließe das institutionelle Geld angesichts der Weltlage derzeit lieber in greifbare Barren als in virtuelle Bytes.
Anzeige: Doch genau solche Phasen der Unsicherheit haben in der Vergangenheit die größten Krypto-Chancen eröffnet. Tech-Aktien-Experte Bernd Wünsche hat für sein „Projekt Krypto-Millionär 2.0" sechs handverlesene Krypto-Werte identifiziert, die vom nächsten Marktzyklus überproportional profitieren könnten. Darunter: der „Krypto-Schaufelverkäufer", der an jedem Handel verdient, eine Hochleistungs-Blockchain mit Bankenbeteiligung und ein KI-Krypto-Kraftpaket. Sie erhalten konkrete Empfehlungen für Aktien und Kryptowährungen – ohne Abo und ohne Folgeverpflichtung. Das Angebot endet am 28. Dezember. Zum Krypto-Millionär-Report von Bernd Wünsche
Licht und Schatten in Deutschland
Und hierzulande? Die deutsche Wirtschaft gleicht zum Jahresende einem Vexierbild. Einerseits meldet der Bauernverband für 2025 einen beachtlichen Umsatzanstieg bei Bio-Lebensmitteln von acht Prozent. Die Konsumlaune ist – zumindest am Supermarktregal – intakt. Parallel dazu plant die Deutsche Bahn für 2026 Rekordinvestitionen von über 23 Milliarden Euro, was die Auftragsbücher der Bauindustrie füllen dürfte.
Doch die Kehrseite bleibt düster: Die Metallindustrie warnt konkret vor dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze im kommenden Jahr. Wir sehen eine klassische Zweiteilung: Der Binnenkonsum und staatliche Infrastrukturprojekte halten dagegen, während die industrielle Exportbasis unter den globalen Standortbedingungen ächzt.
Dazu passt eine Debatte, die Netzpolitik.org aktuell aufgreift: Der Kampf um die digitale Souveränität. Während Berlin und Brüssel über Chatkontrolle und biometrische Überwachung diskutieren, entscheiden US-Konzerne wie Meta und Google längst faktisch über die Grenzen unserer Meinungsfreiheit. 2026 wird nicht nur ökonomisch entscheidend, sondern auch klären müssen, wer im europäischen Netz eigentlich das Sagen hat: Der souveräne Staat oder der optimierte Algorithmus.
Schlussgedanke
Am heutigen Sonntag verstarb Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren. Sie war weit mehr als eine Schauspielerin; sie war die Personifizierung einer Ära des Aufbruchs und der ungestümen Freiheit. Vielleicht ist dies ein passender Moment, um kurz innezuhalten. Die Märkte rasen, Algorithmen handeln im Millisekundentakt und Goldpreise explodieren. Doch am Ende sind es kulturelle Ikonen und menschliche Momente, die im Gedächtnis bleiben.
Bereiten Sie sich auf eine spannende Woche vor. Sollten Selenskyj und Trump heute in Florida tatsächlich eine Einigung erzielen, könnten wir 2026 in einer politisch wie ökonomisch völlig neuen Realität aufwachen.
Herzlichst,
Ihr Andreas Sommer








