30 Jahre Privatkonkurs – Erfolgsmodell mit Nachbesserungsbedarf
23.01.2025 | 09:59
Vor genau 30 Jahren trat das „gerichtliche Schuldenregulierungsverfahren“, besser bekannt als Privatkonkurs, in Kraft.
Seit Einführung des Privatkonkurses haben beinahe 200.000 Menschen samt ihren Familien die Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Neuanfang bekommen.
“Die staatlich anerkannten Schuldenberatungen sind untrennbar mit dem Privatkonkurs verbunden. Sie haben sich wesentlich für seine Einführung eingesetzt.”
, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH (asb), der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich.
- Gut 70 Prozent aller eröffneten Privatkonkurse werden von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung vorbreitet und die überschuldeten Personen vor Gericht vertreten.
- 196.261 Privatkonkurse wurden zwischen der Einführung 1995 bis Ende 2024 eröffnet.
- 2024 wurden 8.835 Privatkonkurse eröffnet, das ist ein minimaler Rückgang um 0,2 Prozent im Vergleich zum Jahr davor (2023: 8.857).
Schulden machen krank und verursachen große psychische Belastungen. Sie bedeuten Stillstand und Abhängigkeit. „Die Einführung des Privatkonkurses stellte 1995 eine zentrale Verbesserung für die Situation überschuldeter Menschen in Österreich dar. Österreich gehörte damals zu den Vorreitern in Europa.“
, so Mitterlehner. „Bis dahin waren viele von ihnen bis an ihr Lebensende in Schulden gefangen, die durch Zinsen und andere Kosten automatisch weiterwuchsen.“
Reformen
Mehrmals wurde das Gesetz reformiert, 2017 mit einer besonders wichtigen Novelle: Die Mindestquote im Privatkonkurs wurde abgeschafft. Bis dahin mussten zumindest 10 Prozent der Schulden zurückgezahlt werden, um schuldenfrei zu werden. Mit dieser Reform wurde auch Geringverdienenden oder Personen mit besonders hohen Schulden - etwa aus einer gescheiterten Selbstständigkeit - eine Schuldenregulierung möglich.
2021 trat eine weitere wichtige Novelle in Kraft: Unter bestimmten Voraussetzungen wurde die Dauer des Abschöpfungsverfahrens auf 3 Jahre verkürzt. Mit einem Wermutstropfen: Für Privatpersonen wurde diese Möglichkeit bis Juli 2026 befristet. Danach gilt für sie wieder die 5-jährige Verfahrensdauer, während für Unternehmer*innen die Möglichkeit für eine 3-jährige Entschuldung bestehen bleibt.
Forderung für gleiches Recht
„Sollte die 3-jährige Entschuldungsmöglichkeit für Privatpersonen tatsächlich Mitte 2026 auslaufen, läge eine grobe Ungleichbehandlung zwischen überschuldeten Privatpersonen und Unternehmer*innen vor. Wenn beispielsweise Privatpersonen für Kredite der selbstständigen insolventen Partner*innen bürgen, könnten sich Unternehmer*innen binnen 3 Jahren entschulden, während mithaftende Partner*innen 5 Jahre zurückzahlen müssten. Diese Differenzierung nach Schuldner*innen-Gruppen wirft vor allem die Frage nach einer möglichen Gleichheitswidrigkeit auf.“
, so Clemens Mitterlehner. Ein weiterer Aspekt dabei ist, dass Männer häufiger selbständig tätig sind als Frauen. Frauen würden daher häufiger vom Nachteil der längeren (5-jährigen) Entschuldung betroffen sein.
Die Schuldenberatungen fordern daher: Die Möglichkeit einer Entschuldung binnen 3 Jahren muss dauerhaft für alle Personengruppen bestehen bleiben. Clemens Mitterlehner dazu: „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wäre es nachteilig, wenn Menschen den Schulden-Klotz am Bein unnötig lange mitschleppen müssen. Noch dazu, wenn das zu groben Ungleichheiten führt, die Frauen stärker als Männer belasten. Wir hoffen daher sehr, dass sich die künftige Bundesregierung dieses Themas annimmt.“
Hintergrundmaterial: