BÖRSE EXPRESS: Gibt es aus Ihrer Sicht einen ökonomischen Grund, sich für Anleihen eines Emittenten mit möglichst gutem ESG-Rating zu entscheiden?

LUKAS OBERSTEINER: Vorweg: Ein „die Rosinen herauspicken“ ist aus ökonomischer und Risiko-Sicht nie eine gute Entscheidung. Die bessere Option ist breit diversifiziert in den Markt zu investieren.

 

Kein ökonomischer Grund...?

Es sprechen mehrere Punkte für ein nachhaltiges Investieren. Die Regulatorik geht Richtung Nachhaltigkeit, womit für nicht nachhaltige Emittenten die Gefahr besteht, irgendwann von der Gesetzgebung benachteiligt zu werden. Dazu kommen eventuell diverse Strafzahlungen – dieses Risiko haben grüne Emittenten nicht. Weiters müssen mehr und mehr Institutionelle nachhaltig investieren, womit die entsprechenden Papiere von einem Nachfrageffekt profitieren. Durch die Kombination aus geringerem Risiko und erhöhter Nachfrage sollten Nachhaltige Emittenten langfristig outperformen.

 

Nachhaltige Ratings gibt es aber viele, um entsprechende Emittenten zu identifizieren – auf welche setzen Sie?

Das Problem ist, dass Anleger von Bonitätsratings eine relative Homogenität kennen, die es aber im ESG so nicht gibt. Die entsprechenden Ratingagenturen messen oft nicht das Gleiche, und wenn doch, mit unterschiedlichen Methoden. Man kann also ESG-Ratings nicht so gut vergleichen, wie im Bonitätsbereich. Im ESG-Bereich ist es daher besonders wichtig, die eigenen Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu kennen, um die entsprechenden Rating-Agenturen als Informationsquelle nutzen zu können.

 

Beispiele...

Eine Agentur misst etwa das ESG-Risiko für das Unternehmen, die andere wiederum misst die Nachhaltigkeit des Unternehmens (Anm: Beispiel Versicherung: diese kann durch Hochwasser etc. ein hohes ESG-Risiko aufweisen, muss selbst aber nicht nachhaltig sein). So eine Unschärfe sehen wir auch beim Gesetzgeber: wir sind uns nicht einmal innerhalb der EU einig, ob Atomstrom grün ist oder nicht.

 

Ist aus ESG-Sicht zwischen dem Emittenten Staat und einem Unternehmen zu unterscheiden – wie bei der Bonität – oder ist das hier ein paar Schuhe?

Es ist durchaus zu unterscheiden: nicht nur das Risiko ist ein anderes, bei Corporates ist neben dem E (Umwelt) ein wenig mehr das Thema S (Anm.: Social) inkludiert, etwa wenn es darum geht, wie Mitarbeiter behandelt werden.

 

Wenn ich zu Punkt 1 zurückkomme – ökonomische Gründe – ist die ESG-Anleihe eines guten ESG-Emittenten dann ein frei nach Olaf Scholz ein Doppelwumms, oder ein bisschen wie Perlen vor die Säue werfen?

Aus ökonomischer Sicht ist es irrelevant. Da wir in diesem Fall aber wahrscheinlich von einem Green Bond sprechen, kommt ein wenig das Thema Impact-Investing ins Spiel, da die Geldmittel einem bestimmten Projekt zugeordnet sind.

 

Wie riskant ist so ein ESG-Fokus aus Anlegersicht wenn man bedenkt, dass die heutigen ESG-Ratings vom E dominiert werden. Wenn der Fokus mehr aufs S und G gerichtet wird, kann sich da schnell etwas tun…

G wird eigentlich seit Jahrzehnten am Kapitalmarkt beachtet, immer dann, wenn es um Qualitätsfaktoren geht. Und da S – Soziales – im Gegensatz zum E (etwa der CO2-Ausstoß) wohl immer schwer standardisiert messbar sein wird, erwarte ich durch die sicher kommende stärkere Beachtung von S und G keine größeren Rating-Auswirkungen.

 

Erwarten Sie langfristig, dass die heutigen Kredit- und die ESG-Ratings verschmelzen? Ohne finanzielle Basis wird gutes ESG schwer sein, vice versa aber auch…

In näherer Zukunft wird es eher bei der Trennung bleiben. Etwa wegen der schlechten Vergleichbarkeit der ESG-Ratings. Aber auch, da ein Anlegen nach nachhaltigen Gesichtspunkten in Europa zwar auf dem Vormarsch ist, in den USA aber noch in den Kinderschuhen steckt. Und da die drei großen Bonitätsrating-Agenturen (Anm.: Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch) US-Gesellschaften sind, stellt sich die Frage nach deren Interesse eines Verschmelzens.

 

Wie fließt jetzt all das im Anlageprozess bei den entsprechenden ESG-Fonds der Security ein?

Die meisten unserer Fonds haben das österreichischen Umweltzeichen, eines der strengsten der Welt, das vor allem mit Ausschlusskriterien arbeitet. Das setzen wir um und versuchen dann in den Portfolios ein gewisses ESG-Rating zu erreichen, wobei wir mit dem Best-in-Class-Ansatz arbeiten.

 

Wo würden Sie als privater ESG-Anleger ihre Schwerpunkte setzen? Europa – hier scheint der ESG-Zug am meisten auf Schiene? USA, von wo wenn wohl technologische Lösungen kommen und wo es als absolut größten Verschmutzer das absolut höchste Verbesserungspotenzial gibt? Oder doch Emerging Markets, wo es relativ das meiste Potenzial gibt, auch da dort einige unserer Wege übersprungen werden können - Stichwort Banken, Telekom…

Bei Emerging Markets stehen Anleger vor der Herausforderung, eine ordentliche ESG-Analyse durchzuführen - wir haben dafür einen eigenen Provider. Grosso modo gilt aber auch bei dieser Frage, dass Diversifikation wichtig ist. Ich würde daher einen weltweiten Ansatz nehmen und Spezialthemen beimischen.

 

Wenn ich jetzt subsummieren: Ich interessiere mich für einen nach ESG-Gesichtspunkten gemanagten weltweit anlegenden Anleihenfonds: welcher in Ihrem Fondssortiment wäre das und welche Spezialthemen zum Beimischen gibt es?

Es gibt den Apollo Nachhaltig Global Bond (AT0000A13JW3), dazu den Apollo Nachhaltig High Yield Bond (AT0000496179) und den Apollo Nachhaltig New World (AT0000A1XFK8). Je nach Risikoaversion kann man natürlich das optimale Gewicht der Fonds verändern, oder andere Fonds wie den Apollo Nachhaltig Euro Corporate Bond beziehungsweise Apollo Nachhaltig Mündel Bond beimischen bzw. auf eine Aktien-Renten Strategie setzen.

 

Welche durchschnittlichen Renditen sind hier aktuell zu erzielen?

Beim weltweiten Ansatz liegt die Ertragserwartung auf Sicht eines Jahres bei etwa 3,4 Prozent, bei New World und High Yield sind es 5,4 bzw. 5,9 Prozent.

 

Sie haben sicher auch eine Meinung zur künftigen Zinsentwicklung: Ist bereit sein guter Zeitpunkt, sein Anleihenportfolio komplett gefüllt zu haben da der Zinsgipfel erreicht ist? Oder hat man mit dem Füllen noch Zeit, da wir ein Higher for longer noch länger sehen werden, oder ist der Gipfel noch gar nicht erreicht?

Die Märkte erwarten für das Jahr 2024 mehrere Zinssenkungen, die sich bereits in langfristigen Zinsen manifestiert haben. Aus unserer Sicht weisen Anleihen aktuell trotzdem weitestgehend ein attraktives Renditepotenzial auf.

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