Liebe Leserinnen und Leser,

manchmal zeigt sich die Realität der Börsen nicht in spektakulären Rallyes, sondern in den Details: Ein deutscher Halbleiterkonzern feiert einen juristischen Erfolg in den USA, der seine KI-Fantasie neu entfacht. Ein Schweizer Rückversicherer enttäuscht mit vorsichtigen Prognosen und verliert prompt fünf Prozent. Und ein Pharmazulieferer muss eingestehen, dass ein wichtiger Kunde die Nachfrage drosselt – mit spürbaren Folgen für die Mittelfristziele. Heute schauen wir auf drei Unternehmen, die zeigen, wie unterschiedlich sich Märkte entwickeln können, wenn Rechtssicherheit, Erwartungsmanagement und Kundenabhängigkeit aufeinandertreffen.

Infineon: Patentverletzung bestätigt – KI-Fantasie bekommt neuen Schub

Selten hat eine Entscheidung einer US-Handelsbehörde so viel Rückenwind für eine europäische Aktie gebracht. Die US-Handelsbehörde ITC bestätigte diese Woche, dass der chinesische Wettbewerber Innoscience Patente von Infineon verletzt hat. Konkret geht es um Galliumnitrid-Halbleiter, eine Schlüsseltechnologie für energieeffiziente Systeme in KI-Rechenzentren. Für Infineon bedeutet das mehr als nur einen juristischen Erfolg: Es schützt Marktanteile, sichert Investitionen in die GaN-Technologie und schirmt den lukrativen US-Markt vor aggressiven Preisstrategien ab.

Die Aktie reagierte prompt: Am Freitag stieg sie zeitweise um 1,4 Prozent auf 37,01 Euro und näherte sich damit wieder dem 52-Wochen-Hoch von 39,43 Euro. Seit Jahresbeginn liegt Infineon mit knapp 18 Prozent im Plus – solide, aber nicht spektakulär. Doch die jüngste Entwicklung zeigt, dass der Konzern nicht nur technologisch, sondern auch strategisch gut positioniert ist. Parallel demonstrierte Infineon seine Innovationskraft im Mobilitätssektor: Der Konzern liefert spezielle Siliziumkarbid-Module an Electreon, einen führenden Anbieter kabelloser Ladesysteme für Elektrofahrzeuge. Die Technologie kommt bereits auf der französischen Autobahn A10 zum Einsatz und ermöglicht kabelloses Laden während der Fahrt – ein weiteres Wachstumsfeld, das Dekarbonisierung und digitale Infrastruktur verbindet.

Analysten bleiben optimistisch: JPMorgan und die Baader Bank verweisen auf Kursziele um 42 bis 43 Euro, was einem Potenzial von bis zu 16 Prozent entspricht. Entscheidend wird sein, ob Infineon die Marke von 36 Euro nachhaltig verteidigen kann. Mit den jüngsten Nachrichten hat der Konzern jedenfalls signalisiert, dass er sowohl im KI-Superzyklus als auch in der E-Mobilität eine Rolle spielen will.

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Swiss Re: Konservative Prognose lässt Anleger kalt

Während Infineon mit positiven Signalen überraschte, enttäuschte Swiss Re mit Zurückhaltung. Der weltgrößte Rückversicherer will den Gewinn 2026 auf 4,5 Milliarden US-Dollar steigern – nur marginal mehr als die 4,4 Milliarden, die für 2025 angepeilt werden. An der Börse kam das gar nicht gut an: Die Aktie verlor am Freitag zeitweise mehr als sieben Prozent und fiel auf 128,55 Franken. Damit sind auch die Kursgewinne aus dem bisherigen Jahresverlauf futsch – im Vergleich zum Jahreswechsel hat Swiss Re nun rund zwei Prozent verloren.

Was war passiert? Analysten und Anleger hatten auf eine deutlichere Erhöhung gehofft. Philip Kett von Jefferies bezeichnete die Ziele als konservativ und unter den Markterwartungen liegend. Belastend wirkte auch die angekündigte Belastung von rund 250 Millionen Dollar im vierten Quartal durch die Sanierung des Geschäfts in Australien, Israel und Südkorea. Ab dem nächsten Jahr soll die Leben- und Kranken-Sparte dann 1,7 Milliarden Dollar Gewinn abwerfen – nur unwesentlich mehr als die für 2025 avisierten 1,6 Milliarden.

Immerhin: Swiss Re kündigte an, die Dividende jährlich um mindestens sieben Prozent zu steigern und 2026 ein Aktienrückkaufprogramm über 500 Millionen Dollar zu starten. Doch auch das konnte die Enttäuschung nicht wettmachen. Zum Vergleich: Der drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück will seinen Gewinn im kommenden Jahr auf mindestens 2,7 Milliarden Euro steigern, nachdem das Ziel für 2025 im November auf 2,6 Milliarden angehoben wurde. Die Konkurrenz schläft nicht – und Swiss Re muss zeigen, dass die Sanierung des Lebens- und Krankengeschäfts tatsächlich Früchte trägt.

Schott Pharma: Wenn ein wichtiger Kunde die Nachfrage drosselt

Noch härter traf es Schott Pharma. Der Pharmazulieferer kämpft weiter mit der aktuellen Marktunsicherheit und bezeichnete das neue Geschäftsjahr 2025/26 als "Übergangsjahr". Die Aktie verlor am Freitagvormittag zeitweise über sieben Prozent und fiel auf ein Rekordtief von 17,10 Euro. Im Jahresverlauf hat sie etwa ein Drittel an Wert verloren – ein dramatischer Absturz für ein Unternehmen, das 2023 noch zu 27 Euro je Papier an die Börse gebracht wurde.

Der Grund: Schott Pharma senkte nicht nur den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr, sondern auch die Mittelfristziele. Für das seit Oktober laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von nur 2 bis 5 Prozent – deutlich unter den Markterwartungen von gut 8 Prozent. Die operative Marge soll bei rund 27 Prozent liegen, während Analysten fast 29 Prozent erwartet hatten. Für die Geschäftsjahre 2027 bis 2029 soll das durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum nun bei 6 bis 8 Prozent liegen – zuvor waren mehr als 10 Prozent angepeilt.

Was war passiert? Unternehmenschef Andreas Reisse erklärte, dass die veränderte Markteinschätzung eines wichtigen Kunden zu einer geringeren Nachfrage nach Glasspritzen führe. Besonders im Segment Drug Delivery Systems halte der Gegenwind kurzfristig an. Analysten wie Pallav Mittal von Barclays warnten, dass die Nachfrageschwäche bei Glasspritzen auch keine gute Nachricht für die Konkurrenten Gerresheimer und Ypsomed sei.

Die detaillierten Zahlen will das Management am 11. Dezember vorlegen. Bis dahin bleibt die Aktie anfällig – und Anleger fragen sich, ob das "Übergangsjahr" tatsächlich nur eine vorübergehende Phase ist oder ob strukturelle Probleme dahinterstecken.

Was das für Anleger bedeutet

Drei Unternehmen, drei unterschiedliche Geschichten: Infineon zeigt, wie wichtig Rechtssicherheit und strategische Positionierung in Zukunftsmärkten sind. Swiss Re demonstriert, dass selbst solide Geschäftsmodelle enttäuschen können, wenn die Erwartungen zu hoch sind. Und Schott Pharma führt vor Augen, wie schnell Kundenabhängigkeit zum Problem werden kann.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Infineon seine KI-Fantasie in konkrete Umsätze umsetzen kann, ob Swiss Re mit seiner konservativen Strategie langfristig punktet und ob Schott Pharma das "Übergangsjahr" tatsächlich als Basis für einen Neustart nutzen kann. Eines ist sicher: Die Märkte sortieren sich neu – und Details machen den Unterschied.

Beste Grüße und ein erholsames Wochenende,
Andreas Sommer