BÖRSE EXPRESS: Ziel der Raiffeisen KAG, Marktführerin bei nachhaltigen Publikumsfonds, ist es, ihr gesamtes Fondsangebot nach strengen ESG-Kriterien zu managen. Diesen Transformationsprozess hat man 2020 mit den bestehenden Aktienfonds gestartet und heuer fortgesetzt. Auch der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-US-Aktien ist ein so transformierter Fonds. Wann wurde er auf Nachhaltigkeit umgestellt und welche Umschichtungen gab es in diesem Zusammenhang und warum?

MELISSA HOFKIRCHNER: Der Fonds wurde Mitte Oktober auf unseren nachhaltigen Investmentprozess umgestellt. Im Einklang mit unseren nachhaltigen Auswahlkriterien wurden einige Aktien aus den Branchen Energie, Finanz und Konsum verkauft und durch umweltfreundlichere oder sozialverträglichere Unternehmen ersetzt. Einige Beispiele von Unternehmen, die wir verkauften, sind Amazon, Apple und Exxon aufgrund der Verletzung diverser Negativkriterien im E- (Environment bzw. Umwelt) und S- (Social bzw. Soziales) Bereich. Aufgebaut wurden neue Positionen unter anderem in den Unternehmen Accenture, Workday und Pentair.

 

Wie beurteilen Sie Berichterstattung/Offenlegungsverpflichtungen hinsichtlich ESG von US-amerikanischen Firmen im Vergleich zu jenen von EU-Unternehmen und die neu eingerichtete ESG-Task Force der US-Securities and Exchange Commission (SEC)?

Obwohl das Konzept von Nachhaltigen Investitionen ihren Ursprung in den USA hat, ist Europa führend, was die Reporting-Pflichten auf Unternehmensebene betrifft. In Europa wurde die EU Richtlinie (2014/95/EU) betreffend nicht finanzielle Berichterstattung 2017 in nationale Gesetze umgesetzt. In den USA gibt es derzeit keine spezifischen CSR-Reporting-Pflichten für US-gelistete Unternehmen. Die SEC hat bis jetzt auf den breiteren Prinzipien basierten Ansatz gesetzt, wo Unternehmen wesentliche Informationen berichten sollen.

Dieser Ansatz hat bis jetzt zu keiner einheitlichen Berichterstattung über ESG-Themen geführt. Die neu eingerichtete ESG-Task Force der SEC ist in der Abteilung Enforcement untergebracht und hat das Ziel, proaktiv das Fehlverhalten bei ESG-Themen aufzudecken.

Auf freiwilliger Basis adressieren die US-Unternehmen in ihrer Kommunikation zunehmend ESG-Themen, da die Investoren Antworten auf kritische Themen einfordern. Die Datenerhebung ist erst der Anfang des dynamischen Prozesses.

Es etablieren sich Standard-ESG-Kennzahlen für Unternehmen – z.B. wenn es um Wasser- oder Energieverbrauch geht. Bei den Reporting-Pflichten wird sich weltweit in den kommenden Jahren viel ändern. Die Reporting Standards werden sich mit der Zeit durch Dialoge und Austausch zwischen den Unternehmen und ihren Stakeholdern immer weiterentwickeln.

 

Welche neuen Entwicklungen könnten sich durch die von US-Präsident Joe Biden verfolgte Klima-Agenda ergeben?

Nach vielen verlorenen Jahren bezüglich Klimaziele in den USA muss die Biden-Administration viel Überzeugungsarbeit leisten. Der genehmigte Infrastruktur-Plan ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und viele weitere Maßnahmen sind geplant. Der Infrastruktur-Plan beinhaltet, unter anderem, Investitionen um die Treibhausgasemissionen in den USA zu reduzieren. Beispiele hierfür sind die geplante Erneuerung der Bahninfrastruktur und der Ausbau der Radwege. Ein weiteres Anliegen ist die Erneuerung der Stromnetze, um erneuerbare Energiequellen anzuschließen. Weitere Maßnahmen betreffen Themen wie sauberes Trinkwasser, Zugang zu High-speed Internet und Infrastruktur für elektrische Fahrzeuge.

 

Wie lassen sich ESG-Kriterien über das gesamte Market-Cap-Spektrum von US-Aktien berücksichtigen bzw. vor welchen Herausforderungen steht man diesbezüglich als Fondsmanagerin eines nachhaltigen US-Aktienfonds?

Je größer das Unternehmen, desto leichter ist es, den Anforderungen der nicht finanziellen Berichterstattung nachzukommen. Einige kleinkapitalisierte Unternehmen müssen erst signifikante Ressourcen für das Thema aufbauen. Aber einen Weg vorbei gibt es für diese nicht wirklich, außer vielleicht ein Going Private. Die meisten großkapitalisierten Unternehmen haben eine sehr professionelle Berichterstattung zu ESG-Themen. Letztendlich ist es in ihrem Interesse, Information und Ziele mit den Aktionären zu teilen.

 

Wie läuft der nachhaltige Investmentprozess im Raiffeisen-Nachhaltigkeit-US-Aktien ab, angefangen von der Größe des Investmentuniversums bis hin zu den Kriterien für die Titelselektion?

Wir fangen mit einem Investment-Universum von etwa 1700 Unternehmen an und nach Berücksichtigung unserer nachhaltigen Investmentkriterien bleibt etwa die Hälfte der Unternehmen übrig. Hier werden die möglichen Nachhaltigkeitsrisiken eingeschätzt. Danach werden die Finanz- und Ertragslage durchleuchtet und evaluiert. Dialoge mit den Unternehmen sind auch wichtig, um festzustellen wie ernst die Nachhaltigkeitskriterien intern gelebt werden. Auch die Stimmabgabe bei den Hauptversammlungen der Unternehmen ist eine Möglichkeit des direkten Feedbacks an Unternehmen, in die wir investiert sind.

 

Welche Sektoren haben bisher am stärksten zur Performance 2021 beigetragen?

Die Branchen mit starker Performance YTD waren die Energie-, Finanz-, Immobilien- und Technologiebranchen. Die Energiemärkte sind aufgrund des starken Öl- und Gaspreises gestiegen. Die Inflationsängste treiben die Zinserwartungen und damit steigen auch die Kurse der Finanzaktien. Die ersten Zinserhöhungen könnten in 2022 stattfinden. Die Immobilienbranche wird schon seit vielen Jahren als Safe Haven gesehen, besonders in Zeiten hoher Inflation. Und die Technologie-Ausgaben werden immer wichtiger, Covid hat hier den Digitalisierungstrend noch verstärkt.

 

Wie sind Sie mit der langfristigen Rendite seit Fondsbeginn bzw. mit der mittelfristigen Performance des Fonds zufrieden?

Der US-Aktienmarkt ist im internationalen Vergleich in den letzten Jahren einer der stärksten Performer. Hier spielt der große Anteil an Technologiefirmen eine Rolle. Für europäische Anleger ist allerdings das US-Dollar-Risiko zu berücksichtigen.

 

Den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-US-Aktien sollte ich lieber heute als morgen kaufen, um...

… an der neuen Investitionswelle in den USA teilzunehmen und um die Klimamaßnahmen und die Dynamik der kommenden Jahre zu begleiten. Hier hat die USA eindeutig Aufholpotenzial im Vergleich zu Europa.  

 

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