BÖRSE EXPRESS: Zwar investieren auch immer mehr Privatanleger in nachhaltige Geldanlagen, doch ihr Anteil ist gering. Versprechen Sie sich von der bevorstehenden EU-Regulierung hinsichtlich mehr Transparenz hier einen Schub?

THOMAS MOTSCH: Die angesprochene EU-Regulierung wird sicherlich das Transparenzniveau in der Branche heben. Für Kunden in den Raiffeisen-Nachhaltigkeitsfonds ist das Transparenzniveau bereits bisher ein hohes. Unsere Nachhaltigkeitsfonds werden seit vielen Jahren von externer Seite zertifiziert. Als Grundlage dafür sind eine Vielzahl an Nachhaltigkeitsdokumenten auf unseren Homepages öffentlich verfügbar.

 

Im April 2019 knackte das Fondsvolumen des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix die Milliarden-Euro-Grenze, derzeit verwaltet der Fonds über 3,6 Milliarden Euro. Welche Anlegergruppe und welche Faktoren sind für dieses starke Wachstum hauptverantwortlich und wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Der wesentliche Faktor für diesen Erfolg ist sicherlich das hohe, extern zertifizierte Nachhaltigkeitsniveau, gepaart mit einer sehr erfreulichen finanziellen Performance über die letzten Jahre. Diese beeindruckende Volumenentwicklung wurde zu einem großen Teil durch Privatanleger getragen. Wir sprechen dabei aber nicht nur von österreichischen Privatkunden. Auch über die Grenzen hinaus, beispielsweise in Italien, Deutschland oder auch CEE wird der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix stark nachgefragt.

 

Ihr nachhaltiger Investmentprozess ist mehrstufig und baut auf den Punkten nachhaltige Ausschlusskriterien, detaillierte Nachhaltigkeitsbewertung aller Unternehmen und Emittenten sowie Finanzbewertung auf. Wie läuft er konkret ab, welche Rolle spielen dabei der Beirat für Nachhaltige Investments, externes Research und Engagement und wie erfolgt die Integration von Nachhaltigkeits- und Finanzdaten in der ‘Raiffeisen-ESG-Scorecard’?

Man kann sich unseren Investmentprozess wie einen Trichter vorstellen. Oben füllen wir das gesamte Investmentuniversum ein und dann folgen verschiedene Filter, die einzelne Unternehmen aus verschiedenen Gründen aussieben. Auf der ersten Ebene, der Ausschluss- bzw. Negativkriterien, fallen circa 10 bis 15 Prozent der Emittenten raus. Dann gibt es eine detaillierte Nachhaltigkeits- und Finanzanalyse. Hier werden verschiedenste Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien überprüft und zum Raiffeisen ESG-Score aggregiert. Parallel dazu analysieren wir auch verschiedene Finanzkennzahlen. Auf dieser Ebene fallen weitere circa 35 Prozent der Emittenten raus. Das heißt, es bleiben etwa 50 Prozent des ursprünglichen Universums für unsere Investmententscheidungen übrig. Für uns ist das vollkommen ausreichend, um in ein attraktives, ausbalanciertes Portfolio zu investieren.

Ein wichtiger Baustein in unserem Prozess ist das Engagement, also der Dialog des Nachhaltigkeitsinvestors mit dem Unternehmen. Hier gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Details dazu findet man auch in unserem jährlich veröffentlichtem Engagementbericht. Der Beirat für Nachhaltige Investments ist ein wichtiges Gremium für unsere Nachhaltigkeitsfonds, da hier hochkarätige Experten unseren Ansatz und unsere Ideen kritisch überprüfen und uns auf diese Weise gut beraten.

Für ein Investment in unsere Fonds kommen nur Emittenten in Frage, die sowohl aus Nachhaltigkeitssicht als auch aus finanzieller Sicht zu den attraktivsten Emittenten gehören. Diese Herangehensweise lässt sich sehr gut anhand der Raiffeisen-ESG-Scorecard nachvollziehen. Titel, in die wir investieren befinden sich üblicherweise in der rechten oberen Ecke, wo gute Nachhaltigkeitsbewertung und attraktive finanzielle Einschätzung grafisch zusammentreffen.

 

Um die Unternehmen am Ende herauszufiltern, verwenden Sie den Best-In-Class-Ansatz, ein Ansatz, der sich seit langem die Kritik gefallen lassen muss, dass es keinerlei Ausschlusskriterien für bestimmte Branchen gibt und dass man damit nur das relativ beste Unternehmen der Branche findet. Wie begegnen Sie dieser Kritik?

Ein einfacher Best-In-Class Ansatz für sich allein genommen greift sicher zu kurz bei der Zusammenstellung eines Nachhaltigkeitsfonds. Bei uns werden – wie bereits dargestellt – zunächst die Ausschluss- und Negativkriterien überprüft. Erst danach folgt die Detailanalyse auf deren Basis die besseren Unternehmen in jedem Sektor übrig bleiben. Auch fließen die Ergebnisse unserer Engagements in die Unternehmensauswahl mit ein.

 

Welche Kriterien zur Auswahl der Titel für den Fonds werden hinsichtlich Marktkapitalisierung und Liquidität anwendet?

Wir investieren im Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix hauptsächlich in Mid- und Large Caps. Unternehmen mit einer Market-Cap von unter 1 Milliarde Euro werden aus Liquiditätsüberlegungen üblicherweise nicht berücksichtigt. Wir überprüfen vor einem Investment natürlich auch die Liquidität eines Titels.

 

Sie haben in den letzten Monaten die Aktiengewichtung zulasten der Anleihen leicht auf rund 51 Prozent erhöht. Bleiben Sie bei Ihrer ausgewogenen Ausrichtung und welches Anlageziel in puncto Rendite verfolgen Sie dabei?

Die Ausrichtung im Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix ist üblicherweise ausgewogen bei einer Aktienquote von etwa 50 Prozent. Diese Ausrichtung verfolgen wir auch weiterhin. Unser Anlageziel liegt darin, unseren Kunden Kapitalwachstum zu ermöglichen.

 

Der Schwerpunkt der Veranlagung in Aktien liegt weiter in Europa und Nordamerika. Welche Sektoren leisteten in den letzten Wochen besonders positive bzw. negative Beiträge zur Performance? Wo liegen die Schwergewichte im Anleiheteil des Portfolios, auch hinsichtlich der Ratings?

In den letzten Wochen kamen IT-Titel, die sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt hatten, etwas unter Druck. Gleichzeitig konnten konjunktursensitive Sektoren wieder aufholen. Der Fonds wurde durch diese Entwicklungen aber nicht wesentlich beeinflusst, da die ausbalancierte Allokation hier unterstützte. Im Anleiheteil liegt der Schwerpunkt derzeit stärker auf Unternehmensanleihen. Es werden aber auch Staatsanleihen, supranationale Emittenten und Agencies gehalten. Hinsichtlich der Ratings wird nur in Investment-Grade Anleihen investiert.

 

Laut Ihren Angaben werden die Nachhaltigkeitsbewertungen der Unternehmen/Emittenten im Portfolio mindestens einmal pro Monat aktualisiert und gegebenenfalls nachjustiert. Mussten Sie in den letzten Monaten Desinvestments vornehmen, weil sich die Nachhaltigkeitsbewertung - also das "Raiffeisen-ESG-Score" - stark negativ verändert hat und wenn ja, welche?

Unsere Investments stehen laufend auf dem Prüfstand. Aus Nachhaltigkeitsüberlegungen wurden allerdings in den letzten Monaten keine Divestments vorgenommen.

 

Wenn es um österreichische Aktien im Portfolio geht, findet sich im Rechenschaftsbericht per 30.9.2020 nur Verbund im Fonds. Hat sich daran etwas geändert bzw. warum ist etwa Lenzing nicht im Fonds enthalten, obwohl das Unternehmen in Ihrer aktuellen Broschüre „Unternehmen im Fokus der Nachhaltigkeit” als Beispiel anführen oder auch nicht eine im Dow Jones Sustainability World Index enthaltene OMV?

Grundsätzlich finden wir einige österreichische Unternehmen attraktiv. Aber auch in anderen Regionen und Märkten gibt es eine Vielzahl attraktiver Unternehmen. Da wir ein globales Portfolio verwalten, versuchen wir einen ausgewogenen regionalen Mix darzustellen.

 

Den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix sollte ich lieber heute als morgen kaufen, da …

… ein Fonds mit hohem Nachhaltigkeitsniveau und attraktiver finanzieller Entwicklung in jedes Depot gehört. Man kann nicht früh genug mit einem verantwortungsvollen Vermögensaufbau beginnen und der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix ist ein optimales Vehikel dafür.

 

Aus dem be weekly - Geldanleger 12, das Wochenmagazin des Börse Express

Seite nicht gefunden