Avast bringt seinen KI-gesteuerten Scam Guardian auf Mobilgeräte – eine Antwort auf die rasant wachsende Bedrohung durch digitale Betrüger. Der Start erfolgt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem hochentwickelte Android-Schadsoftware die mobile Sicherheit auf eine harte Probe stellt.

Die Entwicklung macht deutlich: Mobile Geräte sind zum Hauptschlachtfeld der Cyberkriminalität geworden. Während Angreifer immer ausgefeiltere Werkzeuge einsetzen, rüsten Sicherheitsfirmen mit intelligenten, adaptiven Technologien auf. Kann künstliche Intelligenz den entscheidenden Unterschied machen?

Vom Desktop aufs Smartphone

Der Cybersecurity-Konzern Avast, Teil von Gen (NASDAQ: GEN), hat am 12. November 2025 den Scam Guardian und Scam Guardian Pro für Android und iOS offiziell vorgestellt. Die zunächst in Frankreich und Deutschland verfügbaren Tools bringen die bewährte Desktop-Schutztechnologie auf mobile Endgeräte – dort, wo Betrüger ihre Opfer am häufigsten erreichen.

Die hauseigenen Zahlen sprechen eine klare Sprache: Über 80 Prozent aller von Gen Threat Labs blockierten mobilen Angriffe waren Betrugsversuche und Social-Engineering-Attacken. Im Schnitt verhindert das Unternehmen vier mobile Betrugsversuche – pro Sekunde. Leena Elias, Chief Product Officer bei Gen, beschreibt das veränderte Bedrohungsbild treffend: „Betrugsmaschen schreien nicht mehr – sie flüstern. Sie klingen wie ein normaler Anruf, sehen aus wie eine SMS über ein erwartetes Paket oder wirken wie eine E-Mail von jemandem, dem man vertraut."

Das neue mobile Sicherheitspaket gibt es in zwei Varianten. Die kostenfreie Version Scam Guardian ist in die Avast Mobile Security App integriert. Die Premium-Variante Scam Guardian Pro kommt mit Avast Premium Mobile Security und bietet einen erweiterten Funktionsumfang für proaktiven Schutz.

Mehrschichtiger KI-Schutz gegen Betrüger

Scam Guardian Pro basiert auf einem mehrschichtigen, KI-gestützten Abwehrsystem, das Betrugsversuche über verschiedene Kommunikationskanäle abfängt:

Call Guard blockiert automatisch bekannte Betrugsanrufe, bevor das Telefon überhaupt klingelt. Verdächtige Anrufe werden entsprechend gekennzeichnet – die Entscheidung, ob man abnimmt, bleibt beim Nutzer.

Email Guard geht über traditionelle Filter hinaus. Die KI analysiert Kontext und Bedeutung der Worte in einer E-Mail, um ausgeklügelte Phishing-Versuche zu erkennen, die herkömmliche Filter durchrutschen würden. Sowohl sichere als auch verdächtige Nachrichten werden bereits vor dem Öffnen markiert.

SMS Guard setzt fortgeschrittene KI-Algorithmen ein, um betrügerische Textnachrichten zu identifizieren. Diese sind oft so geschickt formuliert, dass Nutzer auf gefährliche Links klicken oder persönliche Informationen preisgeben.

Die kostenlose Version bietet ebenfalls nützliche Funktionen: Der Avast Assistant, ein KI-gestützter Chatbot, analysiert Screenshots, Links und Nachrichten in Echtzeit auf ihre Vertrauenswürdigkeit. Web Guard schützt zusätzlich vor dem Besuch bekannter Betrugs- und Gefahren-Websites.

Android-Bedrohung unterstreicht Dringlichkeit

Die zeitliche Nähe zur Veröffentlichung neuer Android-Schadsoftware könnte kaum passender sein. Am 11. November 2025 enthüllten Sicherheitsforscher Details zu einem neuen Android Remote Access Trojaner namens „Fantasy Hub". Die Malware wird in russischsprachigen Telegram-Kanälen als Malware-as-a-Service (MaaS) angeboten – ein Geschäftsmodell, das selbst weniger versierten Cyberkriminellen Zugang zu hochentwickelten Angriffswerkzeugen verschafft.

Fantasy Hub verschafft Angreifern weitreichende Kontrolle über infizierte Geräte: SMS, Kontakte, Anruflisten, Bilder und Videos können gestohlen werden. Besonders perfide ist der Angriff auf finanzielle Abläufe durch gefälschte Login-Fenster für Banking-Apps und das Abfangen von Zwei-Faktor-Authentifizierungscodes per SMS. Das MaaS-Abo-Modell macht dieses potente Werkzeug für lediglich 170 Euro pro Woche oder 425 Euro monatlich verfügbar.

Diese Art von Schadsoftware, die Datendiebstahl mit Echtzeit-Imitation legitimer Apps kombiniert, zeigt: Sicherheitslösungen müssen Verhalten und Kontext analysieren können – nicht nur bekannte Signaturen erkennen.

Wettrüsten mit künstlicher Intelligenz

Das gleichzeitige Aufkommen KI-gestützter Betrugsmaschen und KI-basierter Abwehrmechanismen markiert eine neue Ära der Cybersicherheit. Kriminelle nutzen künstliche Intelligenz, um überzeugendere und personalisierte Angriffe zu entwickeln. Sicherheitsunternehmen wie Avast setzen dieselbe Technologie ein, um intelligentere, adaptive Schutzmaßnahmen zu schaffen. Dieses eskalierende technologische Wettrüsten bedeutet: Traditionelle, signaturbasierte Antivirus-Lösungen reichen längst nicht mehr aus.

Die mobile Plattform Android bleibt aufgrund ihrer enormen globalen Nutzerbasis ein lukratives Ziel. Forschungsdaten zeigen einen Anstieg von Android-Malware-Transaktionen um 67 Prozent im Jahresvergleich – angetrieben durch ausgefeilte Spyware und Banking-Trojaner. Das MaaS-Modell, wie es bei Fantasy Hub zu beobachten ist, demokratisiert Cyberkriminalität und ermöglicht eine breitere Verteilung gefährlicher Werkzeuge.

Avasts Strategie, KI direkt in seine mobile Sicherheitssuite zu integrieren, ist eine direkte Reaktion auf diese Entwicklung. Der Fokus liegt auf Echtzeitanalyse von Anrufen, Textnachrichten und E-Mails – genau dort, wo moderne Betrugsmaschen am häufigsten ansetzen.

Künftige Entwicklung: KI als Schlachtfeld

Der Kampf zwischen Cyberkriminellen und Sicherheitsexperten wird zunehmend auf dem Feld der künstlichen Intelligenz ausgetragen. Verbraucher können mit mehr Sicherheitsprodukten rechnen, die integrierte KI-Assistenten und proaktive Bedrohungsabwehr im Hintergrund bieten. Nach dem erfolgreichen Europa-Start dürfte Avast den Scam Guardian rasch auf weitere globale Märkte ausweiten – Nordamerika und Asien eingeschlossen.

Die Evolution von Malware wie Fantasy Hub und Spyware wie LANDFALL, die kürzlich Samsung-Geräte über eine Zero-Day-Schwachstelle attackierte, zeigt: Angreifer innovieren konstant. Das erfordert kontinuierliche Updates und Lernprozesse für KI-Abwehrmodelle. Der Schwerpunkt verlagert sich vom bloßen Blockieren bekannter Bedrohungen hin zur Vorhersage und Neutralisierung neuartiger Angriffe, bevor sie Schaden anrichten können.

Für Android-Nutzer bedeutet das: Der ausschließliche Verlass auf plattformeigene Schutzfunktionen könnte künftig nicht mehr ausreichen. KI-gestützte Sicherheits-Apps von Drittanbietern entwickeln sich vom Nischenprodukt zur essenziellen Absicherung für digitale Sicherheit.