Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend in Metropolen wie Berlin, München und Frankfurt – Städte, die nicht nur als Wohnorte attraktiv sind, sondern zunehmend auch als wichtige Investitions- und Kapitalstandorte fungieren.

Steuerkraft durch Zuzug: Wenige Haushalte, aber große Wirkung

Laut Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung verzeichneten Berlin und München in den letzten Jahren sowohl einen deutlichen Zuzug aus dem Ausland als auch eine verstärkte Binnenmigration aus westdeutschen Großstädten und wohlhabenden Umlandregionen.

Der Wohnortwechsel wohlhabender Steuerzahler hat dabei eine nicht zu unterschätzende fiskalische Bedeutung: Schon ein einzelner Haushalt mit hohem Einkommen kann das Steueraufkommen einer Kommune signifikant beeinflussen – und das weit über den Einkommensteueranteil hinaus. Auch die verbundene erhöhte Nachfrage nach hochwertigen Dienstleistungen, Bildungsangeboten und privaten Kapitalanlagen ist nämlich von Bedeutung.

Dienstleistungsstruktur im Wandel

Mit dem Zuzug finanzstarker Bevölkerungsgruppen verändert sich aber nicht nur das wirtschaftliche Klima. Die Struktur der lokalen Dienstleistungslandschaft wandelt sich ebenfalls.

Unter anderem steigt die Nachfrage nach maßgeschneiderten Services rund um Immobilien, Sicherheit, Gesundheitsvorsorge und nicht zuletzt Logistik. Besonders in Städten wie Berlin hat sich dieser Trend in der Umzugsbranche spürbar bemerkbar gemacht. Eine etablierte Umzugsfirma in Berlin berichtet etwa von einem zunehmenden Anteil an Kunden aus dem oberen Einkommenssegment, die gezielt innerstädtisch oder aus anderen Bundesländern in zentrale Berliner Lagen ziehen – häufig gepaart mit einem großen Beratungsbedarf rund um die steuerliche Gestaltung, den Immobilienkauf oder Second-Home-Lösungen.

Immobilienpreise als Frühindikator

Auch der Immobilienmarkt selbst wird durch diese Entwicklungen stark geprägt. Eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt: In Vierteln mit steigendem Anteil an Haushalten mit hohem Einkommen entwickeln sich Preise für Wohneigentum deutlich dynamischer als in Stadtteilen mit stagnierenden Einkommensverhältnissen.

In Berlin-Mitte, Hamburg-Eppendorf oder München-Schwabing stieg der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen zwischen 2019 und 2023 etwa um mehr als 35 Prozent – also deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt.

Stadtentwicklung als Standortstrategie

Für die Städte entstehen daraus nicht nur Herausforderungen − etwa hinsichtlich der Gentrifizierung und der sozialen Durchmischung − sondern auch attraktive Chancen. Kommunen mit einem strategischen Flächenmanagement und einer vorausschauenden Stadtentwicklungspolitik profitieren gezielt von dieser Kapitalmobilität.

Investitionen in hochwertige Infrastruktur, kulturelle Einrichtungen und digitale Verwaltungsprozesse machen sich schnell bezahlt – sowohl für bestehende Bewohnerinnen und Bewohner als auch für Neuzuziehende.

Kapital zieht Kapital an

Ein weiterer oft unterschätzter Aspekt: Auch Unternehmensgründungen und Investitionen in lokales Unternehmertum nehmen durch wohlhabende Zuziehende Fahrt auf. Laut KfW-Gründungsmonitor ist die Gründungswahrscheinlichkeit bei Personen mit akademischem Hintergrund, einer hohen Kapitaldecke und einem urbanen Umfeld signifikant erhöht.

Zunehmend entstehen so in Metropolen kleinteilige, innovative Strukturen – von Boutique-Venture-Capital-Fonds über spezialisierte Steuerberatungen bis hin zu Co-Investment-Modellen im Immobiliensektor.

Der Blick auf den Einzelhaushalt lohnt sich

Diese Verlagerungen wirken sich damit nicht zuletzt auch indirekt auf die Finanzmärkte aus. Über die Nachfrage nach lokalen Anlageformen wie Immobilienfonds, Private-Equity-Clubdeals oder regionalen Anleihen wird Kapital mobilisiert und gebunden. Zwar geschieht das meist fernab der Börse, aber dennoch mit erheblichen Auswirkungen auf das Investitionsklima. Die Metropolen entwickeln sich so zu Kapitalreservoirs, in denen Geld nicht nur wohnt, sondern auch zirkuliert und gestaltet.

Die Frage, wie Städte künftig mit dieser Form des Zuzugskapitals umgehen, bleibt entscheidend. Steuerliche Gestaltungsspielräume, soziale Balance und smarte Infrastrukturprojekte werden darüber entscheiden, ob der ökonomische Zugewinn langfristig Bestand hat oder ob er sich in steigenden Mieten und wachsender Ungleichheit verflüchtigt.