BÖRSE EXPRESS: Vergangene Woche präsentierte Zumtobel seine Jahreszahlen 2018/19, die von der Börse sehr positiv aufgenommen wurden. An sich wurde erreicht, was vom Management in Aussicht gestellt wurde. Bezugnehmend auf die Marktreaktion – wurde Ihnen nicht so ganz zugetraut, die eigenen Prognosen einzuhalten? Sie hatten sicher bereits Investorengespräche, war dort ein großes Aufatmen zu verspüren – oder wie war die Stimmung?

THOMAS TSCHOL: Ich führe die Kursreaktion auf zwei Dinge zurück: Ja, wir haben geliefert, was wir versprochen haben. Gerade in einem Übergangsjahr, wie dem unseren, ist eine gewisse Unsicherheit unter Investoren natürlich vorhanden. Und hoffe, dass wir jetzt ein Stück Vertrauen zurückgewonnen haben.

Und zweitens, dass wir im 4. Quartal endlich den negativen Umsatztrend stoppen konnten – gepaart mit unserem Margenausblick. Und in Summe hatten wir die positive Kursreaktion.

 

BÖRSE EXPRESS: Was auf dem Weg der Restrukturierung war im Vorjahr der für Sie wichtigste gelungene Schritt?

THOMAS TSCHOL: Es gab nicht den einen großen Schritt. Es war die Summe an Maßnahmen: wie die Verschlankung des Managements, die Schließung des Komponentenwerks in Jennersdorf sowie des Leuchtenwerks in China und einiges mehr.

 

BÖRSE EXPRESS: Bleiben wir bei der Restrukturierung: In Summe der beiden letzten Geschäftsjahre liegen wir nun bei 52 Millionen Euro an Restrukturierungskosten. Ist diese nun an sich abgeschlossen, oder wird es noch ein paar a.o. Effekte in den heurigen Zahlen geben?

THOMAS TSCHOL: Die Restrukturierung ist im Wesentlichen abgeschlossen, daher gehe ich heuer von einem deutlichen geringeren Betrag aus – im oberen einstelligen Millionenbereich.

 

BÖRSE EXPRESS: Im Vorjahr wurde die bereinigte Umsatzrendite auf EBIT-Basis von 1,6 auf 2,4 Prozent erhöht. Jetzt könnte man sagen, dass mehr als die Hälfte dieses Anstiegs auf der erstmals seit vielen Jahren unter 6,0 Prozent gefallenen F&E-Quote basiert. Ist das angesichts dieses Satzes aus Ihrem Geschäftsbericht: „Hohe Investitionskraft ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens“ nicht ein Sparen am falschen Platz? In Zahlen: die Patentanmeldungen sanken im Vorjahr von 128 auf 99…

THOMAS TSCHOL: Nur vorweg: wir definieren uns weniger über die Zahl der Patente an sich, sondern die der kommerziell verwertbaren.

Aber, Ihren Schluss würde ich so überhaupt nicht sehen: Wir hatten im Vorjahr den Effekt, aus diesem Bereich einen höheren Anteil aktivieren zu können, was aber die F&E-Quote optisch drückte. Wir wollen auch in der Zukunft rund sechs Prozent des Umsatzes in F&E investieren – das mit dem angesprochenen Schlüssel für die Zukunft meinen wir auch so.

 

BÖRSE EXPRESS: In Porto wurde kürzlich ein neues F&E-Kompetenzzentrum für den Bereich Components eröffnet. Nachdem das eher Massenprodukte sind, was ist die Aufgabe dieses F&E-Zentrums?

THOMAS TSCHOL: Wir bündeln, wo sinnvoll, F&E-Einrichtungen innerhalb des Konzerns: das spart Kosten – nicht nur in der Verwaltung - und bringt zum Beispiel in der dort internen Kommunikation große Vorteile. Es geht um Effizienzgewinne.

Bei Porto ist das eine andere Geschichte. Aufgabe des Zentrums ist die Entwicklung von intelligenten Lichtmanagement- und Lichtsteuerungssystemen – für zum Beispiel den Bereich Smart Buildings oder Smart Cities. Das sind alles andere als Massenprodukte. In Porto wird auch für das Leuchtengeschäft geforscht – die beiden Bereiche - Leuchten- und Komponentengeschäft - wachsen mehr und mehr zusammen. Wir möchten einfach den Vorteil nutzen, den beinahe jede Leuchte hat: Wo diese ist, ist auch Strom. Und montiert ist sie zumeist räumlich betrachtet oben. Heißt, mit dem entsprechenden Sensor ausgestattet, kann von der Leuchte aus sehr, sehr viel gesteuert werden.

 

BÖRSE EXPRESS: Heuer soll die bereinigte Umsatzrendite – bei einem leicht steigendem Umsatz - einen Wert zwischen drei und fünf Prozent erreichen. Nach zuletzt 27,6 Millionen wären das zumindest 35 Millionen, vielleicht aber auch 60. Wovon hängt diese Bandbreite ab – bzw. bei einem reinen ceteris paribus des Umfelds: wo würde Zumtobel heuer durch die eingeleitete Restrukturierung landen? Und was wird diese Millionen einspielen?

THOMAS TSCHOL: Ceteris paribus würden wir wahrscheinlich in etwa in der Mitte landen. Die Bandbreite liegt daran, dass wir uns mit einer Fülle an Unsicherheiten konfrontiert sehen: wir sind ein weltweit tätiger Konzern mit dann auch weltweiten Währungsrisiken und den entsprechenden Problemen, wenn sich Handelshemmnisse oder Zölle auftun – oder auch nicht.

Der höhere Gewinn kommt zum kleinen Teil noch aus Verbesserungen im Betriebs- und Verwaltungsbereich. Aber vor allem aus höheren Margen, die sich etwa auch durch das neue Werk in Serbien ergeben.

 

BÖRSE EXPRESS: Ab kommenden Jahr, soll die nachhaltige EBIT-Marge bei rund 6,0 Prozent liegen. Das ist ebenfalls mit dem neuem serbischen Werk in Vollproduktion bereits ‚fix‘? Was sonst an größeren Dingen ist noch zu tun?

THOMAS TSCHOL: Mit der Restrukturierung wurde die wesentliche Basis dafür geschaffen. Und mit dem neuen Werk in Serbien kommt nun noch Dynamik hinein. Es muss uns aber bewusst sein, dass das kein Selbstläufer ist, wir uns ständig verbessern müssen um allein die Margen halten zu können.

 

BÖRSE EXPRESS: Sie sprechen die Preiserosion am Markt an. Wie hoch war diese zuletzt?

THOMAS TSCHOL: Im Leuchtengeschäft sehen wir uns mit ein bis zwei Prozent konfrontiert, bei Komponenten sind es sechs bis sieben Prozent.

 

BÖRSE EXPRESS: Ad neues Werk: auf Ihrer Landkarte fehlt ein Komponenten-Produktionswerk in den USA. Kommt das, oder ist dort keines notwendig?

THOMAS TSCHOL: Zumtobel ist mit dem aktuellen Netzwerk sehr effektiv aufgestellt – ein US-Werk steht nicht auf dem Plan.

 

BÖRSE EXPRESS: Kürzlich verkaufte Osram sein Außenbeleuchtungsgeschäft an Stern Stewart Capital. Es wäre nicht das erste Mal, dass danach ein ähnlich strukturiertes Unternehmen gesucht wird, um per Zusammenschluss als notwendig erachtete Synergien zu erzielen. Jetzt hat Zumtobel in diesem Bereich die Marken acdc und Thorn. Könnten Sie sich eine Trennung von diesem Bereich vorstellen?

THOMAS TSCHOL: Wir sind mit der Entwicklung dieser Marken sehr zufrieden. Daher ist eine Trennung kein Thema.

 

BÖRSE EXPRESS: Laut Zahlen in ihrem Geschäftsbericht führten Zumtobel-Produkte im Vorjahr zu einer Verringerung des CO2-Ausstoßes um 2,2 Millionen Tonnen. Umgelegt auf den europäischen Zertifikate-Preis, gab es rein rechnerisch somit eine Einsparung bei Ihren Kunden von knapp 60 Millionen Euro – und ein neues Produkt dazu. Jetzt gelten die 60 Millionen für mehrere Jahre – wovon bei Ihnen eigentlich sehr wenig übrigbleibt: Müsste man das Geschäftsmodell nicht viel mehr auf Contracting umstellen?

THOMAS TSCHOL: Energie-Einsparung ist derzeit ein Wachstumstreiber der Leuchtenbranche – und wie immer entscheidet am Ende des Tages der Kunde, für welches Modell er sich entscheidet: Wir bieten Contracting-Modelle an, der Markt steht hier aber erst am Anfang, wird sich aber sicher entwickeln.

 

BÖRSE EXPRESS: Ihre Bestellung als CFO läuft aus heutiger Sicht noch ein Jahr. Dann, so der Plan, geht es mehr darum die Früchte der Restrukturierung zu ernten, als den Baum dafür zu pflanzen. Jetzt zieht sich das Thema Restrukturierung wie ein roter Faden durch ihre berufliche Laufbahn – und an sich verließen Sie die jeweiligen Unternehmen danach. Wenn Sie vom Aufsichtsrat gefragt würden, käme eine Verlängerung für Sie in Frage?

THOMAS TSCHOL: Nach dem Übergangsjahr, wie wir es nannten, sind wir nun im Aufbruchsjahr angekommen. Hier sind unser Team und ich besonders gefordert, die versprochene EBIT-Marge auch zu liefern. Damit haben wir alle Hände voll zu tun und das ist mein ganzer Fokus. Und: es ist auf jeden Fall nicht so, dass ich nicht auch ein paar längere Engagements hatte. Aber lassen Sie uns jetzt einmal arbeiten, der Rest wird sich zeigen. 

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