Englands Kickerinnen haben den Männern im Mutterland des Fußballs etwas voraus - den EM-Titel 2022. Die "Lionesses" starten nun am Samstag (21.00) in Zürich gegen Frankreich die Mission Titelverteidigung. Für Arsenal-Keeperin Manuela Zinsberger gehört ihre zweite Heimat zu den Mitfavoritinnen. Obwohl viele Spielerinnen, die vor drei Jahren EM-Gold gewonnen haben, auch diesmal dabei sind, gab es einen kleinen Umbruch. "Mary Earps ist zurückgetreten, Fran Kirby auch. Und Millie Bright nimmt sich eine mentale Auszeit", blickt Zinsberger auf die Veränderung im englischen Kader. Williamson als Führungspersönlichkeit gefragt Als Führungspersönlichkeit müsse nun ihre Arsenal-Teamkollegin und Abwehrkraft Leah Williamson Verantwortung übernehmen. "Sie ist für mich die Leaderin, die vorangehen muss, die in der Pflicht steht, das auf ihren Schultern zu tragen." Statt Earps steht nun Hannah Hampton (24/Chelsea) zwischen den Pfosten. "Ich bin gespannt, wie Hampton in dem Turnier performt und welche Präsenz sie einnehmen kann", meint Zinsberger. Eine weitere Frage ist, ob Beth Mead an ihre Topform als Torschützenkönigin und beste Spielerin der EM 2022 anknüpfen kann. "Die Erwartungshaltung an sie ist sehr hoch. Ich hoffe, dass sie ihr Herz am Platz lassen und Spaß haben kann, auf sich selbst vertraut und auch das Vertrauen von Sarina Wiegman bekommt. Dann wird sie eine richtig geile EM spielen", vermutet die Niederösterreicherin. Schwierige Gruppe D Die Vorrunde ist für die Engländerinnen jedenfalls kein Selbstläufer. Die Nummer drei Europas bekommt es in Pool D neben Frankreich (5) mit Ex-Champion Niederlande (6) und Wales zu tun. Im Viertelfinale könnte England in einer Finalneuauflage auf Deutschland treffen. Zinsberger sieht die Top 3 - England, Deutschland und Spanien - auf Augenhöhe. Die Torhüterin ist eine von vier Österreicherinnen in der englischen Women's Super League (WSL). Neben der 29-Jährigen kickten dort vergangene Saison noch Marie-Therese Höbinger (Liverpool), Laura Wienroither (Manchester City) und Verena Hanshaw (West Ham United). Das Quartett erlebt hautnah den Aufschwung der WSL, von dem auch das englische Team profitiert. Fast der gesamte Kader speist sich aus Spielerinnen der vier Topvereine Chelsea (Meister), Arsenal (Vize sowie Champions-League-Sieger), Manchester United (3. und Cupsieger) und Manchester City (4.). EM-Titel löste Boom aus Der EM-Titel 2022 habe einen Boom ausgelöst und Medien, Sponsoren und Investoren angelockt, erzählte Zinsberger, die neben der Stärke der Liga auch die Fan-Identität hervorhebt. "Wenn in England ein Kind geboren wird, kriegt es sofort ein Trikot an. Das ist so eine Mentalität, die gleich entsteht mit der Verbundenheit zu einem Verein." Mit Arsenal spielt Zinsberger künftig alle Heimspiele im Emirates Stadium, weil das Team einen Zuschauerschnitt von knapp 30.000 hat. "Das spricht schon für sich. Du kommst raus aus der Kabine und Zehntausende singen 'North London Forever'. Da hast du eine Gänsehaut. Das macht mich so stolz, dass wir zeigen, was im Frauenfußball möglich ist", erzählte die Torhüterin. Österreich kann sich ein Beispiel nehmen Österreich könne da einiges lernen. Man müsse zwar "die Kirche im Dorf lassen", weil hierzulande die Möglichkeiten begrenzter seien, aber: "Ich bin schon der Meinung, dass mehr passieren kann, mehr passieren darf. Jeder muss für die Sichtbarkeit des Frauenfußballs mehr machen." Aber zuerst müsse man im ÖFB-Team "unseren Job erledigen, guten Fußball spielen und ein gutes Entertainmentprogramm bieten, sodass die Leute sagen 'Das will ich mir anschauen'. Wenn wir jedes Mal in der ersten Halbzeit ein 0:6 kassieren (wie gegen Deutschland, Anm.), wird es schwierig."