FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed am Mittwoch dürften die Anleger am deutschen Aktienmarkt weiter angespannt bleiben. Dafür sorgt auch die anhaltende Unruhe im Bankensektor der USA. "Eine Woche des Erschreckens an den Finanzmärkten liegt hinter uns", kommentierte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater mit Blick auf den Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Credit Suisse . Das alles ließ den Dax im Verlauf der Woche mehrfach deutlich absacken. Die Notenbanken stehen in der Folge noch stärker in einem Dilemma als ohnehin schon.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte sich am Donnerstag nicht von ihrem angekündigten geldpolitischen Kurs abbringen lassen und erhöhte den Leitzins erneut um 0,5 Prozentpunkte. Allerdings legte sich die Notenbank nicht auf weitere Zinserhöhungen fest. "Alles in allem hat es den Anschein, dass die Währungshüter sich eher in Zurückhaltung üben könnten und das Zinstempo reduzieren", schrieb Analyst Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen.

Rund ein Jahr nachdem die Fed ihre aggressive Leitzinswende gestartet hatte, könnte auch bei der US-Notenbank ein Umdenken einsetzen. "Die Börsenwelt hat sich in den vergangenen sieben Tagen um 180 Grad gedreht", konstatierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Aus der Angst vor einer Tempoverschärfung der Fed sei bei einigen Marktteilnehmern schon Hoffnung auf eine Zinssenkung geworden. "So weit sollte es zwar nicht kommen, aber der große Zinsschritt ist spätestens seit dieser Woche vom Tisch."

Marktbeobachter Robert Halver von der Baader Bank rechnet daher mit einer Zinserhöhung der Fed um lediglich 0,25 Punkte. "Als bedeutendste Notenbank der Welt kann sie mit einem plötzlichen Strukturbruch ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen." Die weiter nachgebende Kerninflation gebe der Fed die nötige Beinfreiheit.

Auch die Helaba-Experten werfen bereits die Frage auf, wie es nach der kommenden Zinssitzung weitergeht: "Aktuell preist der Future-Markt eine noch schnellere und deutlichere Wende der Fed ein als zuvor." Schon für den Sommer werde hier mit der ersten Lockerung gerechnet. Die Konjunkturdaten würden dagegen eine weitere Zinserhöhung wahrscheinlich machen. "In dieser Gemengelage dürften die Anleger zunächst im Team Vorsicht verharren", schrieben die Experten der LBBW. Am Donnerstag folgen außerdem weitere Zinsentscheide von Notenbanken wie der Bank of England (BoE).

Die Sorge um die Banken bleibt derweil präsent, auch wenn sie zuletzt etwas nachließen. Nach den Hilfen für die angeschlagene Credit Suisse erhielt auch die US-Regionalbank First Republic milliardenschwere Unterstützung. Die Probleme dieser Geldhäuser seien zudem eher unternehmensspezifisch und nicht systemisch, kommentierte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck. "Sollten sich die Fälle jedoch mehren, könnte das Vertrauen in den Bankensektor insgesamt sinken, was weitergehende Risiken bergen würde."

Die Experten der Commerzbank verwiesen neben den Banken auch auf die Immobilienaktien. Die deutlichen Dividendenkürzungen dort seien ein weiteres Beispiel, warum die negativen Auswirkungen der restriktiven monetären Trends in den kommenden Monaten die Aktienmärkte regelmäßig belasten dürften. Zuletzt hatte unter anderem Dax-Konzern Vonovia die Dividende spürbar gekappt.

Im Dax dürfte der Fokus aber erst einmal auf Rheinmetall liegen. Der Rüstungskonzern und Autozulieferer wird am Montag für den Dialyse-Spezialist FMC in den Leitindex aufsteigen. Auch in den hinteren Börsenreihen werden einige Änderungen zu Wochenbeginn umgesetzt, welche bereits Anfang März angekündigt wurden. Rheinmetall hat den Dax-Aufstieg vor allem der deutlich gestiegenen Bewertung angesichts des Ukraine-Krieges zu verdanken.

Darüber hinaus stehen auch weitere Geschäftszahlen von Dax-Konzernen auf der Agenda. Am Dienstag öffnet Energiekonzern RWE die Bücher, am Donnerstag folgt Heidelberg Materials . Der Baustoffhersteller hatte vorläufigen Zahlen zufolge im vergangenen Jahr etwas mehr verdient als erwartet und im Schlussquartal die stark gestiegenen Energiekosten zum ersten Mal im Laufe von 2022 überkompensiert. RWE profitierte dagegen von den hohen Preisen für Energie und konnte nicht zuletzt wegen kurzfristig eingesetzter Kraftwerke zum Ausgleich schwacher Windverhältnisse die Erwartungen für das vergangene Jahr übertreffen.

Am Freitag geben Einkaufsmanagerindizes weiteren Aufschluss über die Stimmung der Unternehmen in Deutschland und dem Euroraum. "Nach dem deutlichen Anstieg im Februar ist ein weiteres leichtes Plus sowohl bei der Geschäftstätigkeit im Dienstleistungssektor als auch bei der Produktion im verarbeitenden Gewerbe zu erwarten", schrieben die Experten der BayernLB. Zuvor läutet schon am Dienstag der ZEW-Index den Reigen der Frühindikatoren im März ein, er dürfte sich aus Sicht der BayernLB etwas eintrüben. Außerdem blicken die Anleger gespannt auf frische Erzeugerpreisdaten aus Deutschland, die schon am Montag erwartet werden./niw/tih/jha/

--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---

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AXC0218 2023-03-17/15:59

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