Die Wiener Kulturszene zeigt heute ihre ganze Bandbreite. Von der Staatsoper bis zum MusikTheater stehen Klassiker und kontroverse Neuinterpretationen auf dem Programm.

Der heutige Abend spiegelt Wiens einzigartige Position als Welthauptstadt der darstellenden Künste wider. Während in der Staatsoper ein tschechisches Nationalheiligtum erklingt, sorgt eine radikale "Fledermaus"-Inszenierung für heftige Diskussionen. Diese programmatische Vielfalt lockt Einheimische wie internationale Gäste gleichermaßen an.

Staatsoper: Smetana kehrt nach 36 Jahren zurück

Im Haus am Ring erklingt heute Abend Bedřich Smetanas "Die verkaufte Braut". Das tschechische Nationalstück kehrte erst kürzlich in einer Neuinszenierung von Dirk Schmeding an die Wiener Staatsoper zurück - nach über drei Jahrzehnten Pause.

Tomáš Hanus dirigiert das Ensemble um die slowakische Sopranistin Slávka Zámečníková als Mařenka und Tenor Pavol Breslik als Jeník. Die neue deutsche Textfassung macht die feinen Nuancen des Librettos einem breiteren Publikum zugänglich.

Die Besetzung mit slowakischen Stars wird in Fachkreisen als "slowakische Nationalmannschaft" gefeiert. Sie unterstreicht die enge kulturelle Verbindung der Nachbarländer.

MusikTheater: "Fledermaus" spaltet das Publikum

Einen Tag nach der Premiere läuft im MusikTheater an der Wien erneut Stefan Herheims umstrittene "Fledermaus"-Inszenierung. Der Regisseur hat anlässlich Johann Strauss' 200. Geburtstags eine "eigene Spielfassung" geschaffen, die am Uraufführungsort von 1874 für Gesprächsstoff sorgt.

Herheims Konzept bricht radikal mit Traditionen: Er reichert die Handlung mit einer politischen Meta-Ebene über den Untergang der Habsburger-Monarchie an. Musikalisch überrascht die Produktion unter Petr Popelka mit Zitaten von Beethoven bis zum Musical "Elisabeth".

Die Premiere erntete gemischte Reaktionen. Während das Sängerensemble um Hulkar Sabirova und Alina Wunderlin gefeiert wurde, erhielt Herheim sowohl Applaus als auch lautstarke Buh-Rufe.

Musical-Welten und scharfsinniges Sprechtheater

Die Volksoper Wien präsentiert heute den Evergreen "West Side Story" von Leonard Bernstein. Die zeitlose Geschichte erklingt in deutscher und englischer Sprache.

Im Raimund Theater läuft eine Matinee von Andrew Lloyd Webbers "Das Phantom der Oper" in der spektakulären Neuproduktion von Cameron Mackintosh.

Das Burgtheater bietet mit "Toto" von Sibylle Berg scharfsinnige Dialoge und gesellschaftsrelevante Themen - typisch für das führende Schauspielhaus im deutschsprachigen Raum.

Kulturelle Identität zwischen Bewahren und Erneuern

Der heutige Spielplan zeigt Wiens Fähigkeit, Tradition zu pflegen und gleichzeitig Innovation zu umarmen. Die gleichzeitige Präsentation eines tschechischen Nationalstücks, einer radikalen "Fledermaus"-Interpretation und internationaler Musical-Hits verdeutlicht diese Balance.

Diese Vielfalt ist ein zentraler Grund für Wiens Anziehungskraft als globale Kulturmetropole. Die kontroversen Diskussionen um Herheims Inszenierung belegen: Theater wird hier nicht nur konsumiert, sondern aktiv diskutiert und gelebt.

Herbst voller kultureller Höhepunkte

In den kommenden Wochen stehen weitere Premieren auf dem Programm. Die Staatsoper wird Mozarts "Così fan tutte" präsentieren, während das MusikTheater seine Saison mit spannenden Produktionen fortsetzt.

Die heutige Vielfalt bestätigt Wiens Ruf als Stadt, in der darstellende Künste eine zentrale Rolle im öffentlichen Leben spielen. Für Kulturinteressierte bleibt die österreichische Hauptstadt eine der ersten Adressen weltweit.