Die Stadt Wien hat diese Woche eine grundlegende Reform der Wohnungsvergabe vorgestellt. Mit "Wohnungsvergabe NEU" reagiert die Stadt auf veränderte Lebensrealitäten und den steigenden Druck am privaten Wohnungsmarkt. Die ersten Änderungen gelten bereits seit Mai.

Schluss mit starren Melderegeln

Die wohl bedeutendste Neuerung: Die bisherige Zwei-Jahres-Regel für den Hauptwohnsitz wurde flexibilisiert. Bisher mussten Antragsteller zwei Jahre ununterbrochen an derselben Wiener Adresse gemeldet sein. Jetzt genügt ein durchgehender Hauptwohnsitz von zwei Jahren irgendwo in Wien - auch bei mehreren Umzügen innerhalb der Stadt.

"Diese Maßnahme hilft vor allem jungen Menschen in Wohngemeinschaften und Personen nach Trennungen", erklärt Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Deren Lebensumstände bringen oft häufigere Wohnungswechsel mit sich.

Neue Hilfe für den kämpfenden Mittelstand

Wien führt eine zusätzliche Vergabekategorie ein - speziell für Haushalte, die trotz Erwerbstätigkeit ihre Wohnkosten nicht mehr stemmen können. Voraussetzung: ein positiver Bescheid über "Wohnbeihilfe Neu" oder Mietbeihilfe.

Diese Neuerung zielt direkt auf die aktuelle Teuerungswelle ab. Immer mehr Berufstätige können sich ihre Miete am privaten Markt schlicht nicht mehr leisten.

2026 kommt das zentrale Wohn-Ticket

Die bisher umgesetzten Änderungen sind erst der Anfang. Für 2026 plant Wien eine noch größere Revolution: das zentrale "Wiener Wohn-Ticket". Es soll die getrennten Systeme für Gemeindewohnungen und geförderte Wohnungen zusammenführen.

Herzstück wird ein flexibles Punktesystem sein. Statt starrer Wohnbedarfsgründe sollen individuelle Situationen stärker berücksichtigt werden:

  • Pflegebedarf in der Familie
  • Familienzuwachs
  • Aus- und Weiterbildungsphasen
  • Besondere Lebensumstände

"Der Zugang wird flexibler und individueller", verspricht Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ).

Mehr Geld, aber auch Kritik

Parallel steigt ab 2027 der Wohnbauförderbeitrag von 1 auf 1,5 Prozent des Bruttogehalts. Das soll zusätzliche Millionen generieren - allerdings nicht nur für den Wohnbau. Die Gelder fließen künftig auch in soziale Projekte und Bildungseinrichtungen.

Kritiker bemängeln diese Aufweichung der Zweckbindung. Gerade jetzt bräuchte Wien maximale Investitionen in den Wohnbau.

Wien geht seinen eigenen Weg

Während andere Metropolen bei explodierenden Mieten kapitulieren, verstärkt Wien seine Anstrengungen im sozialen Wohnbau. Die Reform ist ein klares Signal: Der soziale Wohnbau soll für eine noch breitere Bevölkerungsschicht zugänglich werden.

Das kommende Jahr wird zeigen, ob das neue System hält, was es verspricht. Für zehntausende Wohnungssuchende bedeutet die Reform zumindest eines: mehr Hoffnung auf leistbaren Wohnraum in einer der teuersten Städte Europas.