Wien: Wohnungsneubau bricht dramatisch ein

Die Bautätigkeit in Wien kollabiert. Minus 40 Prozent bis 2026 – das sind die düsteren Prognosen für die österreichische Hauptstadt. Was als Immobilienkrise begann, wird zur Wohnungskatastrophe.
Hohe Baukosten, gestiegene Zinsen und strenge Kreditvergabe bringen die Branche zum Stillstand. Die Folgen treffen alle: steigende Mieten, Firmenpleiten und eine verschärfte Wohnungsknappheit in der wachsenden Millionenstadt.
Rekordtief bei Baugenehmigungen
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2024 wurden österreichweit nur 32.100 Wohnungen in Neubauten bewilligt – der tiefste Stand seit 2010. Das entspricht einem Rückgang von 8,5 Prozent gegenüber 2023 und fast 40.000 weniger als im Rekordjahr 2017.
Wien trifft es besonders hart. Während 2023 noch 17.000 Wohnungen fertiggestellt wurden, sank die Zahl 2024 auf 15.300. Für 2025 werden nur noch 4.700 frei finanzierte Mietwohnungen erwartet.
Diese Entwicklung ist fatal: Wien wächst kontinuierlich, der Wohnraumbedarf steigt ungebremst.
Bauträger in der Defensive
Private Bauträger, die normalerweise 65 bis 73 Prozent des Wiener Neubaus stemmen, ziehen sich massiv zurück. Baukosten von bis zu 4.000 Euro pro Quadratmeter, explodierende Grundstückspreise und teure Kredite machen Projekte unwirtschaftlich.
Die Konsequenzen sind verheerend:
* Bauträger legen Projekte auf Eis
* Firmenpleiten häufen sich
* Arbeitsplätze in der Baubranche schwinden
* Mieten steigen durch sinkende Angebote
Das gesamte Wohnraum-Angebot Wiens steht auf dem Spiel.
Politik gefordert: "Bau-Turbo" verlangt
Der Druck auf die Politik wächst. Michael Pisecky von der Wirtschaftskammer Wien fordert einen "Sanierungs- und Bau-Turbo". Konkret: Senkung der Baukosten durch Abbau bürokratischer Hürden wie überzogene Stellplatzverpflichtungen.
Die ersten EZB-Zinssenkungen 2024 brachten nur marginale Erleichterung. Das Regierungs-Baupaket? Von Branchenvertretern als zu komplex und wirkungslos kritisiert.
Strukturkrise statt Konjunkturdelle
Diese Krise offenbart fundamentale Schwächen des Wiener Immobilienmarkts. Die jahrelange Abhängigkeit von privaten Entwicklern rächt sich jetzt. Bei ungünstigen Bedingungen fahren diese ihre Aktivitäten blitzschnell zurück.
Der gemeinnützige Wohnbau wurde vernachlässigt – nur 27 Prozent Marktanteil. Die Nullzins-Ära hat eine Marktüberhitzung befeuert, die nun in eine schmerzhafte Korrektur mündet.
Tiefpunkt erst 2026 erwartet
Eine Trendwende ist nicht absehbar. Experten prognostizieren den Tiefpunkt der Fertigstellungen für 2026. Zwar zeigen sich erste zaghafte Hoffnungsschimmer mit leicht steigenden Projektankündigungen im zweiten Quartal 2025.
Doch eine nachhaltige Erholung braucht:
* Weitere deutliche Zinssenkungen
* Stabilisierung der Baukosten
* Gezielte politische Förderung des sozialen Wohnbaus
Ohne diese Maßnahmen droht Wien eine jahrelange Wohnungskrise, die den sozialen Zusammenhalt der Stadt erschüttern könnte. Die nächste Regierung steht vor ihrer größten wohnpolitischen Herausforderung.