Wien: Wohnungsfertigstellungen brechen um ein Drittel ein

Die Wohnkrise in Wien eskaliert. Während nur noch 11.000 neue Wohnungen entstehen, klettern die Mieten auf 20,42 Euro pro Quadratmeter – ein Plus von neun Prozent binnen Jahresfrist.
Die Zahlen sind dramatisch: Gegenüber 2023 brechen die Wohnungsfertigstellungen in der Bundeshauptstadt um ein Drittel ein. Besonders hart trifft es Mietwohnungen – hier liegt der Rückgang laut Immobiliendienstleister EHL bei über 50 Prozent.
Bauträger weichen zunehmend auf den Verkauf aus statt zu vermieten. Der Grund: Gestiegene Baukosten, hohe Zinsen und langwierige Genehmigungsverfahren haben viele Projekte unrentabel gemacht. Gleichzeitig fürchten Investoren regulatorische Unsicherheiten wie eine mögliche Mietpreisbremse.
Mieten erreichen neue Rekordwerte
Die Konsequenzen spüren Wohnungssuchende direkt im Geldbeutel. Laut aktuellen Analysen kosten Angebotsmieten in Wien durchschnittlich 20,42 Euro pro Quadratmeter – österreichweit liegt der Schnitt bei 10,20 Euro inklusive Betriebskosten.
Für einkommensschwächere Haushalte wird Wohnen zur finanziellen Belastungsprobe. Die Stadt reagiert mit einem Mietenstopp im Gemeindebau für 2024 und 2025, von dem 370.000 Mieter profitieren.
KIM-Verordnung verschärft Mietmarkt-Engpass
Das Ende der strengen Kreditvergaberichtlinien könnte die Mietkrise paradoxerweise anheizen. Seit dem Auslaufen der KIM-Verordnung Ende Juni erhalten Käufer wieder leichter Finanzierungen – ohne die bisherigen 20 Prozent Eigenkapital und Ratenbegrenzung auf 40 Prozent des Nettoeinkommens.
Die lockeren Vergaberegeln kurbeln die Nachfrage nach Eigentumswohnungen an. Das motiviert Bauträger zusätzlich zum direkten Verkauf statt zur Vermietung. Die Österreichische Nationalbank verzeichnete bereits im ersten Quartal erstmals seit neun Quartalen wieder steigende Immobilienpreise.
Perfekter Sturm am Wohnungsmarkt
Mehrere Faktoren verstärken sich gegenseitig: Anhaltender Zuzug nach Wien trifft auf drastisch reduziertes Angebot. Pandemie-Nachwirkungen, Lieferkettenprobleme und Ukraine-Krieg trieben die Baukosten hoch. Die EZB-Zinspolitik bremste die Baukonjunktur zusätzlich aus.
Obwohl sich Finanzierungsbedingungen durch die Zinswende und das KIM-Ende verbessern, wirken sich diese Effekte erst mit Verzögerung aus. Experten rechnen frühestens ab 2026 mit einer leichten Erholung.
Ausblick: Weitere Verschärfung erwartet
Die Prognosen bleiben düster. Für 2026 erwarten Analysten einen weiteren Rückgang auf unter 8.000 neue Wohneinheiten. Der Wiener Markt wandelt sich vom Käufer- zum Verkäufermarkt – mit entsprechend schwächerer Verhandlungsposition für Wohnungssuchende.
Langfristige Lösungen erfordern neue Fördermodelle, Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus und Abbau bürokratischer Hürden. Ohne diese Maßnahmen dürfte sich die angespannte Lage weiter zuspitzen.