Wien vollzieht eine radikale Kehrtwende. Statt Millionen von Touristen anzulocken, fokussiert sich die österreichische Hauptstadt auf wohlhabende Kulturliebhaber.

Die neue "Visitor Economy Strategie 2025" macht Schluss mit dem Streben nach Besucherrekorden. Wien will künftig ein kaufkräftiges Publikum ansprechen, das authentische Einblicke in die Wiener Lebensart sucht. Das Ziel: mehr Wertschöpfung pro Gast und nachhaltigeres Wachstum.

Diese Woche bestätigten Vertreter des WienTourismus den neuen Kurs. Die Stadt positioniert sich bewusst als Premium-Destination für anspruchsvolle Reisende.

Private Führungen statt Massenabfertigung

Das neue Wien-Erlebnis geht weit über Schönbrunn und Stephansdom hinaus. Gäste erhalten exklusiven Zugang zu sonst verschlossenen Bereichen:

  • Private Kunstsammlungen außerhalb der Öffnungszeiten
  • Besuche in Designer-Ateliers der Wiener Werkstätte-Tradition
  • Maßgeschneiderte Architektur-Touren durch historische "Grätzel"

"Die Stadt soll in ihrer ganzen Tiefe erlebbar werden", erklärt der WienTourismus. Diese kurierten Erlebnisse sollen nicht nur die Ausgaben erhöhen, sondern auch Besucherströme intelligent lenken.

Mehlspeisen und Manufakturen als Kulturgüter

Wien entdeckt seine kulinarischen Schätze neu. Statt internationaler Standardküche stehen private Kochkurse für Wiener Mehlspeisen auf dem Programm. Exklusive Weinproben bei renommierten Wiener Winzern ergänzen das Angebot.

Handwerk wird zum Erlebnis: Besucher können in Porzellanmanufakturen und modernen Schmuckateliers den Schaffensprozess mitverfolgen. Der direkte Austausch mit Kunsthandwerkern macht diese Erfahrungen unverwechselbar.

Neun von zehn Wienern stehen dahinter

Die "Visitor Economy" soll beiden Seiten nützen - Gästen und Einheimischen. Tourismusausgaben fließen gezielt in die lokale Wirtschaft und stärken die städtische Infrastruktur.

Das Konzept funktioniert: Aktuelle Umfragen zeigen, dass neun von zehn Wienerinnen und Wienern dem Tourismus positiv gegenüberstehen. Diese hohe Akzeptanz gilt als Schlüssel für den langfristigen Erfolg.

Vorbild für andere Metropolen?

Wien steht nicht allein da. Amsterdam und Barcelona kämpfen ebenfalls gegen Übertourismus. Wiens Ansatz unterscheidet sich jedoch grundlegend: Statt Tourismus zu begrenzen, will die Stadt ihn veredeln.

Branchenexperten sehen darin ein zukunftsweisendes Modell. Die Herausforderung: Exklusivität und demokratische Teilhabe am Kulturerbe in Balance zu halten.

Digitale Zukunft: Personalisierte Wien-Erlebnisse

Wien feilt weiter an der Strategie. Intelligente Besucherleitsysteme und Datenanalyse sollen künftig maßgeschneiderte Angebote ermöglichen. Schon vor der Reise erhalten Gäste Vorschläge, die ihren individuellen Interessen entsprechen.

Das Ziel ist ambitioniert: Wien will nicht nur für seine imperiale Vergangenheit bekannt sein, sondern für einzigartige Gegenwartserlebnisse. Ob dieser Wandel gelingt, zeigt sich in den kommenden Jahren.