Die Wohnungsnot in Wien eskaliert. Nur 10.000 neue Wohnungen entstanden im ersten Halbjahr 2025 – ein Drittel weniger als 2023. Gleichzeitig prognostizieren Experten für das Gesamtjahr einen Mietanstieg von 7,3 Prozent.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Während die Nachfrage ungebrochen hoch bleibt, bricht das Angebot dramatisch ein. Wohnungssuchende kämpfen um immer weniger verfügbare Objekte – und zahlen dafür Rekordpreise.

Neubau bricht um 50 Prozent ein

Der Kern des Problems liegt im Baurückgang. Eine EXPLOREAL-Studie prognostiziert für 2025 nur noch 11.000 neue Wohneinheiten – 33 Prozent weniger als 2023.

Besonders dramatisch: Im Mietwohnungssegment rechnet EHL mit einem Rückgang von über 50 Prozent. Viele Bauträger verkaufen geplante Mietobjekte direkt als Eigentumswohnungen, um regulatorischen Eingriffen wie der Mietpreisbremse zu entgehen.

Die Bautätigkeit konzentriert sich hauptsächlich auf Randbezirke wie Floridsdorf und Donaustadt. In den begehrten Innenstadtlagen sind kaum noch Baulücken verfügbar.

Mieten durchbrechen 10-Euro-Grenze

Die Auswirkungen treffen Mieter direkt. Laut Statistik Austria überstieg die durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten erstmals 10 Euro pro Quadratmeter. Im zweiten Quartal kletterte der Wert bereits auf 10,20 Euro – ein Plus von 4,6 Prozent.

Wien zeigt noch drastischere Zahlen:
- Angebotsmieten stiegen um 9 Prozent binnen Jahresfrist
- Durchschnittspreis erreichte 20,42 Euro pro Quadratmeter
- Wohnungen werden oft unmittelbar nach Auszug neu vergeben

Experten sehen keine baldige Entspannung. Die hohe Nachfrage durch Zuzug trifft auf ein schrumpfendes Angebot.

Zinswende belebt nur Eigentumsmarkt

Während Mieter unter Preisdruck stehen, erholt sich der Eigentumsmarkt leicht. Die EZB-Zinswende und gelockerte Finanzierungsregeln nach dem Auslaufen der KIM-Verordnung machen Kredite wieder erschwinglicher.

Doch diese Entwicklung verschärft paradoxerweise die Mietproblematik: Bauträger setzen verstärkt auf lukrative Direktverkäufe statt Mietobjekte.

Politik hinkt der Realität hinterher

Die Bundesregierung fror Gemeindebau-Mieten für 2024 und 2025 ein. Ab Januar 2026 soll ein "Mietenwertsicherungsgesetz" auch den freien Markt deckeln.

Branchenvertreter kritisieren diese Eingriffe scharf. Sie befürchten, dass Mietpreisbremsen Investoren abschrecken und die Angebotsknappheit weiter verschärfen.

Der Fachverband der Immobilientreuhänder fordert stattdessen schnellere Genehmigungsverfahren und reduzierte Baustandards.

Keine Entspannung bis 2027

Experten prognostizieren eine weitere Verschärfung der Lage. Die Neubauleistung wird auch 2026 niedrig bleiben, da verschobene Projekte lange Vorlaufzeiten haben.

Erst danach könnte eine leichte Stabilisierung eintreten. Bis dahin müssen sich Wohnungssuchende auf steigende Mieten und harte Konkurrenz einstellen.

Die sozialen Folgen sind absehbar: Wohnen wird zum zentralen politischen Sprengstoff der kommenden Jahre. Auch städtische Projekte wie die Seestadt Aspern können den Einbruch im frei finanzierten Sektor kurzfristig nicht kompensieren.