Wien: Immobilienmarkt spaltet sich dramatisch
Der Wiener Wohnungsmarkt entwickelt sich in völlig entgegengesetzte Richtungen. Während Käufer von sinkenden Zinsen profitieren und die Preise für Eigentumswohnungen wieder steigen, explodieren die Mieten aufgrund eines historischen Neubau-Einbruchs.
Die Zahlen sind eindeutig: Im ersten Halbjahr 2025 stieg die Nachfrage nach Eigentumswohnungen um 23 Prozent. Gleichzeitig werden dieses Jahr nur etwa 1.800 neue Mietwohnungen fertiggestellt – bei einem jährlichen Bedarf von über 10.000 Einheiten.
Kaufmarkt: Erste Erholung nach Jahren der Flaute
Nach dem Preisrückgang von 4,4 Prozent im Jahr 2024 dreht der Eigentumsmarkt. Der Medianpreis kletterte bereits um ein Prozent auf 6.615 Euro pro Quadratmeter. RE/MAX prognostiziert für das Gesamtjahr sogar einen Anstieg von 3,4 Prozent.
Die Triebkräfte der Erholung:
* Ende der KIM-Kreditrichtlinien im Juli 2025
* Gesunkene Zinsen der EZB
* Verbesserte Finanzierungsbedingungen für junge Familien
Besonders Top-Lagen wie der Alsergrund verzeichnen Preissteigerungen von bis zu 15 Prozent, während einfachere Bezirke noch stagnieren.
Neubau-Kollaps verschärft Wohnungsnot
Die andere Seite der Medaille ist dramatisch: Der Mietwohnungsbau bricht um über 50 Prozent ein. Hohe Baukosten, langwierige Genehmigungen und Bauträger-Insolvenzen haben die Bautätigkeit praktisch zum Erliegen gebracht.
Erschwerend kommt hinzu: Viele Bauträger verkaufen ursprünglich als Mietobjekte geplante Projekte direkt als Eigentumswohnungen. Sie fürchten regulatorische Risiken wie eine mögliche Mietpreisbremse.
Der Tiefpunkt wird erst 2026 erwartet – die Krise verschärft sich also weiter.
Mietpreise: Explosion ohne Ende in Sicht
Wohnungssuchende spüren die Knappheit bereits schmerzhaft. Die durchschnittlichen Mietpreise schnellten um über 7 Prozent auf 19,93 Euro pro Quadratmeter hoch. Andere Analysen sprechen sogar von 9 Prozent Steigerung auf 20,42 Euro.
Besonders drastisch: Kleine Wohnungen unter 50 Quadratmetern kosten selbst in Außenbezirken über 20 Euro pro Quadratmeter. Die Konkurrenz ist so groß, dass Objekte oft ohne Leerstand weitergegeben werden.
Soziale Schieflage bedroht Wiens Lebensqualität
Die Stadt spaltet sich: Gutverdiener mit Eigenkapital profitieren von günstigen Krediten und können kaufen. Mieter hingegen kämpfen mit explodierenden Preisen und schwindendem Angebot.
Branchenexperte Christian Sommer von Engel & Völkers warnt: "Ohne praxisnahe Fördermodelle und massiven Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus gefährden wir Wiens Lebensqualität."
Die Wirtschaftskammer sieht ohne tiefgreifende Reformen eine schwere Marktkrise drohen. Der politische Handlungsdruck steigt.
Keine Besserung vor 2027
Eine schnelle Entspannung ist ausgeschlossen. Da der Fertigstellungstiefpunkt erst 2026 erreicht wird, verschärft sich die Mietknappheit in den nächsten zwei Jahren weiter.
Die Prognosen für 2025:
* Mieten steigen um weitere 5,4 Prozent
* Kaufpreise legen moderat um 2,2 Prozent zu
* Angebotsmangel verschärft sich dramatisch
Potenzielle Käufer sollten die erste Jahreshälfte 2026 nutzen – danach dürfte die steigende Nachfrage die Preise weiter antreiben. Für Mieter bleibt die Lage angespannt, bis endlich wieder mehr gebaut wird.