Wien: Immobilienmarkt dreht ins Plus

Der Wiener Immobilienmarkt sendet nach zwei schwachen Jahren kraftvolle Lebenszeichen. Aktuelle Marktdaten für das erste Halbjahr bestätigen eine deutliche Trendwende: Die Anzahl der Transaktionen springt um 39 Prozent nach oben, und insbesondere Neubaupreise ziehen wieder an.
Angetrieben wird diese Entwicklung durch verbesserte Finanzierungsbedingungen und ein knappes Angebot an neuen Wohneinheiten. Käufer kehren nach einer langen Phase der Zurückhaltung zurück auf den Markt. Experten sehen die Talsohle als durchschritten an, warnen jedoch, dass die Leistbarkeit für viele eine zentrale Herausforderung bleibt.
Käufer kehren mit Macht zurück
Der Markt für Eigentumswohnungen in Wien hat im ersten Halbjahr eine bemerkenswerte Dynamik entwickelt. Das Transaktionsvolumen kletterte laut OTTO Immobilien um 45 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro. Mit 3.645 verkauften Wohnungen wurden 39 Prozent mehr Transaktionen abgewickelt als im Vorjahreszeitraum.
Martin Denner, Research-Leiter bei OTTO Immobilien, spricht von einer breiten Marktstabilisierung. Nach zwei Jahren mit rückläufigen Zahlen sei nun in allen Kernsegmenten eine spürbare Belebung zu beobachten.
Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank seit Ende 2024 haben die Kreditkosten verbessert und das Vertrauen der Käufer gestärkt. Doch was treibt die Preise wirklich nach oben?
Neubauten werden zur Mangelware
Der massive Rückgang der Bautätigkeit lässt besonders Neubaupreise steigen. Für 2025 werden nur rund 9.400 fertiggestellte Wohneinheiten in Wien erwartet – der niedrigste Stand seit zehn Jahren.
Dieser Nachfrageüberhang treibt die Preise für Erstbezugswohnungen quer durch alle Bezirke nach oben:
- Wieden: +11,1 Prozent
- Neubau: +10,2 Prozent
- Durchschnitt: 6-9 Prozent Preisanstiege
Im Gegensatz dazu entwickeln sich die Preise für gebrauchte Wohnungen stabiler. Gestiegene Baukosten, Materialengpässe und erschwerte Finanzierungsbedingungen in den Vorjahren führten dazu, dass viele Projekte verzögert oder gestoppt wurden.
KIM-Verordnung läuft aus: Kredite werden flexibler
Ein entscheidender Impuls kommt vom Wegfall der strengen Kreditregeln. Die KIM-Verordnung lief im Sommer aus – jene Regelung, die seit August 2022 mit starren Vorgaben zu Eigenkapital und Kreditlaufzeit den Zugang zu Finanzierungen massiv erschwert hatte.
Banken gewinnen wieder mehr Flexibilität bei der individuellen Beurteilung der Kreditwürdigkeit. Branchenvertreter sehen darin einen wichtigen Impuls für den Erwerb von Wohneigentum. Raiffeisen Immobilien bezeichnet das Auslaufen als wichtigen psychologischen Impuls, der mehr Kunden ermutigt.
Zweigeteilte Erholung prägt den Markt
Die aktuelle Erholung markiert das Ende einer zweijährigen Korrekturphase. Nach Preisrückgängen 2023 und 2024 verzeichnete die Österreichische Nationalbank bereits für das erste Quartal wieder einen leichten Preisanstieg.
Raiffeisen Research prognostiziert für das Gesamtjahr einen Preisanstieg von 0,5 Prozent, der sich ab 2026 auf rund 3 Prozent jährlich beschleunigen könnte. Die Erholung verläuft jedoch nicht einheitlich:
Gewinner: Neubauten profitieren von Angebotsknappheit und hohen Baukosten
Verlierer: Ältere, weniger energieeffiziente Objekte geraten unter Preisdruck
Steigende Nachfrage trifft auf Mangel
Für die kommenden Monate erwarten Experten eine Fortsetzung der positiven Entwicklung. Stabilisierte Preise, moderatere Finanzierungskosten und mehr Flexibilität bei der Kreditvergabe schaffen attraktive Rahmenbedingungen.
Die größte Herausforderung bleibt das knappe Angebot. Erst für 2026 wird mit einer leichten Erholung der Fertigstellungen auf rund 10.700 Einheiten gerechnet – weiterhin deutlich unter dem Bedarf.
Das kontinuierliche Bevölkerungswachstum Wiens dürfte den Preisdruck hochhalten und die Frage der Leistbarkeit von Wohnraum in der Bundeshauptstadt weiter in den Fokus rücken.