Wien hat im vergangenen Jahr 1.618 Gemeindewohnungen an anerkannte Flüchtlinge vergeben. Die neuen Zahlen entfachen die Debatte über Fairness auf dem angespannten Wohnungsmarkt neu.

Pünktlich zum "Langen Tag der Flucht" rücken aktuelle Daten von Wiener Wohnen die Flüchtlingshilfe ins Zentrum einer kontroversen Diskussion. Die Stadt verteidigt ihre Vergabepraxis als wichtigen Baustein der Integration. Kritiker sehen darin eine Benachteiligung langjähriger Wiener.

Pool-Wohnungen als Brücke zum eigenen Mietvertrag

Die meisten Wohnungen werden über sogenannte "Pool-Wohnungen" vergeben. Dabei mieten soziale Träger wie Caritas oder Diakonie Wohnungen von Wiener Wohnen und stellen sie Geflüchteten zur Verfügung.

Das System funktioniert als Brücke: Nach dem positiven Asylbescheid fallen anerkannte Flüchtlinge aus der Grundversorgung und haben auf dem privaten Markt oft keine Chance. Die Pool-Wohnungen bieten eine Übergangslösung, bis die Mieter alle Kriterien für einen direkten Vertrag erfüllen.

Die Voraussetzungen sind klar definiert:
* Mindestens zwei Jahre durchgehender Hauptwohnsitz in Wien
* Gültiges "Wiener Wohn-Ticket"
* Erfüllung aller regulären Vergabekriterien

Gleiche Regeln für alle Bewerber?

Wien weist Bevorzugungs-Vorwürfe zurück. Anerkannte Flüchtlinge sind zwar anspruchsberechtigt, müssen aber dieselben Kriterien erfüllen wie alle anderen Wohnungssuchenden.

Die zweijährige Wartefrist soll eine Verankerung in der Stadt sicherstellen, bevor eine der begehrten und preisregulierten Wohnungen bezogen werden kann. Österreichische Staatsbürger, EU-Bürger und andere gleichgestellte Personen durchlaufen denselben Prozess.

NGOs als unverzichtbare Partner

Soziale Organisationen leisten weit mehr als nur Wohnraumvermittlung. Sie bieten intensive Betreuung bei Behördenwegen, Jobsuche und psychosozialer Stabilisierung.

"Diese Organisationen geben Menschen nicht nur ein Zuhause, sondern auch neue Perspektiven", betonte Sozialstadtrat Peter Hacker heute. Die engmaschige Betreuung soll eine erfolgreiche Integration in die Hausgemeinschaften gewährleisten.

Der Druck auf dem Wiener Wohnungsmarkt

Die 1.618 Wohnungen stellen einen kleinen Teil der rund 220.000 Gemeindewohnungen dar, die Wiener Wohnen verwaltet. Dennoch sehen Kritiker darin eine Benachteiligung einheimischer Wohnungssuchender.

Für anerkannte Flüchtlinge ist die Situation am privaten Markt besonders prekär. Sie kämpfen überdurchschnittlich oft mit befristeten Verträgen, hohen Mieten und Diskriminierung. Ohne sozialen Wohnraum droht oft die Obdachlosigkeit.

Neue Wohnungen sollen Entspannung bringen

Wien kontert die Kritik mit der "Wohnbau-Offensive 2024+". Bis zu 22.200 neue geförderte Wohnungen für mehr als 45.000 Menschen sollen den Gesamtmarkt entlasten.

Das "Wiener WohnBAUMprogramm" setzt dabei auf nachhaltigen Holzbau im geförderten Sektor. Die Stadt will so den Druck für alle Wohnungssuchenden lindern und gleichzeitig innovative Lösungen vorantreiben.

Die Balance zwischen Hilfe für vulnerable Gruppen und den Bedürfnissen aller Wiener bleibt eine der größten Herausforderungen der Stadtpolitik.