Was haben zwei Nerds mit Visionen, ein Haufen Server und ein paar Milliarden Suchanfragen gemeinsam?“ Richtig – sie sind das Fundament eines der mächtigsten Tech-Giganten unserer Zeit: Alphabet - Die Mutter aller Googles, YouTubes und Androids hat sich längst vom Suchmaschinenanbieter zum globalen Daten-Imperium gemausert. Doch hinter dem beeindruckenden Börsenwert und den KI-Träumen steckt ein Konzern, der nicht nur Chancen bietet, sondern auch Fragen aufwirft: Wie viel Zukunft steckt wirklich in Alphabet? Und ist der Tech-Titan noch hungrig – oder schon satt?

Das Tor zum Internet

Viele Menschen, die heute von der US-Holding Alphabet sprechen, haben eigentlich die Suchmaschine Google vor Augen. Ursprünglich sollte sie „Googol“ heißen. Das ist der mathematische Ausdruck für eine riesige Zahl, eine Eins mit 100 Nullen. Larry Page, einer der beiden Gründer neben Sergey Brin, fand diesen Namen passen und bat seinen Freund Sean Anderson, die Verfügbarkeit der Domain zu prüfen. Beim Eintippen unterlief Anderson jedoch ein simpler Fehler: Er tippte „Google.com“ ein. Page gefiel diese Schreibweise spontan besser und so wurde aus dem Zahlwort der Markenname Google.

Mitte 1999, kaum ein Jahr nach Gründung, verarbeiteten die Kalifornier bereits rund 500.000 Suchanfragen pro Tag – zu einer Zeit, als Yahoo! und AltaVista den Markt dominierten. Nur ein Jahr später begann Yahoo! die Google-Suchtechnologie zu nutzen. Dadurch konnte Google seine Reichweite massiv ausbauen. Es folgte ein beispielloser Aufstieg: Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich Google zur weltweit führenden Suchmaschine und zum Tor ins Internet. Der Rest ist Geschichte: Der Name des Unternehmens wurde durch die rasant wachsende Nutzerzahl so allgegenwärtig, dass „googeln“ bereits im Jahr 2004 in den Duden aufgenommen wurde. Viele Nutzer:innen richteten sich die Suchmaschine als Startseite im Browser ein – eine Gewohnheit, die sich bis heute gehalten hat.  

Inzwischen verarbeitet Google unglaubliche 5,9 Billionen Suchanfragen pro Jahr, das entspricht nahezu 190.000 Anfragen pro Sekunde. Etwa 5 Milliarden Menschen weltweit nutzen die Suchmaschine. Der Marktanteil bei traditionenllen Suchmaschinen liegt bei dominanten 90 Prozent. Im Bereich der KI-gestützten Chatbots hingegen derzeit bei lediglich 2,2 Prozent.

Grafik: Marktanteil von traditionellen Suchmaschinen und KI-Chatbots weltweit im August 2025. Traditionelle Suchmaschinen: Google 89,83 %, Bing (Microsoft) 3,95 %, Yandex 2,21 %, Yahoo 1,48 %, Rest 2,53 %. KI-Chatbots: ChatGPT (Open AI) 80,92 %, Perplexity 8,08 %, Microsoft Copilot 5,19 %, Deepseek 2,75 %, Google Gemini 2,19 %., Claude (Anthropic) 0,87 %

Die „Alpha-Wette“

Im Jahr 2015 wurde Google zur Tochtergesellschaft umstrukturiert. Der Mutterkonzern Alphabet sollte es ermöglichen, in Bereiche außerhalb von Internetsuche und Werbung zu expandieren. Auf diese Weise konnte sich das Unternehmen zu einem Technologiekonzern entwickeln. Der Name Alphabet leitet sich dabei aus Alpha (Überrendite gegenüber einer Benchmark) und Bet (Wette) ab. Durch die neue Struktur wurde außerdem das Risiko für Verstöße gegen das Kartellrecht reduziert, da einzelne Geschäftsbereiche unabhängiger wurden und eine eigene Führung bekamen. Auch experimentelle Moonshot-Projekte wie selbstfahrende Autos, Robotik oder Anti-Aging konnten so umgesetzt werden. Diese sind zwar nach wie vor defizitär und benötigen weiterhin viel Kapital. Doch für die Zukunft könnten sie strategisch wichtig sein.

Viele Puzzleteile

Insgesamt besteht Alphabet heute neben seiner Suchmaschine aus vielen Puzzleteilen. Die Liste der angebotenen Produkte, Dienstleistungen und Apps ist lang. Zudem wurden über die Jahre viele Firmen aufgekauft. Das beste Beispiel war YouTube. Im Jahr 2006 erwarb Google das Videoportal für schlappe 1,65 Milliarden US-Dollar. Damals konnte sich kaum jemand vorstellen, wie dominant Videos in den Medien einmal sein würden. Heute sieht die Welt ganz anders aus. Allein im jüngsten Quartal wurden Werbeeinnahmen von 9,8 Milliarden US-Dollar erzielt. Inzwischen wird der Wert von YouTube auf 550 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das ist mehr als das 300-Fache des damaligen Kaufpreises. Noch in diesem Jahr wird die Plattform wohl Disney überholen und zum umsatzstärksten Medienunternehmen der Welt aufsteigen.

Grafik: Alphabet Umsatzverteilung 2024 in US-Dollar. Google Search und andere 198,1 Milliarden, YouTube-Werbung 36,2 Milliarden, Google Network Mitgliedschaften 30,4 Milliarden, Weitere Google Services 40,3 Milliarden, Google Cloud 43,2 Milliarden, Sonstige Einnahmen 1,9 Milliarden.

Auf Wachstumskurs

An der Börse ist Alphabet heute so viel wert wie nie zuvor. Hinter NVIDIA, Microsoft und Apple liegt das Unternehmen mit einem Börsenwert von derzeit rund 3 Billionen US-Dollar auf Platz 4 weltweit. Gleichzeitig weist die Aktie die niedrigste Bewertung unter den Magnificient 7 auf. Dabei ist Alphabet weiter auf Wachstumskurs. Gegenüber dem Vorjahresquartal stieg der Umsatz zuletzt um 13,8 Prozent auf 96,4 Milliarden US-Dollar. Davon machten allein die Werbeeinnahmen von Google 71,3 Milliarden US-Dollar aus. Die hohe Summe kommt großteils durch Klicks auf Suchergebnisse zustande.

Neben den Werbeeinnahmen stiegen auch die Umsätze im Cloud-Geschäft weiter an. Hier betrug das Plus gegenüber dem Vorjahresquartal 31,6 Prozent auf nun 13,6 Milliarden US-Dollar. Damit ist die Cloud das Wachstumssegment von Alphabet. Das operative Ergebnis legte sogar um 141 Prozent auf 2,8 Milliarden US-Dollar zu. Das bedeutet, dass sich die Margen deutlich verbessert haben. Mit einem Marktanteil von 13 Prozent liegt Alphabet aber weiter nur auf Platz 3 hinter Amazon Web Services (30 Prozent) und Microsoft Azure (20 Prozent). Deshalb wird auch künftig weiter investiert. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Cloud- und KI-Diensten sollen es im Jahr 2025 insgesamt 85 Milliarden US-Dollar sein. Das ist erforderlich, um mehr Infrastruktur zu schaffen und den mittlerweile enormen Rückstau an Kunden für Cloud-Dienste in Höhe von 106 Milliarden US-Dollar abzubauen.

Zentraler Akteur in der KI-Revolution

Statistisch betrachtet führen hohe Investitionen allein zwar nicht unbedingt dazu, dass kurzfristig auch mit höheren Umsätzen oder Gewinnen zu rechnen ist. Langfristig dürfte Künstliche Intelligenz (KI) aber der Schlüssel für weiteres Wachstum sein. Allein im KI-Bereich hat Google bzw. Alphabet zwischen 2010 und 2023 ganze 21 Startups aufgekauft. Dabei sieht man KI als grundlegendes Fundament der Unternehmensstrategie. CEO Sundar Pichai hat dies wiederholt betont. KI ist der Motor, der alles antreibt, von der Verbesserung der Suchalgorithmen über die Personalisierung von YouTube-Inhalten bis zur Steigerung der Effizienz der Werbesysteme.

Das KI-Modell Gemini ist das Herzstück dieser Strategie. Es wird in nahezu alle Google-Dienste integriert, um die Nutzererfahrung zu revolutionieren und die Interaktion mit den Produkten intuitiver zu gestalten. Ganz ähnlich hatte es Microsoft mit Copilot gemacht. Gemini soll nun aber auch komplexe visuelle und sprachliche Informationen in Echtzeit verstehen und verarbeiten können. Alphabet positioniert sich damit als zentraler Akteur in der KI-Revolution. Gleichzeitig forciert der Konzern die Monetarisierung der Technologie, etwa durch den Abo-Dienst Gemini Advanced für Privatnutzer:innen oder die Bereitstellung von KI-Modellen und -Lösungen für Unternehmenskunden über die Cloud-Sparte.

Grafik: Alphabet - Entwicklung von Umsatz, Gewinn und der Netto Marge ab 2021 Q3.

Hinweis: Die Entwicklungen der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftigen Entwicklungen zu. 

Neben Chancen auch Risiken

Zugleich verliert die traditionelle Suche über Google langsam, aber sicher an Bedeutung. Auf Jahressicht büßte die Suchmaschine 4 Prozent Marktanteil ein. KI verändert die Art und Weise, Antworten zu finden, grundlegend. Dabei wächst diese neue Form der Suche rasant. Das Problem: Wenn die KI eine Übersichtsantwort liefert, entstehen viel weniger Klicks. Das belastet die Werbeeinnahmen. Zudem dürfte der Marktanteil der klassischen Google-Suche bis 2028 auf 75 Prozent fallen.

Die Tatsache, dass KI sowohl eine Chance als auch ein Risiko für Google darstellt, half dem Unternehmen zuletzt in der Monopolfrage. Ein Richterurteil stufte KI als Bedrohung für die traditionelle Internetsuche ein. Das könnte Alphabet mehr Spielraum ermöglichen, weiterhin im KI-Bereich mitzumischen. Eigentlich hatte die US-Regierung gefordert, dass Google den Browser Chrome und das Smartphone-Betriebssystem Android verkauft, da sie als Quasi-Monopol gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Chrome hat einen Marktanteil von 70 Prozent, Android von rund 80 Prozent. Die befürchtete Aufspaltung ist also vorerst vom Tisch. Doch die EU-Kommission fordert wegen Verstößen gegen Wettbewerbsregeln im Werbegeschäft eine Strafe von 2,95 Milliarden Euro gegen Google. Das Unternehmen kündigte Berufung an. Auch politisch schlug die Entscheidung hohe Wellen.

Das größte Risiko könnte aber sein, dass sich die massiven KI-Investitionen am Ende nicht rechnen. Neben extrem teurer, modernster Hardware für das Training der Modelle braucht man dafür hochqualifiziertes Personal. Und das ist knapp. Tech-Giganten locken erfahrene Spezialisten im Kampf um KI-Talente bereits mit Millionenbeträgen. Zudem ist Alphabet mit anderen Tech-Giganten wie Microsoft und Meta, aber auch kleineren Unternehmen im Wettbewerb. Hier hat Gemini zwar Vorteile durch die Netzwerkeffekte bei Alphabet. Doch die Enterprise-First-Strategie von Microsoft und die Dominanz von Meta in den sozialen Medien könnten langfristig eine Bedrohung sein. Auch allgemeine KI-Risiken wie die Verletzung von Urheberrechten, Fehlfunktionen und Probleme mit dem Datenschutz bleiben bestehen.

 

Investmententscheidungen abwägen

Anleger:innen, die über eine Investition in die Aktie von Alphabet nachdenken, sollten die Chancen und Risiken also genau abwägen. Wer eher risikobewusst ist, könnte sich für den s Aktien Plan interessieren. Ab 50 Euro monatlich können auf diese Weise regelmäßig Alphabet-Aktien gekauft werden. Für vorsichtige Anleger:innen könnte dagegen eine neue Aktienanleihe interessant sein, die sich noch bis 30.09.2025 in der Zeichnungsphase befindet. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Bernd Mayer