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während in Abu Dhabi heute sechs fahrerlose Rennwagen Rad an Rad über den Yas Marina Circuit jagten und dabei erstmals schneller waren als ihre menschlichen Vorbilder, wartete auf der anderen Seite des Globus ein schwedisches Biotech-Unternehmen auf ein ganz anderes Signal: Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat grünes Licht für die Prüfung eines Kontrastmittels gegeben, das Krebspatienten mit Nierenproblemen helfen soll. Zwei Welten, ein gemeinsamer Nenner: der Moment, in dem aus jahrelanger Entwicklungsarbeit greifbare Realität wird.

Willkommen zu einem Newsletter über technologische Durchbrüche, geopolitische Verschiebungen und die Frage, wie schnell sich Märkte wirklich verändern – wenn man genau hinsieht.

KI schlägt Mensch: Das Rennen ist gelaufen

Was in Abu Dhabi heute Nachmittag geschah, klingt nach Science-Fiction, ist aber messbare Realität: Beim Grand Final der Abu Dhabi Autonomous Racing League (A2RL) durchbrach das italienische Team Unimore erstmals die Zeitmarke eines menschlichen Rennfahrers. Sechs vollautonome Rennwagen, gesteuert von Algorithmen aus Deutschland, Italien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, kämpften über 20 Runden um einen Preispool von 2,25 Millionen Dollar.

Der amtierende Champion TUM aus Deutschland verteidigte seine Pole-Position und trat anschließend gegen den ehemaligen Formel-1-Piloten Daniil Kvyat an – Mensch gegen Maschine, Instinkt gegen Präzision. Die Lücke zwischen beiden? Sie schrumpft rapide.

Was hier passiert, geht weit über Motorsport hinaus. Die Technologie, die auf dem Yas Marina Circuit erprobt wird – Echtzeit-Objekterkennung, Kollisionsvermeidung, Split-Second-Entscheidungen unter extremen Bedingungen –, ist dieselbe, die morgen autonome Logistikflotten steuern oder Notfallsysteme koordinieren wird. Amazon Web Services (AWS) ist nicht zufällig Partner: Die Cloud-Infrastruktur, die diese Rennen ermöglicht, ist die gleiche, die bereits heute Lieferketten und Rechenzentren am Laufen hält.

Europa hinkt bei autonomen Fahrzeugen hinterher? Nicht in dieser Disziplin. Deutsche und italienische Universitäten dominieren ein Feld, in dem es nicht um Straßenzulassungen geht, sondern um algorithmische Überlegenheit. Ein Vorgeschmack darauf, wo Europa punkten könnte – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

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Ascelia Pharma: Der lange Weg zur Zulassung

Von der Rennstrecke in die Klinik: Das schwedische Biotech-Unternehmen Ascelia Pharma hat einen wichtigen Meilenstein erreicht. Die FDA hat den Zulassungsantrag für Orviglance akzeptiert, ein orales Kontrastmittel für MRT-Untersuchungen der Leber. Der Termin für die finale Entscheidung steht: 3. Juli 2026.

Das klingt technisch, ist aber hochrelevant. Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen können die gängigen Gadolinium-basierten Kontrastmittel nicht verwenden – das Risiko einer lebensbedrohlichen Nebenwirkung, der Nephrogenen Systemischen Fibrose, ist zu hoch. Für diese Patienten gibt es kaum Alternativen. Orviglance, ein Manganpräparat, könnte diese Lücke schließen.

Der adressierbare Markt? Ascelia beziffert ihn auf 800 Millionen Dollar jährlich. Die FDA hat dem Mittel bereits den Orphan-Drug-Status verliehen – eine Auszeichnung für Medikamente gegen seltene Erkrankungen, die mit beschleunigten Prüfverfahren und Marktexklusivität einhergeht.

Doch bis zur Marktreife ist es ein Marathon. Neun klinische Studien hat Ascelia absolviert, die Phase-3-Studie SPARKLE zeigte statistisch signifikante Ergebnisse. Jetzt beginnt die FDA-Prüfung – und parallel die Suche nach Vertriebspartnern. CEO Magnus Corfitzen betont, dass die Akzeptanz des Antrags auch für Gespräche mit potenziellen Kommerzialisierungspartnern wichtig sei. Übersetzung: Ascelia braucht Kapital und Infrastruktur, um aus einem zugelassenen Medikament ein profitables Produkt zu machen.

Für europäische Biotech-Investoren eine vertraute Geschichte: Brillante Wissenschaft, knappe Kassen, Abhängigkeit von US-Zulassungen und globalen Pharmakonzernen. Ascelia ist an der Nasdaq Stockholm notiert – die Aktie wird in den kommenden Monaten jede Neuigkeit zur FDA-Prüfung einpreisen.

BRICS: Vom Papiertiger zum Machtblock?

Während Technologieunternehmen und Biotech-Firmen um Marktanteile kämpfen, verschiebt sich auf der geopolitischen Bühne die Tektonik. Die BRICS-Staaten – einst belächelt als symbolisches Bündnis ohne echte Schlagkraft – gewinnen an Gewicht. Und das hat konkrete wirtschaftliche Folgen.

Die Zahlen sprechen für sich: Der Anteil des innerhalb der BRICS-Gruppe abgewickelten Handels ist von rund 10 Prozent im Jahr 2012 auf 18 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Importe aus BRICS-Ländern machen mittlerweile 21 Prozent des gesamten Handelsvolumens der Mitgliedsstaaten aus. China ist für alle BRICS-Mitglieder zum größten Handelspartner geworden.

Was treibt diese Entwicklung? Zwei Faktoren: Sanktionen und Tarife. Nach der Einfrierung russischer Vermögenswerte in Höhe von 300 Milliarden Dollar im Jahr 2022 haben die BRICS-Staaten ihre Anstrengungen intensiviert, Alternativen zum westlichen Finanzsystem aufzubauen. Lokale Zahlungssysteme wie Indiens UPI, Chinas CIPS, Brasiliens Pix und Russlands SPFS werden miteinander verknüpft. BRICS Pay, eine Plattform zur Verbindung dieser Systeme, zeigte 2024 in Moskau einen funktionsfähigen Prototyp.

Die New Development Bank, das BRICS-Pendant zu IWF und Weltbank, hat ihre Projektfinanzierungen seit 2020 verdoppelt. Indien allein hat bis 2023 Kredite in Höhe von 8,64 Milliarden Dollar abgerufen – die tatsächliche Summe dürfte inzwischen über 10 Milliarden liegen.

Und dann ist da noch Gold. Der Anteil von Gold an den Devisenreserven der BRICS-Staaten ist seit Anfang 2022 von 6 auf fast 13 Prozent gestiegen. Russlands Goldanteil kletterte von 21 auf 40 Prozent. Die geschätzten Dollar-Bestände der Gruppe? Vermutlich unter 50 Prozent.

Für Europa bedeutet das: Die Dominanz des Dollar-Systems bröckelt – nicht über Nacht, aber stetig. Die Erweiterung der BRICS-Gruppe 2024 um Länder aus dem Nahen Osten und Afrika hat den Anteil an globalen Ölreserven auf 24 Prozent erhöht, bei Seltenen Erden auf fast drei Viertel. Sollte Saudi-Arabien formal beitreten, würde der Ölanteil auf 40 Prozent springen.

Das ist keine abstrakte Geopolitik. Das sind Verschiebungen, die Währungskurse, Rohstoffpreise und Handelsströme beeinflussen – und damit auch europäische Unternehmen, die auf globale Lieferketten angewiesen sind.

China: Vom Export-Champion zum Konsumriesen?

Apropos Verschiebungen: China steht vor einer Weichenstellung. Trotz schwächelndem Immobilienmarkt und US-Zöllen wuchsen die Exporte im vergangenen Jahr um 6 Prozent – und das, obwohl die Lieferungen in die USA um 10 Prozent einbrachen. Chinas Handelsüberschuss liegt bei 1,3 Billionen Dollar, der höchste Wert aller Zeiten.

Doch diese Strategie stößt an ihre Grenzen. Selbst traditionelle Partner aus der Belt-and-Road-Initiative – Indien, Mexiko, Chile, Vietnam, Türkei – erwägen oder verhängen Handelsbarrieren gegen chinesische Waren. Der Grund: lokale Industrien können mit der chinesischen Produktivität nicht mithalten.

China hat sich vom Billiglohnland zum Hightech-Produzenten entwickelt. Textilien und Schuhe machen heute weniger als 10 Prozent der Exporte aus, in den 1990ern waren es über 35 Prozent. Maschinen und Transportausrüstung? Über 50 Prozent. Automatisierung und Robotik haben die Arbeitskosten gesenkt – trotz steigender Löhne.

Die Konsequenz: Peking muss umsteuern. Der 15. Fünfjahresplan, der in Kürze vorgestellt wird, dürfte einen Schwenk hin zur Stärkung des Binnenkonsums signalisieren. Investitionsgetriebenes Wachstum hat seine Grenzen erreicht, der Immobiliensektor ist am Boden. Was bleibt? Der heimische Verbraucher.

Für europäische Unternehmen, die auf den chinesischen Markt setzen, könnte das eine Chance sein – wenn sie die richtigen Produkte anbieten. Für Exporteure bedeutet es: Der Wettbewerb um globale Marktanteile wird härter.

Was bleibt

Ob autonome Rennwagen, Biotech-Zulassungen oder geopolitische Blockbildung – die Welt dreht sich schneller, als es auf den ersten Blick scheint. Technologie schreitet voran, Märkte verschieben sich, alte Gewissheiten wanken.

Die Frage ist nicht, ob diese Veränderungen kommen. Sie sind längst da. Die Frage ist, wer sie nutzt – und wer ihnen hinterherläuft.

Einen nachdenklichen Samstagabend wünscht Ihnen

Eduard Altmann