Angesichts der Pläne der Regierungskoalition, ab 2024 beim Einbau einer neuen Heizung einen Mindestanteil von 65 Prozent an erneuerbaren Energien einzufordern, fällt auf: Preisverfälle von bis zu 30 Prozent im Falle von unsanierten Altbauten kommen durchaus vor. Unabhängig davon, ob sich diese in Top-Lagen oder an weniger attraktiven Standorten befinden.

Gleichzeitig erhöhen die Kostenexplosion im Energiesektor sowie Engpässe in puncto Baumaterialien und qualifizierten Handwerkern die Verunsicherung unter Kaufinteressenten und Investoren. Nun aber pauschal abzuleiten, dass diese Objekte sich zu echten Ladenhütern entwickeln werden, ist unbegründet.

Tatsächlich sollte man für die Bewertung einer Kaufofferte mehrere Indikatoren berücksichtigen. Bezogen auf die langfristige Rendite können sich sogar vermeintliche "Sanierungsgräber" als perspektivisch hochattraktive Anlageobjekte entpuppen. Der Erfahrung nach fließen daher mehr Warnzeichen in eine belastbare und aussagekräftige Beurteilung eines Objekts mit ein:

 

  • Vermietungspotential

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich für das avisierte Objekt zuverlässige, vertrauenswürdige und zahlungswillige/-fähige Mieter finden? Gibt es einen stabilen und langfristigen Zuzug aus anderen Regionen/Lagen aufgrund nachvollziehbarer Gründe? Oder ist die Lage des Objekts bekannt für Mietnomaden, nachlässige Kurzzeitmieter und weitere unzuverlässige Milieus?

 

  • Demographie

Ist die Region demographisch eher überaltert – oder beliebt bei jungen Familien, die sich hier für viele Jahre niederlassen wollen? Gibt es eine lebendige Nachbarschaft, kümmert man sich umeinander?

 

  • Infrastruktur

Welche Angebote sind in der Umgebung verfügbar, gibt es genügend Plätze in Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen? Wie steht es um die medizinische Versorgung – ambulant und stationär? In welcher Entfernung liegen Naherholungsgebiete, Parks, Einkaufsmöglichkeiten? Wie schnell ist man mit dem ÖPNV im nächsten urbanen Zentrum, gibt es direkte Anbindung an den Fernverkehr?

 

  • Wirtschaft

Geht es der Wirtschaft im direkten/weiteren Umfeld gut? Haben sich Arbeitgeber angesiedelt, die qualifizierte, motivierte und solvente Professionals anziehen? Existiert ein effektives Förderprogramm für innovative Technologien, Startups und zukunftsorientierte Branchen?

Hat sich aus diesen allgemeinen Kriterien schon eine grobe Einschätzung der Lage-bezogenen Einflussfaktoren ergeben, kann man sich die Objektspezifika genauer anschauen. Zum Beispiel: Sind alle Wohnungen vermietet? Wie steht es um die Differenz zwischen ortsüblichem Mietenspiegel und konkreten Mieteinnahmen? Auf welchem Niveau bewegt sich der Sanierungsbedarf?

 

B-Lage ist quasi automatisch attraktiv

Von der Anzahl der identifizierten "Red Flags" hängt es dann maßgeblich ab, mit welchen Preisvorstellungen in die Verhandlungen gegangen wird. Lässt sich ein sanierungsbedürftiges Objekt mit mehreren freistehenden Wohneinheiten in einer Region mit steigenden Mieten für einen günstigen Preis erwerben, lohnen sich auf lange Sicht auch umfassende Investitionen. Ressourcenschonende Heizungsanlage, umfassende Dämmung, neue Fenster, etc. können echte Gamechanger sein.

Aus dieser Perspektive heraus wäre es also falsch, die Devise auszugeben, dass sich mit zunehmender Entfernung von ausgewiesenen A-Lagen auch die Anzahl der Negativ-Indikatoren erhöht. B-Städte im Umkreis von A-Metropolen haben sogar das Potential, sich zu hochattraktiven Investitionsstandorten zu entwickeln. In Nordrhein-Westfalen sind das bspw. Krefeld, Mönchengladbach, Duisburg, Dortmund oder Essen.

Einzig ländliche Regionen sollten aus dieser Rechnung herausgenommen werden, wenn sie über keine nennenswerten Infrastrukturen oder prosperierende Wirtschaftsansiedlungen bzw. Verkehrsanbindungen verfügen.

 

Sorgfältige Recherchen verbessern das Standing bei der Bank 

Sich im Vorwege ausführlich mit den oben beschriebenen Faktoren und "Red Flags" auseinanderzusetzen, zahlt sich nicht nur hinsichtlich der langfristigen Renditeerwartung aus.

Auch im Gespräch mit den Finanzierungspartnern, steht man als umfassend informierter und weitsichtiger Investor wesentlich besser da.

Nehmen die Ansprechpartner des Instituts direkt die möglichen Negativ-Indikatoren wahr, erhöhen sich Transparenz und Vertrauenswürdigkeit des Kaufinteressenten.

 

Fazit und Ausblick

Die aufgeführten Punkte unterfüttern die Empfehlung, sich nicht vom aktuellen Hin-und-her der Meinungen übermäßig beeinflussen zu lassen. Einerseits steht zu erwarten, dass wir in ein paar Dekaden in Deutschland die 90-Millionen-Grenze knacken, andererseits üben aktuell Faktoren wie Energiepreise, Material- und Fachkräftemangel aus der anderen Richtung Druck aus.

Langfristig gilt der flächendeckende Wiederanstieg der Immobilienpreise in allen Lagen als wahrscheinlich, auch wenn etliche Mahner das Ende der Attraktivität von "Betongold" an die Wand malen. Demographische und wirtschaftliche KPIs sprechen eine andere, faktenbasierte Sprache.     

 

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Über den Autoren: 

Der gelernte Bankkaufmann und studierte Immobilienökonom aus Köln, Florian Bauer, ist seit 2008 in der Finanzbranche aktiv. 2018 gründete er die Bauer Immobilien GmbH. Operativ agiert das Unternehmen bundesweit und richtet sich vor allem an private Kapitalanleger. Ziel der Kölner ist es, ihre Kunden beim Kauf von Immobilien in allen Belangen zu unterstützen und zu beraten.