Allerdings darf nicht übersehen werden, dass auch in Deutschland das Thema jetzt im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie mit mehr Nachdruck angegangen wird, auch wenn es bedenklich stimmt, dass es hierzu erst der Wirtschaftskrise durch das Coronavirus bedurfte. Die Zielsetzung der Strategie geht jedoch in die richtige Richtung: „Wir setzen auf eine Forschungsförderung bei Schlüsseltechnologien und neuen Ansätzen entlang der gesamten Wasserstoffkette: Von der Erzeugung über Speicherung, Transport und Verteilung bis hin zur Anwendung“, heißt es in dem Strategiepapier.

Die Förderung der Produktionsmöglichkeiten und Stärkung der Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie kann allein durch Fördermaßnahmen jedoch nur begrenzt gestärkt werden. Es ist daher zusätzlich zu diesen Maßnahmen ebenfalls eine Stärkung der Marktaktivierung notwendig. Dies kann zum Beispiel durch den stärkeren Einsatz von kommunalen Verkehrsträgern (Dieseltriebwagen, Fuhrpark, Busse) durch klimafreundliche Technologien geschehen.

Das größte Potenzial ergibt sich jedoch neben dem Verkehrssektor in den energieintensiven Branchen der Chemie und Stahlerzeugung. Diese Branchen stehen vor einer besonders großen Herausforderung, da sie zur Erfüllung der Klimaschutzauflagen kontinuierlich ihre Effizienz steigern müssen.

Hier setzt auch die Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung an: Als Anreiz für Projekte zur Erzeugung von Wasserstoff garantiert die Bundesregierung die Zusatzkosten für klimafreundlich produzierten Wasserstoff zu übernehmen, denn klimaneutral produzierter Stahl wäre auf den Weltmärkten nicht wettbewerbsfähig. Neben Skaleneffekten bedarf es zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit noch erheblicher Forschungsanstrengungen, um bei Leistungsdichte, Effizienz und Lebensdauer bessere Ergebnisse zu erzielen. Das Regierungsprogramm erweckt streckenweise den Eindruck, als ob es vor allem den Interessen der Unternehmen zur Erreichung ihrer Klimaschutzziele gerecht werden soll und nicht dem Aufbau einer kohärenten Wasserstoff-Industrie dient, die die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt (auch wenn dieses Ziel im Papier der Regierung explizit genannt wird).

Was zeichnet nun die Bedeutung von Wasserstoff in der Energiewirtschaft besonders aus? Wasserstoff eignet sich für eine Reihe unterschiedlicher Anwendungen. An erster Stelle steht die Stromerzeugung, da bei Verwendung von grünem Wasserstoff keinerlei Umweltbelastung entsteht. Die Nutzung von Wasserstoff geht jedoch weit über die Stromerzeugung hinaus, da Wasserstoff auch als Medium für die Speicherung und den Transport genutzt werden kann.

Das hohe Potenzial von Wasserstoff hat auch die Investoren auf den Plan gerufen. Als grobe Vororientierung für die Aktienauswahl eignet sich zunächst die Liste der Mitglieder im Hydrogen Council, die das Spektrum der bekannten Firmen gut, aber nicht vollständig abdeckt.

Auch die beiden DAX-Werte Linde und Siemens lassen den Anleger an dem Wasserstoff-Potenzial teilhaben (Siemens betreibt zum Beispiel in Mainz die weltweit größte PEM-Elektroanalyseanlage). Der Anleger sollte so vorgehen, dass er oder sie idealerweise in diejenigen Unternehmen der Unternehmen investiert, die innerhalb der Wertschöpfungskette eine Schlüsselposition einnehmen bzw. eine möglichst hohe Markteintrittsbarriere haben. Beispielhaft können hier die Hersteller von Elektrolyseanlagen genannt werden sowie die Hersteller von Bipolarplatten. Diese stellen das Herzstück einer Brennstoffzelle dar und sind damit eine der wichtigen Schlüsselkomponenten. Eine weitere wichtige Schlüsselkomponente der Brennstoffzellen stellt der Katalysator dar, für den derzeit überwiegend Platinum und Iridium verwendet werden.

Auch bei der Elektrolyse können verschiedene technologische Ansätze unterschieden werden: Die Alkalische Elektrolyse, die PEM-Elektrolyse und die Hochtemperatur-Elektrolyse (SOEC), wobei letztere deutlich höhere Investitionskosten erfordert, perspektivisch jedoch bei Nutzung aller Skaleneffekte und Standardisierung der Anlagenkomponenten preislich mit den beiden anderen etablierten Verfahren konkurrieren können wird. Insgesamt mangelt es an entscheidenden Schritten der Wertschöpfungskette der Elektrolyse an einem zu geringen Automatisierungsgrad, da die Losgrößen zu gering sind.

Fazit:

Wasserstoff stellt eine Schlüsseltechnologie der Energiewende dar und eröffnet gerade für Deutschland auch Exportpotenziale. Bei weiter sinkenden Kosten durch Skaleneffekte wird die Wasserstofftechnologie einen signifikanten Beitrag zur Wirtschaftsleistung leisten. Insgesamt stimmt optimistisch, dass weltweit Förderprogramme aufgelegt werden und im Rahmen des Klimaschutzes mit Nachdruck an der Entwicklung der wirtschaftlichen Nutzung der Wasserstofftechnologie gearbeitet wird. Optimistisch stimmt auch, dass wichtige Teile der Wertschöpfungskette aus dem Labor in die industrielle Produktion übertragen werden. Deutschland verfügt mit einer Reihe vorzüglicher Forschungsinstitute und Universitäten, einer starken Chemie- und Stahlindustrie, einer ausgereiften Erdgas-Infrastruktur über alle Voraussetzungen für die Entwicklung einer leistungsfähigen Wasserstoff-Infrastruktur.

Bei der Aktienanlage stellt die Branche die Investoren vor besondere Herausforderungen, da viele Unternehmen noch Verluste machen und die Investoren daher nicht mehr mit den traditionellen Werkzeugen der Analyse von Kennzahlen eine Auswahl treffen können. Der Investor muss sich daher stärker mit der Struktur der Branche und den Stärken und Schwächen der einzelnen Technologien befassen. Besonders für die Zunft der Value-Investoren stellt das ein Dilemma dar, denn die Bestimmung des Unternehmenswertes in einem sich schnell entwickelnden Markt gleicht dem Schuss auf ein bewegliches Ziel. Für den Investor mit Interesse an einer Zukunftstechnologie mit hohem Wachstumspotenzial ergibt sich jedoch ein interessantes Betätigungsfeld. 

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