"Wäre ein Wahnsinn" – Gall träumt vom Vuelta-Podest

Felix Gall steht vor der historischen Chance: Der Osttiroler kämpft in der Schlusswoche der Vuelta um einen Podestplatz – und könnte damit österreichische Radsportgeschichte schreiben. Mit nur 20 Sekunden Rückstand auf Rang vier und weniger als einer Minute bis zum Podium liegt alles im Bereich des Möglichen.
Träume werden greifbar
"Ich bin sehr, sehr zufrieden mit der zweiten Woche. Das Podium wäre natürlich ein Wahnsinn, aber auch ein fünfter Platz wäre sehr gut", verrät Gall am letzten Ruhetag. Der 27-Jährige hat sich im Mittelteil der Spanien-Rundfahrt bravourös unter den Top-Favoriten gehalten.
Sollte er die vor ihm liegenden Jai Hindley und Thomas Pidcock noch überholen, wäre er erst der zweite Österreicher auf einem Grand-Tour-Podest. Bisher schaffte das nur Adolf Christian vor 68 Jahren bei der Tour de France. Gall selbst egalisierte erst im Juli mit Platz fünf bei der Tour die historische Marke österreichischer Radlegenden.
Das Duell der Sekunden
Die Abstände sind minimal: Auf viertplatzierten Hindley fehlen nur 20 Sekunden, zu Pidcock sind es 52. "Die Abstände sind nicht zu groß, aber Jai schaut sehr stark aus und Pidcock hat auch nicht wirklich Schwächen gezeigt", analysiert Gall realistisch.
Doch der Österreicher strahlt Gelassenheit aus: "Es entspannt mich zu wissen, dass ich nach hinten Luft habe, nach vorne ist es auf jeden Fall ein Ansporn." Nur Topfavorit Jonas Vingegaard und Joao Almeida scheinen bereits außer Reichweite.
Drei Entscheidungen stehen an
Die finale Woche bringt die alles entscheidenden Prüfungen:
- Eine extreme Etappe mit 3.500 Höhenmetern gleich zu Beginn
- Die vorletzte Bergankunft am Alto de El Morredero
- Den finalen Schlagabtausch am Bola del Mundo am Samstag
Doch Gall sieht einen kritischen Punkt: "Das Zeitfahren wird eine Herausforderung. Ich muss und werde das Beste daraus machen. Ich bin nicht unbedingt bekannt dafür, ein Zeitfahrer zu sein." Die 27 Kilometer gegen die Uhr könnten zur Achillesferse werden.
Strategie gegen die Giganten
In den Bergen will Gall kein unnötiges Risiko eingehen. "Ich werde eher abwarten", verrät der Klagenfurter. Schließlich seien Vingegaard und Almeida "konstant ein bisschen besser" als der Rest des Feldes.
Unterstützung erhält er von seinem Decathlon-Team um Bruno Armirail. Dennoch: "UAE ist extrem stark, das ist beeindruckend", gesteht Gall und holt sich Tipps bei Landsmann Felix Großschartner aus dem Top-Team.
Proteste sorgen für mulmiges Gefühl
Neben sportlichen Herausforderungen sorgen politische Proteste für Unruhe. Pro-Palästina-Demonstranten begleiten die Rundfahrt und verursachen bereits Stürze. "Man hat manchmal ein bisschen ein komisches Gefühl", gibt Gall zu.
Doch trotz aller Widrigkeiten bleibt der Blick nach vorn gerichtet. Die kommende Woche wird zeigen, ob Felix Gall den größten Triumph der österreichischen Radsportgeschichte seit Jahrzehnten einfahren kann.