Traditionelle Handelsmaßnahmen nach Kriterien der Welthandelsorganisation (WTO) zum Schutz nationaler Stahlmärkte zeigen Wirkung

Wien (OTS) - Von den global insgesamt produzierten 1.600 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr wird knapp ein Drittel exportiert. Zölle zum Schutz heimischer Märkte sind in der Geschichte des Handels mit Stahl daher keine Seltenheit.Die aktuelle Studie Making Sense of Steel’s Turbulent Trade Climateder Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) zeigt, dass – trotz der aktuellen Verschärfung des Konflikts – traditionelle Gegenmaßnahmen nach WTO-Standards weiterhin funktionieren. Inländische Stahlproduzenten profitieren, unfaire ausländische Konkurrenz wird aus dem Markt gedrängt und teilweise durch einheimische Produzenten oder fairen Handel ersetzt. Mit momentan etwa 700 solcher Maßnahmen hat sich ihre Anzahl seit 1995 jedoch fast versechsfacht.

„Traditionelle Handelsmaßnahmen greifen nach wie vor, fairer Handel ist für alle beteiligten Partner aber die beste Lösung. Er garantiert ausreichende Versorgung, niedrige Materialkosten und stabile Preise für verarbeitende Industrien und Endverbraucher“, sagt Nicole Voigt, Partnerin und Leiterin der Beratung im europäischen Stahlsektor bei BCG.

Zusätzliche Schutzaktionen – wie Section 232 – und die internationalen Reaktionen hierauf können bestehende Handelsbeziehungen abrupt verändern. Von Handelskonflikten betroffene Unternehmen müssen ihre Strategie darauf ausrichten, dass Konflikte in einem äußerst volatilen Umfeld kein kurzfristiges Phänomen bleiben, und sich entsprechend vorbereiten, um kurzfristig reagieren zu können.

US-Zölle nach Section 232 sorgen für Gewinner und Verlierer im eigenen Markt

Wie bei der Erhebung von Zöllen üblich, profitieren die heimischen Stahlproduzenten, deren Kapazitätsausnutzung 2018 von 75 auf 81 Prozent gestiegen ist und die damit die Vorgaben der US-Regierung sogar um einen Prozentpunkt übererfüllen. Parallel hat die Gewinnmarge um fünf Prozentpunkte auf 14 Prozent zugelegt.Das sind vier Prozentpunkte mehr als in anderen Industrieländern im gleichen Zeitraum.Während Produzenten profitieren, stehen metallverarbeitende und damit stahlabhängige Unternehmen, in denen leicht zehn- bis zwanzigmal mehr Mitarbeiter beschäftigt sind als in der Stahlindustrie, und deren Kunden vor großen Herausforderungen. Höhere Stahlpreise belasten ihre Gewinne und führen zu geringerer Wettbewerbsfähigkeit sowie Arbeitsplatzabbau. Auch Investoren bewerten die Maßnahmen negativ, da ihnen der Glaube an die Nachhaltigkeit der Zölle fehlt und geplante Kapazitätsausweitungen den Zolleffekt negieren können. Die Aktienkurse der US-Stahlriesen sind 2018 im Vergleich zum Dow Jones Industrial um mehr als 30 Prozent eingebrochen. „Section 232 schützt die heimischen Stahlproduzenten zwar kurzfristig, führt aber generell dazu, dass die stahlabhängige Industrie auf lange Sicht Schaden nimmt und weniger wettbewerbsfähig wird. Auch der Endverbraucher ist von höheren Stahlpreisen direkt betroffen, denn Autos oder Metallwaren werden bei langfristiger Zollerhebung merklich teurer“, erklärt Michael McAdoo, Associate Director und Handelsexperte bei BCG.

EU-Schutzzölle mit wirtschaftlicher und politischer Wirkung

Als Reaktion auf die Einführung der Section-232-Zölle erhebt die EU eigene Schutzzölle auf Stahlimporte weltweit, damit es nicht zu einer Umlenkung von ursprünglich für die USA gedachten Stahlexporten in die EU kommt. Sie hält sich dabei aber strikt an WTO-Vorgaben. Schutzzölle von 25 Prozent gelten für 26 Kategorien von Stahlprodukten und werden fällig, wenn historische Importmengen überschritten werden. Zusätzlich erhebt die EU sogenannte Vergeltungszölle auf US-Vorzeigeprodukte wie Motorräder oder Bourbon-Whiskey, die einen vergleichbaren finanziellen, aber vor allem politischen Effekt haben.

Erhöhte Volatilität beeinflusst Unternehmensstrategien

Die zunehmende Eskalation führt zu erhöhter Volatilität und Unsicherheit in globalen Lieferketten. Langfristige Planung ist in der Branche kaum noch möglich. Für Unternehmen ist es daher besonders wichtig, schnell und flexibel auf mögliche Handelskonflikte reagieren zu können. Speziell deutsche Firmen könnten vor Problemen stehen, sollte die US-Regierung ihre Strafzölle nach Section 232 auf die Autobranche ausweiten. „Unternehmen sollten Ressourcen aufbauen, um potenzielle Handelskonflikte und deren Auswirkungen auf Lieferketten frühzeitig zu erkennen, eine klare Roadmap zu entwickeln und somit in der Lage zu sein, proaktiv zu agieren. Denn nur wer Risiken vorhersehen und antizipieren kann, wird unbeschadet aus Konflikten hervortreten“, resümiert Nicole Voigt.

Die Boston Consulting Group (BCG)ist eine internationale Managementberatung und weltweit führend auf dem Gebiet der Unternehmensstrategie. BCG unterstützt Unternehmen aus allen Branchen und Regionen dabei, Wachstumschancen zu nutzen und ihr Geschäftsmodell an neue Gegebenheiten anzupassen. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt BCG individuelle Lösungen. Gemein­sames Ziel ist es, nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu schaffen, die Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu steigern und das Geschäftsergebnis dauerhaft zu verbessern. BCG wurde 1963 von Bruce D. Henderson gegründet. Das Unternehmen mit Büros in mehr als 90 Städten in 50 Ländern befindet sich im alleinigen Besitz seiner Geschäfts­führer. Weltweit erwirtschaftete BCG im Jahr 2017 mit 16.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 6,3 Milliarden US-Dollar. Weitere Informationen: [www.bcg.at] (http://www.bcg.at/)