Ungarn-Steuer: Österreich fordert EU-Klage

Österreich macht Druck: Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) verlangt von der EU-Kommission ein rasches Vorgehen gegen Ungarns diskriminierende Sondersteuer. In offiziellen Schreiben an Brüssel fordert Wien eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, falls Budapest nicht einlenkt.
Die umstrittene Regelung belastet seit 2022 vor allem österreichische Handelsketten wie Spar und Hofer mit bis zu 4,5 Prozent ihres Nettoumsatzes - während ungarische Konkurrenten verschont bleiben.
Eskalation im Handelsstreit
Hattmannsdorfer adressierte zwei unmissverständliche Briefe an die EU-Spitze. Sein Ziel: Die Beschleunigung des bereits laufenden Vertragsverletzungsverfahrens gegen Ungarn. "Die Regeln des Binnenmarktes müssen für alle gelten", betonte der Minister und bezeichnete die Steuer als "Angriff auf den europäischen Binnenmarkt".
Die EU-Kommission hatte bereits im Herbst 2024 ein Verfahren eingeleitet und Budapest im Juni eine begründete Stellungnahme übermittelt. Darin stuft Brüssel die Steuer als Verstoß gegen die EU-Niederlassungsfreiheit ein.
Österreichische Konzerne als Zielscheibe
Besonders hart trifft die Abgabe Spar und Hofer, die zu den größten privaten Arbeitgebern in Ungarn zählen. Die Zusatzkosten von 4,5 Prozent des Nettoumsatzes stellen eine massive finanzielle Belastung dar.
Kritiker sehen darin eine gezielte Diskriminierung ausländischer Investoren. Der Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer warnt vor langfristigen Auswirkungen auf österreichische Konsumenten, da die Konzerne ihre Märkte integriert steuern.
Budapests fragwürdige Rechtfertigung
Viktor Orbáns Regierung verteidigt die Steuer als Inflationsbekämpfung. Offiziell sollen Unternehmen zur Kasse gebeten werden, die "überhöhte Preise" an Verbraucher weitergeben.
Österreich sieht das als Vorwand für eine protektionistische Politik. Beobachter ordnen die Maßnahme in Orbáns Strategie ein, wichtige Wirtschaftsbereiche unter nationale Kontrolle zu bringen - vom Banken- bis zum Handelssektor.
Testfall für den EU-Binnenmarkt
Der Konflikt geht weit über eine bilaterale Auseinandersetzung hinaus. Experten warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall: Wenn ein EU-Staat ungestraft europäische Unternehmen diskriminieren kann, droht das Vertrauen in gemeinsame Regeln zu erodieren.
"Wenn solche Praktiken Schule machen, droht der Binnenmarkt zu zerfallen", so Hattmannsdorfer. Der Fall reiht sich ein in eine Serie von Auseinandersetzungen zwischen Brüssel und Budapest - von Rechtsstaatlichkeit bis zu Wirtschaftspolitik.
EuGH-Verfahren rückt näher
Die nächsten Wochen werden entscheidend: Ungarn muss auf die EU-Stellungnahme vom Juni reagieren. Bleibt die Antwort aus oder wird sie als unzureichend bewertet, ist der Weg frei für eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Der politische Druck auf Brüssel ist gestiegen. Ein EuGH-Urteil könnte Ungarn zur Abschaffung der diskriminierenden Regelung zwingen - doch bis dahin müssen österreichische Unternehmen die Belastung weiter tragen.