Viele Highflyer aus 2021 hat es erwischt. Ballard Power, Curevac, DocuSign, NEL, Nicola, Plug Power, QuantumScape, Teamviewer, Zoom u.v.m. haben eines gemeinsam. Sie haben vom Kurshoch zwischen 60 und 85 Prozent verloren. Ebenso der bekannteste Wert: Gamestop. Aber auch DAX-Werte, die in der Pandemie die Phantasie-Gewinner waren, wie Delivery Hero oder Hello Fresh gaben ca. 50 Prozent vom Topkurs wieder ab.

Wer in dem Hype die Gewinne realisierte, hat wahrscheinlich nie optimal verkauft, ist aber jetzt heilfroh, keine Stücke mehr zu haben. Dotcom lässt grüßen. „Dieses Mal wird alles anders“ bleibt der teuerste Satz an der Börse. Es hat allerdings auch Aktien getroffen, die in 2021 sensationelle Gewinne gemacht haben, wie z. B. BioNTech, die nun mit einem KGV unter 5 gehandelt werden. Dies deutet darauf hin, dass „spezielle“ Fonds und ETF ́s liquidiert worden sind.

Die Börsenwelt hat sich normalisiert, auch weil sich das Umfeld massiv zum Nachteil verändert hat. Die von Politikern und Notenbänkern so leidenschaftlich verniedlichte Inflation platzt in die heile Welt. Die daraus resultierende Zinserhöhungsphantasie trifft die Märkte. Nun treten die Nachteile der Verschuldungsorgien in Erscheinung. Der Schuldenberg ist mit der Begründung „Pandemie“ in den letzten zwei Jahren noch einmal extrem angewachsen. Und zwar so hoch, dass jetzt sogar die Frage gestellt wird, ob die Notenbanken überhaupt gegensteuern können. Ende Januar hat die FED ein weiteres Mal gedroht, im März die Zinsen zu erhöhen. Dies allein hat den DOW 2800 Punkte gekostet.

Spannend wird es, wenn diese Zinserhöhung auch vollzogen wurde. Wenn dann weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt werden, und die Börsen fallen weiter, dann könnten die Notenbanken „kalte Füße“ bekommen. Denn die Wirtschaftserholung ist wegen des massiven Konjunkturprogramms der Amerikaner schon weit fortgeschritten. Auch die Konsumenten haben kräftig gekauft. Sie haben die Regierungsgeschenke gleich „verbraten“. Diese wird es aber in 2022 nicht mehr geben. Zudem haben sich die Waren um etwa sieben Prozent verteuert. Eine Familie mit 3000 US-Dollar Einkommen, die auch alles verkonsumiert hat, muss nun für die gleichen Waren sieben Prozent mehr zahlen. Dann muss sie doch jetzt die Stückzahlen um sieben Prozent reduzieren, weil sie ja nur 3000 Dollar verdienen (Rückgang des Realeinkommens). Bei steigenden Zinsen verstärkt sich der Rückgang. Die sich abflachende Zinsstruktur signalisiert bereits ein Abflauen der Wirtschaft. Trotzdem prognostizieren die amerikanischen Banken fünf bis sieben Zinsschritte, also 1,5 bis 2,0 Prozent. Das wird entweder nicht geschehen oder wenn doch, nicht gutgehen.

Warnungen an die Währungshüter gibt es zuhauf. EZB-Direktorin Schnabel warnt, eine zu frühe Zinserhöhung könnte den Aufschwung abwürgen. DIW-Chef Fratzscher, der im Sommer noch die Inflationsgefahr als gering einschätzte, hält jetzt das Einhalten der Schuldenbremse in 2023 für unwahrscheinlich. Er rät sogar, zu klotzen statt zu kleckern. Ein Widerspruch, denn das hieße, die Inflation füttern“. Das IW in Kön redet von der Gefahr einer jahrelangen Stagflation. Die Verlautbarungen der EZB dagegen klingen wie die Wettervorhersagen von Reisegebieten bei schlechtem Wetter: Ab morgen wird’s schön. Zu diesen Marktrisiken wachsen die geopolitischen Gefahren mit Russland/Ukraine, China/Taiwan. Hinzu kommen Energieprobleme sowie die Maßnahmen zum Klimawandel.

Aber auch der Markt selbst hat sich Probleme geschaffen. Hohe Lombardkredite werden bei größeren Korrekturen kräftige Verluste an der Börse (und bei den Spekulanten) verursachen, Trendfolger den Trend verstärken. Auch das beliebteste Produkt der letzten Jahre könnte zum Problem werden. In USA wurde veröffentlicht, dass bei den rund 1750 ETFs - etwa 25 Prozent aller Investments - in neun führenden Aktien angelegt sind. Ebenso Besorgnis erregend: Rund 38 Prozent aller an der Nasdaq gehandelten Werte lagen im Januar 50 Prozent und mehr unter ihren 52-Wochen-Höchsständen. Hat der Bärenmarkt schon begonnen?

Aber es gibt auch Hoffnungen: Erleben wir in 2022 das Ende der Pandemie? Und: Crash-Propheten schießen wie Pilze aus der Erde. Noch gefährlicher wäre es, wenn alle Analysten die ermäßigten Kurse als Jahrzehnt-Chance für den Nachkauf sehen würden. Wichtigste Erkenntnis für mich ist: Die Zinsen werden langfristig niedrig bleiben. Doch weil auch die Inflation vorerst deutlich über zwei Prozent liegen dürfte, finden die Geldwertverluste ihre Fortsetzung. Daraus ergibt sich die langfristige Strategie, sein Vermögen großteils in Sachwerte anzulegen, wie zum Beispiel die selbstgenutzte Immobilie, Qualitätsaktien und Edelmetallen. Trotz alledem die Liquidität nicht vernachlässigen.

Ein weiteres Damokles-Schwert „wackelt“ und könnte herunterfallen: Der US-Dollar. Die USA hat ein riesiges, Kredit finanziertes Konjunkturprogramm aufgelegt, sogar Geld mit dem „Helikopter“ (per Scheck) verteilt. Das hat der Wirtschaft massiv geholfen. Aber auch den Schuldenberg extrem aufgeschüttet. Der ist mittlerweile auf fast 30 Billionen angewachsen. Zukünftig bedeutet dies, dass jede Zinsverteuerung um ein Prozent das Haushaltsdefizit um 300 Milliarden Dollar (Prognose 2022: 1,7 Bill.) erhöht. Dies grenzt den Handlungsspielraum der FED ungeheuer ein. Aufgrund der Inflationsrate von zuletzt sieben Prozent wäre aber ein konsequentes Eingreifen ein Muss. Passiert dies nicht, wird das Vertrauen in den Dollar fallen.

Die Edelmetalle signalisieren erste Ängste. Trotz des jüngsten Anstiegs der Zinsen, haben deren Kurse weitere charttechnische Widerstände überwunden. Die Bestände in deren Trusts steigen ebenso wie die Aktienkurse der Produzenten, wenn auch bisher nur im überschaubaren Umfang. Sie erlebten mit der FED-Drohung nochmals einen Rückschlag. Das bedeutet aber, dass die Edelmetalle steigen und kaum jemand ist darin investiert. Hier schlummert ein riesiges Nachfragepotenzial. Sobald der Anstieg sich beschleunigt, wird dieses peu-à̀-peu abgerufen. Die entsprechenden Indices waren bisher neben den Rohstoffen die Gewinner 2022. Die Notenbanken selbst haben in 2021 etwa 400 Tonnen Gold netto gekauft. Nach 255 Tonnen in 2020 und 650 Tonnen in 2019. Insgesamt erwarben die Zentralbanken über 5000 Tonnen im letzten Jahrzehnt. Man sollte nie gegen die Notenbanken agieren.

Meine Hinweise: Sonderthemen prozentual zu begrenzen, Liquiditätt zu erhöhen, Investitionen in Qualitätsaktien mit Dividendenkontinuität und 20 Prozent in Edelmetalle tragen erste Früchte in Sachen Gelderhaltung. Dazu wiederholt eine mathematisch hinterlegte Börrsenweisheit: Wer 50 Prozent verliert, muss danach sein Kapital verdoppeln, um wieder bei Null zu sein.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

 

Aus dem Börse Express PDF von 14. Februar hier zum Download

 

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