Tschechien-Wahl: Babiš könnte EU spalten

Wenige Monate vor der Parlamentswahl führt Andrej Babiš' ANO-Partei die Umfragen klar an. Ein Wahlsieg des EU-skeptischen Milliardärs würde die politische Landschaft Mitteleuropas grundlegend verändern – mit direkten Folgen für Österreich und Brüssel.
Aktuelle Erhebungen sehen ANO mit über 30 Prozent deutlich vor der pro-europäischen Regierungskoalition unter Premierminister Petr Fiala. Die hohe Inflation, steigende Energiepreise und die Folgen des Ukraine-Kriegs machen die amtierende Fünf-Parteien-Koalition angreifbar.
ANO mobilisiert gegen Brüssel
Babiš positioniert sich als "Kümmerer" und scharfer Kritiker der EU-Politik. Seine Partei sitzt in der Fraktion "Patrioten für Europa" neben Viktor Orbáns Fidesz und der österreichischen FPÖ. Obwohl er einen "Czexit" ablehnt, will er zentrale EU-Projekte blockieren.
Die Konfliktfelder:
- Green Deal: ANO will das Aus für Verbrennermotoren verhindern
- Migration: Restriktivere Politik gegen das EU-Migrationspaket
- Ukraine-Hilfe: Reduzierung der Militärhilfe und NATO-Übertragung der Munitionsinitiative
Ein Kurswechsel würde nicht nur die EU-Einigkeit schwächen, sondern auch die Visegrád-Gruppe verändern. Mit Ungarn und der Slowakei fahren bereits zwei Mitgliedsländer einen kritischeren Ukraine-Kurs.
Österreich unter Druck
Für Wien als direkten Nachbarn und wichtigen Wirtschaftspartner wäre ein Machtwechsel besonders brisant. Der historische Streitpunkt Atomkraft könnte wieder aufflammen: Babiš will das grenznahe Kernkraftwerk Temelín weiter ausbauen.
Wirtschaftlich sind beide Länder eng verflochten. Österreich gehört zu den größten Investoren in Tschechien. Eine EU-skeptischere Politik in Prag könnte österreichische Unternehmen treffen und die Bildung mitteleuropäischer Allianzen erschweren.
Pragmatiker statt Orbán-Kopie
Analysten warnen davor, Babiš mit dem ungarischen Ministerpräsidenten gleichzusetzen. Der ANO-Chef gilt als Pragmatiker, dem funktionsfähige Wirtschaftsbeziehungen zum Westen wichtig sind. Dennoch wäre seine Rückkehr ein Signal: Konfrontation mit Brüssel zahlt sich in Mitteleuropa weiterhin aus.
Schwierige Regierungsbildung erwartet
Die etablierten Parteien schließen eine Koalition mit ANO bislang aus. Babiš könnte auf kleinere, radikalere Partner angewiesen sein – was die Politik weiter nach rechts verschieben würde.
Präsident Petr Pavel hat bereits angekündigt, bei der Regierungsbildung aktiv mitzugestalten. Das Wahlergebnis wird die EU-Politik und die österreichisch-tschechischen Beziehungen auf Jahre prägen.